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Parlamentswahl in Polen
PiS feiert und gibt sich selbstkritisch

Die rechtskonservative polnische Regierungspartei PiS geht Teilergebnissen zufolge gestärkt aus den Parlamentswahlen hervor. Im Wahlkampf konnte sie sich als glaubwürdig präsentieren und die Menschen im Alltag abholen. Parteichef Jaroslaw Kaczynski stimmte dennoch eher kritische Töne an.

Von Florian Kellermann | 14.10.2019
Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzende der PiS-Partei, vor der Parlamentswahl in Polen bei einer Wahlkampfveranstaltung
Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzende der PiS-Partei, vor der Parlamentswahl in Polen bei einer Wahlkampfveranstaltung (Jp Black/ZUMA Wire/dpa)
Die PiS hatten allen Grund zum Feiern. Sie hat so viele Stimmen bekommen wie noch eine polnische Partei bei einer Parlamentswahl. Und sie hat es als erste Partei an der Regierung geschafft, ihr Ergebnis von vor vier Jahren noch zu verbessern. Das schaffte sie zudem bei einer Wahlbeteiligung, die mit 61 Prozent so hoch lag wie seit 30 Jahren nicht mehr. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte am Wahlabend:
"Dieses Ergebnis gibt uns ein enormes gesellschaftliches Mandat. Wir hatten vier Jahre lang Gegenwind. Wir haben einen Rucksack voller Steine einen gewunden Weg bergauf getragen. Und doch haben wir das Vertrauen der Menschen in uns noch stärken können."
PiS präsentierte sich als glaubwürdig
Die Nachwahl-Befragungen deuten darauf hin, dass die rechtskonservative Partei auch in der kommenden Legislaturperiode die absolute Mehrheit der Sitze im Sejm haben wird, dass sie also ohne Koalitionspartner regieren kann. Dennoch stimmte Parteichef Jaroslaw Kaczynski am Wahlabend einen überraschend kritischen Ton an:
"Wir sind eine Formation, die viel erreicht hat, die aber eigentlich noch mehr verdient hat. Wir müssen besser arbeiten, das ist unsere Pflicht. Wir brauchen noch mehr Ideen und Neuerungen. Wir beginnen eine neue Etappe, die, so hoffe ich, in einen noch größeren Erfolg mündet."
Kaczynski hatte schon früher immer wieder angedeutet, dass er eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erreichen wolle. Dann könnte die PiS selbständig auch die Verfassung ändern. Dieses Ziel hat sie, zumindest diesmal, allerdings verfehlt.
Opposition zu weit weg vom Alltag
Der Erfolg der PiS hat viele Ursachen. Erste Umfragen nach der Wahl zeigen, dass sich die Partei als glaubwürdige politische Kraft präsentieren konnte. 90 Prozent derjenigen, die vor vier Jahren die PiS gewählt hatten, blieben bei ihrer Entscheidung. Die PiS setzte in den vergangenen vier Jahren vor allem ihre sozialen Versprechen um. Sie führte ein neues Kindergeld ein und senkte das Renteneintrittsalter wieder ab.
Diese Maßnahmen waren so populär, dass die Opposition versprach, sie im Fall eines Wahlsiegs beizubehalten. Der Vorsitzende der rechtsliberalen "Bürgerplattform" Grzegorz Schetyna sagte dem Fernsehsender Polsat:
"Wir müssen die richtigen Schlüsse aus dem Ergebnis ziehen. Die Opposition muss sich vereinen. Wir müssen im Sejm weiter um die Demokratie und den Rechtsstaat kämpfen, um den Platz Polens in der Europäischen Union. Wir lassen nicht locker."
Umstrittene Justizreform
Die "Bürgerplattform" kommt laut Prognose auf 27 Prozent der Stimmen. Sie hatte lange die Strategie verfolgt, die PiS als antidemokratische und autoritäre Partei darzustellen. Sie prangerte vor allem die Justizreform der PiS an, die der Regierenden Einfluss auf die Richter gibt. Erst im Schlussspurt des Wahlkampfes setzte die "Bürgerplattform" auch auf Themen, die die Menschen im Alltag berühren, wie die mangelhafte Krankenversorgung.
Sicher im Parlament ist auch ein Bündnis von drei linken Parteien, das laut Prognose auf 12 Prozent kommt. In der abgelaufenen Legislaturperiode war keine linke Partei im Sejm vertreten. Als viertgrößte Fraktion wird die Bauernpartei PSL überraschend stark vertreten sein. Sie hatte sich als Partei des Ausgleichs positioniert. Wenn die Nachwahlbefragungen richtig liegen, wird mit sechs Prozent außerdem zum ersten Mal eine ultrarechte Fraktion im Parlament vertreten sein, die Partei "Konföderation".