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Das rot-grüne Ganztagsschul-Programm soll auch in einer großen Koalition weitergehen und mit vier Milliarden Euro bis 2007 gefördert werden. Auch die "Exzellenzinitiative" zum Aufbau von Elitehochschulen wird fortgesetzt. Das wurde gestern von Unterhändlern der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung in Berlin bestätigt.

Von Agnes Steinbauer | 28.10.2005
    Die Ganztagsschulen tragen dann hoffentlich auch dazu bei, ein Phänomen einzudämmen, das in Deutschland immer größere Ausmaße annimmt: Die Schulverweigerung. Eine erste umfassende Studie dazu veröffentlichte das Deutsche Jugendinstitut am Montag in München. Die Forscher präsentierten Erschreckendes: Massive Schulverweigerer, die wochen-, monate- oder sogar jahrelang dem Unterricht schwänzen, werden immer jünger. Zwölf Prozent der Kinder und Jugendlichen sind zu Beginn ihrer Schulschwänzer-Karriere unter zwölf Jahren alt. Verlässliche Zahlen über Schulschwänzer gibt es bislang nicht; dazu seien die Fälle oft nicht eindeutig genug, so die Forscher. Mit Sicherheit blieben jedoch mittlerweile tausende Jugendliche dem Unterricht fern. In Sachsen beispielsweise wurden für das Schuljahr 2004 über 5000 Fälle bekannt. In Berlin fehlten im ersten Halbjahr 3,6 Prozent der Schüler über zwanzig Tage lang und in Niedersachsen haben nach einer Umfrage des Kultusministeriums im Jahr 2003 rund 42 Prozent der Schüler schon einmal blau gemacht; Besonders schwer wiegend für die Forscher: Lehrer begegnen notorischen Schulverweigerern oft mit Nichtbeachtung oder Schulausschluss. Auch im Lehrerkollegium werde das Problem häufig eher verdrängt, als an der Wurzel gepackt. Dies, so die Forscher, liege oft an sozial schwachen Familien, Konflikten mit Lehrern oder sei auf Mobbing unter Schülern zurückzuführen. Außerdem seien Leistungsdruck und Versagensängste die Hauptursachen.

    Nicht gerade förderlich zur Lösung dieser Probleme ist der Lehrermangel, der uns in den nächsten Jahren ins Haus steht. Nach Angaben des Deutschen Philologenverbandes fehlen im Jahr 2015 80 000 Lehrer in Deutschland. Der Vorsitzende des Verbandes, Heinz-Peter Meidinger, gab am Dienstag in Berlin die Schuld an diesem Problem den Kultusministern der Länder, die in keinem Bundesland zu einer "vorausschauenden Personalpolitik" in der Lage gewesen seien. Bis 2015 gehen rund 40 Prozent von knapp 800.000 deutschen Lehrern in Ruhestand. Laut Philologenverband sind vor allem strukturschwache, ländliche Gebiete in Ostdeutschland betroffen, wo der Lehrermangel mittlerweile quer durch alle Schularten und Fächer gehe. Aber auch in den alten Ländern, zum Beispiel in Bayern, gebe es an Real- und Berufsschulen, sowie an Gymnasien im Krankheitsfall praktisch keine Aushilfskräfte mehr.

    In Potsdam legten die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU am Mittwoch den Streit um das neue brandenburgische Schulgesetz bei. Ab dem Schuljahr 2007/2008 gilt nun flächendeckend für Brandenburg: Abitur nach zwölf Jahren, entweder nach dem Modell sechs Jahre Grundschule plus sechs Jahre Gymnasium oder Unterricht in so genannten "Begabungsklassen" - mit vier Jahren Grundschule und acht Jahren Gymnasium.

    Tipps zum Thema Bildung können sich Berufsstarter und Existenzgründer seit gestern in Magdeburg holen. Dort eröffnete die dreitägige Bildungsmesse "Perspektiven" mit 185 Ausstellern www.messe-perspektiven.de) unter anderem werden dort noch freie Ausbildungsplätze und Jobs im In- und Ausland vermittelt…und auch die EU hat sich diese Woche verstärkt mit Bildung beschäftigt. Am Dienstag billigte das Europaparlament in Strassburg mehrere Kultur-, Jugend-, und Bildungsprogramme. Unter anderem soll eine "europäische Jugendwoche" als Dauereinrichtung etabliert werden. Über die Finanzetats dafür stehen nun stehen Verhandlungen mit dem Ministerrat an.

    Zum Schluss sei noch erwähnt, dass die beliebtesten deutschen Kinderhörspielhelden Benjamin Blümchen und Bibi Blockberg aus Sicht eines Passauer Politikwissenschaftlers keineswegs politisch korrekt sind. Der Forscher Gerd Strohmeier (www.bpb.de) kritisierte, dass Politiker in den Hörspielen grundsätzlich lächerliche und inkompetente Figuren verkörperten: Faul, reich, geld- und machtgierig. Das hindere Kinder in ihrer Entwicklung zu mündigen Staatsbürgern - meint der Forscher.