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Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss
Wichtige Akten nun doch geheim

Eigentlich hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) demonstrativ und öffentlichkeitswirksam volle Transparenz rund um die Akteneinsicht zur Pkw-Maut versprochen. Doch nun können 170 Papiere nicht einfach an den Untersuchungsausschuss weiter gegeben werden - die Opposition schäumt.

Von Nadine Lindner | 18.12.2019
Andreas Scheuer (CSU), Bundesverkehrsminister, spricht bei der aktuellen Stunde zum Scheitern der PKW-Maut im Deutschen Bundestag
Andreas Scheuer (CSU) versprach volle Transparenz beim Umgang mit den Akten zur Pkw-Maut (dpa / Lisa Ducret)
Es lohnt sich doch in diesen Tagen, ganz genau hinzuhören. Im Sommer hatte CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer noch Großes bei der Aufklärung der Pkw-Maut versprochen:
"Damit ist klar: Wir stehen bei allen Fragen zur Pkw-Maut für maximal mögliche Transparenz."
Öffentlichkeitswirksam hatte er einen ganzen Handwagen voller Aktenordner in den Verkehrsausschuss geschoben. Jetzt, ein paar Monate später, gibt es einen leicht anderen Zungenschlag beim Sprecher des Verkehrsministeriums Ingo Strater:
"Wir haben immer gesagt, es ist maximal mögliche Transparenz."
Und einen folgenschweren Nachsatz:
"Wir wollten alles dort transparent machen, aber natürlich gibt es Dinge, die auch die Interessen Dritter berühren."
Jetzt ist offenbar weniger Transparenz möglich. "Spiegel Online" hatte heute zuerst darüber berichtet, dass ein Teil der Akten zur Pkw-Maut, die der Verkehrsausschuss damals öffentlichkeitswirksam mit dem Handwagen bekommen hat, nun an den Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut als Beweismittel weiter gegeben werden soll.
170 Papiere sind nun vertrauliche Verschlusssachen
Der entscheidende Unterschied: Über 170 Papiere gelten nun als vertrauliche Verschlusssachen. Das Verkehrsministerium hat sie in der Geheimhaltung hochgestuft. Sie müssen nun in der Geheimschutzstelle des Bundestags lagern.
Die Folge: Die Arbeit des Untersuchungsausschusses des Bundestags zur Maut, der letzte Woche seine erste Sitzung hatte, wird komplizierter. Denn nur Abgeordnete oder Mitarbeiter mit Sicherheitsüberprüfung dürfen sich in der Geheimschutzstelle Notizen, aber keine Kopien machen.
Eine weitere Folge: Über die höher gestuften Papiere darf nicht mehr öffentlich in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses beraten werden. Und auch die Abgeordneten dürfen öffentlich nicht mehr über den Inhalt reden. Ihnen könnten empfindliche Strafen drohen.
Die Opposition schäumt
Besonders bemerkenswert ist, dass die Höherstufung zur vertraulichen Verschlusssache erst nachträglich erfolgt ist. Für Beobachter ein merkwürdiger Vorgang. Die Opposition im Bundestag schäumt. FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic:
"Herr Scheuer will die Akten zu einer geheimen Verschlusssache machen und damit den Abgeordneten einen Maulkorb verpassen. Es kann nicht mehr transparent über den Inhalt gesprochen werden. Da hat er seine Einschätzung von heute auf morgen geändert, weil bisher ein anderer Status bei den Akten war."
Ähnlich sehen es die Grünen, Stephan Kühn ist Mitglied im Untersuchungsausschuss, und wirft Scheuer vor, die Arbeit mit allen Mitteln zu torpedieren. Für Jan Korte, den parlamentarischen Geschäftsführer der Linken ist die Höherstufung ein billiger Trick, um sich Ärger vom Hals zu schaffen. Die AfD hat sich noch nicht geäußert.
Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Pkw-Maut, der Sozialdemokrat Udo Schiefner, hat vor einer Behinderung der Arbeit des Gremiums gewarnt.
Verkehrsministerium weist Vorwürfe zurück
Der Sprecher des Verkehrsministeriums wies am Mittag in Berlin die Vorwürfe der Behinderung zurück. Sein Argument: Der Untersuchungsausschuss tagt meist öffentlich und könnte ein mögliches Schiedsverfahren belasten. In diesem Verfahren soll geklärt werden, ob die Mautbetreiber Schadensersatz bekommen, es geht um viel Geld.
"Alles, was dort gesagt wird, kann dann möglicherweise beim Schiedsgerichtsverfahren verwendet werden. Und sie wissen, in diesem Schiedsgerichtsverfahren geht es darum, die Ansprüche des Bundes durchzusetzen."
Damit bestätigen sich frühere Befürchtungen, nach denen ein paralleles Schiedsverfahren die Arbeit des Untersuchungsausschusses behindern könnte. Trotz der Kritik aus der Opposition hält Regierungschefin Angela Merkel weiterhin an ihrem Verkehrsminister fest. Sie sagt während der Fragestunde des Bundestags am Nachmittag, alle Fragen werden...
"... sauber abgearbeitet im Untersuchungsausschuss. Ich finde das auch gut, dass es dort so jetzt beraten wird, damit da auch Klarheit kommt. Und insofern will ich den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses nicht vorgreifen. Ich finde, dass Andi Scheuer eine sehr gute Arbeit macht."