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Plastikmüll
Wissenschaftlich belegt: Müllmenge in Ozeanen steigt

Gegenstände aus Plastik begegnen uns im Alltag überall, leider inzwischen auch in den Weltmeeren. Dort treiben Plastikteppiche so groß wie ganze Länder. Jetzt konnten Forscher nachweisen, dass die Menge an Plastikmüll in den Meeren wirklich zunimmt.

Von Christine Westerhaus | 17.04.2019
Plastikmüll im Pazifik in der Hanauma-Bucht vor Hawaii.
Plastikmüll im Pazifik in der Hanauma-Bucht vor Hawaii. (AP / NOAA)
Manchmal sind es die nebensächlichsten Dinge, die Forschern die wichtigsten Erkenntnisse liefern. Clare Ostle von der Marine Biological Association in Plymouth und ihre Kollegen hatten sich die Daten aus dem "Continuous Plankton Recorder" Projekt angesehen, in dem seit 1931 regelmäßig Planktonproben gesammelt werden. Dabei fiel ihnen auf: In den jüngeren Proben hatten Forscher immer häufiger Plastikteile gefunden, die sich in den Geräten verheddert hatten, mit denen die Proben genommen wurden.
"Wir haben uns daraufhin die Eintragungen über diese eingefangenen Plastikteile in den Proben genauer angesehen und daraus eine eigene Datenbank erstellt. Und diese hat gezeigt, dass die Menge an gefundenen Kunststoffteilen über die Zeit deutlich angestiegen ist. Bisher konnten Forscher diesen Trend nicht nachweisen, weil es so schwierig ist, eine Zeitreihe über 60 Jahre zu erstellen. Aber wir konnten diesen deutlichen Anstieg im offenen Ozean mit unserer Analyse erstmals belegen."
Seit den 1980er Jahren deutliche Zunahme
Ingesamt hatten die Forscher Daten aus den Jahren 1957 bis 2016 analysiert. Dabei haben Schiffe Proben auf einer Strecke von insgesamt 6.5 Millionen Seemeilen im Nordatlantik und in den umliegenden Gewässern gesammelt. Seit den 1980er Jahren hat die Zahl der Plastikteile, die sich in den Geräten zur Probenentnahme verfangen hatten, deutlich zugenommen. Besonders häufig dokumentierten die Forscher Plastikseile oder Teile von Fischernetzen: Mehr als die Hälfte der gefundenen Kunststoffteile stammte aus der Fischerei und die meisten Teile wurden in der südlichen Nordsee gefunden. Dort haben Forscher auch die ersten Plastikteile eingefangen.
"Die älteste Eintragung stammt aus dem Jahr 1957. Das war ein Stück Fischernetz. Und wir fanden auch einen der ersten Berichte über eine Plastiktüte, die sich verhedderte und das passierte 1965 vor der Küste Irlands und Schottlands."
Gefahr Mikroplastik
Seit den 1950er Jahren wird Plastik in größeren Mengen produziert. Damals lag die Produktion bei etwa zwei Millionen Tonnen pro Jahr. 2015 waren es bereits 380 Millionen Tonnen. Je mehr Plastik in Umlauf gerät, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teil davon im Meer landet. Und dort zerfallen die Stücke zu immer kleineren Fragmenten, weil Wind, Wellen und Sonnenlicht die Plastikteile spröde werden lassen. Am Ende landen diese Teilchen womöglich wieder in unserem Körper. Denn in den Mägen von Fischen und anderen Meerestieren haben Forscher dieses so genannte Mikroplastik bereits nachgewiesen.
"Es ist schwer zu sagen, welche Folgen das Problem mit Plastikmüll für uns Menschen hat. Inzwischen ist klar, dass diese Kunststoffe überall sind: Wir nehmen sie wahrscheinlich mit unserer Nahrung auf, trinken sie mit dem Leitungswasser. Ob sich aus dem Kunststoff Chemikalien herauslösen und in unseren Blutkreislauf gelangen und ob das negative Folgen für unsere Gesundheit hat, ist bisher nicht eindeutig bewiesen worden. Aber die größte Gefahr besteht für für Seevögel und andere Meeresorganismen, weil sie Plastikteile fressen oder sich darin verheddern."
08.09.2018,USA, San Francisco: Das erste schwimmende Abfallsammelgerät "The Ocean Cleanup" ist auf seinem Weg zum Pazifischen Ozean in der Bucht von San Francisco zu sehen. Wie Fangarme sollen sich die Enden des 600 Meter langen Kunststoffrohrs des Reinigungssystems um Berge von Plastikmüll legen - zunächst auf dem Pazifik zwischen Kalifornien und Hawaii. Foto: Barbara Munker/dpa | Verwendung weltweit
«The Ocean Cleanup» Die Meeres-Müllsäuberung vor San Francisco hat zur Zeit noch technische Probleme (Barbara Munker/dpa)
Projekt 'Ocean cleanup' bisher erfolglos
Klar ist inzwischen auch, dass sich die Plastikteile kaum wieder aus dem Meer herausfischen lassen. Das gilt nicht nur für Mikroplastik, sondern auch für größere Kunststoffteile. Im vorigen Jahr startete das so genannte "Ocean cleanup" Projekt, bei dem große Mengen Plastikmüll mithilfe einer speziellen Netzkonstruktion aus dem Meer gefischt werden sollten. Doch kurz nachdem die Konstruktion Ende 2018 in Betrieb ging, gab es technische Probleme. Ein durchschlagender Erfolg blieb bisher aus. Kritiker befürchten zudem, dass sich auch Meerestiere in den Netzen verheddern und sterben. Damit das Problem mit dem Plastik im Meer nicht noch weiter wächst, sei es vor allem wichtig, Kunststoffmüll aus den Meeren fern zu halten, meint Clare Ostle.
"Wir müssen vor allem darüber nachdenken, wie wir Plastik besser recyceln und entsorgen und ob wir nicht alternative Produkte nutzen können. Aber ich bin da zuversichtlich, denn immer mehr Leute sind sich des Problems bewusst und tun dagegen, was sie können."