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Pleite am Grauen Kapitalmarkt
Zehntausende Anleger bangen um ihr Geld

Die Insolvenz des Containerspezialisten P&R-Gruppe könnte zur größten Pleite seit der des Windkraftbetreibers Prokon werden. Mehr als 50.000 Anleger müssen um ihr Geld bangen. Verbraucherschützer kritisieren, der sogenannte Graue Kapitalmarkt sei noch immer nicht genug reguliert.

Von Brigitte Scholtes | 20.03.2018
    Der Container-Terminal des Rotterdamer Hafens
    Container im Rotterdamer Hafen. Mit dem Verkauf von Containern an Privatanleger hat P&R Geld verdient (imago images / Hollandse Hoogte)
    Die Schadensumme könnte 3,5 Milliarden Euro betragen, 51.000 Anleger müssen um ihr Geld bangen. Damit könnte die Pleite der P&R-Gruppe den Fall der bisher größten Insolvenz, der des Windkraftbetreibers Prokon, noch übertreffen. Bei dem standen damals 1,4 Milliarden Euro auf dem Spiel.
    Das Geschäftsmodell des Finanzierers von Schiffs-Containern: Er hat solche Container an Privatanleger verkauft, die wurden gelockt mit hohen Mieteinnahmen und dem späteren Verkaufserlös. Das Problem: Seit 2011 läuft das Geschäft nicht mehr gut. Trotzdem ließen sich viele Anleger wegen des Niedrigzinsumfelds gern von hohen Renditeversprechen locken, ein Fehler, sagt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des Verbraucherportals Finanztip:
    "Das ist zum Teil so, dass 20 Prozent dieser Beteiligungssumme bei den Verkäufern gelandet ist als Provision. Von daher ist schon klar, warum die das gern verkauft haben, am Ende sind die Anleger aber die Dummen. Bei so einem Geschäft ist immer der Verkäufer dabei, dann bin ich als Anleger dabei, dann ist die Bank dabei, die dann irgendwelche Kredite für so was einräumt. Und dann habe ich am Schluss denjenigen, der das managt. Und dann bin ich im Zweifel als Anleger der Dumme, weil ich am wenigsten Zugriff auf diese ganzen Dinge habe."
    Totalverlust des Geldes droht
    Nun droht ihnen der Totalverlust des Geldes. Deshalb sollten sich betroffene Verbraucher zunächst fragen, ob sie diese Vermittler solcher Kapitalanlegen zur Haftung heranziehen könnten, rät Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Außerdem sollte man prüfen, ob man überhaupt wirksam Eigentümer des Containers geworden sei - und wie man dies nachweisen könne. Und nicht zuletzt: Wo ist das Geld?
    "Es gibt Gerüchte am Markt, dass die Mietverträge von der Gesellschaft selbst zu hoch abgeschlossen worden sind, um so künstlich erhöhte Renditen zu gerieren, die dann zu immer neuem Einwerben von neuem Geld geführt haben. Das würde den Verdacht eines Schneeballsystems zunächst einmal nahelegen. Auch da muss man dahinter her sein, man muss gucken, welche Vermittler sind in die ganze Sache involviert. Und schließlich muss man aufpassen: Auszahlungen unterliegen im Insolvenzfall einer gewissen Anfechtungsfrist, und das ist ein gängiges Repertoire, was jeder Insolvenzverwalter sofort drauf hat, und da muss ich aufpassen, dass ich nicht Gelder, die ich vorher bekommen habe, womöglich wieder in die Insolvenzmasse einschießen muss."
    Das selbst aufzuklären, ist für Privatanleger sehr schwierig. Sie sollten also möglichst fachliche Hilfe, etwa Verbraucherschützer oder Fachanwälte zurate ziehen.
    Obwohl seit dem Fall Prokon das Kleinanlegerschutzgesetz erlassen wurde, ist der Graue Kapitalmarkt noch nicht gut reguliert, kritisiert Anlegerschutzanwalt Klaus Nieding:
    "Der Graue Kapitalmarkt gehört seit 20, 30 Jahren schon vernünftig reguliert. Der Graue Kapitalmarkt gehört seit 20, 30 Jahren vernünftig beaufsichtigt. Hier muss ein vernünftiges Gesetz aus einem Guss erfolgen, und nicht immer nur kleine Bereiche in irgendwelche Spezialgesetze gepackt werden. Wäre der Container nicht im Kleinanlegerschutzgesetz enthalten, wäre er trotzdem verkauft worden und an den Mann und an die Frau gebracht worden. Insofern: Hier ist der Gesetzgeber gefragt, endlich die Lösung vorzulegen."