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Polen
Komponisten mit Internetportal

Auf der Internetplattform "Drei Komponisten" sind die Werke von Krzystof Penderecki, Witold Lutosławski und Henryk Mikołaj Górecki vollständig und kostenlos zu hören. Projektleiterin Iwona Lindstedt hofft, so Hörgewohnheiten zu verändern.

Von Martin Sander | 06.01.2014
    Die Paganini-Variationen für zwei Klaviere sind das meistgespielte Stück des polnischen Komponisten Witold Lutosławski. Man kann sie - gemessen an der nicht immer überschwänglichen Begeisterung des Publikums für ernste Musik des 20. Jahrhunderts - sogar einen Hit nennen. Lutosławski hatte die Variationen 1941 komponiert, um sich im deutsch besetzten Warschau durchzubringen. So bestritt er mit seinem Klavierpartner Andrzej Panufnik gemeinsame Kaffeehausauftritte.
    Das neue polnische Internetportal "Trzej kompozytorzy" - auf Deutsch "Drei Komponisten" – macht das Gesamtwerk von Witold Lutosławski, Krzysztof Penderecki und Henryk Mikołaj Górecki hörbar. Die Musikwissenschaftlerin Iwona Lindstedt leitet das Projekt.
    "Es geht um das Beste, was die polnische Musikkultur der Welt bieten kann, dem breiten Publikum ebenso wie den Kennern zeitgenössischer Kompositionen. Man findet auf unserem Portal die vollständigen Werkverzeichnisse und alle verfügbaren Tonaufnahmen der drei Künstler. Wenn wir an Krzysztof Penderecki denken, so komponiert er ja weiter, daher wird sein Werkverzeichnis auch weiter wachsen, hoffentlich noch gehörig."
    Krzysztof Penderecki – hier mit seiner 1961 entstandenen Polymorphie für 48 Streicher - ist ebenso wie Lutosławski in Polen gerade ausgiebig gefeiert worden. Aus Anlass seines 80. Geburtstags hat man dem Werk des bei Krakau lebenden Altmeisters im Herbst in Warschau ein ganzes Penderecki-Festival gewidmet.
    Auf der Internetplattform "Drei Komponisten" werden die Werke von Krzystof Penderecki, Witold Lutosławski und Henryk Mikołaj Górecki fachkundig kommentiert. Musikwissenschaftler und Kritiker schreiben über Entstehungszusammenhänge und Wirkungsgeschichte. Dem Nutzer steht neben der polnischen auch eine englische Sprachversion zur Verfügung. Auch an lexikalisch aufbereitetem Wissen herrscht kein Mangel. Biografisches wird mit viel Foto- und Filmmaterial abgehandelt. Schließlich gibt es „Playlists“, Hörempfehlungen, nach subjektiven, aber nachvollziehbaren Kriterien, ausgesprochen von Musikkundigen, nicht selten Familienangehörigen der Künstler.
    Henryk Mikołaj Górecki ist im Dreigestirn wohl derjenige, den man international am wenigsten kennt. 1933 in einem oberschlesischen Dorf geboren, 2010 in Kattowitz gestorben, bewegte sich Górecki zwischen serieller Kompositionstechnik und Motiven der Volksmusik. Auf der Empfehlungsliste seiner Tochter Anna, einer Pianistin, steht Góreckis 1958 uraufgeführtes Lied über Freude und Rhythmus weit oben.
    Das Gesamtwerk der drei Klassiker einer musikalischen Moderne stellt das staatlich finanzierte Institut für audiovisuelle Medien nicht nur in vollständigen Tonaufnahmen zur Verfügung – sondern auch ohne Gebühren für den Nutzer. Iwona Lindstedt, die Projektleiterin, hofft, so Hörgewohnheiten zu verändern.
    "Leichter, bequemer wäre es für Chopin zu werben, denn seine Musik gilt allgemein als hörerfreundlich. Das Werk dieser drei Komponisten wird oft als schwierig angesehen, unverständlich, unzugänglich für den Normalsterblichen. Dieses Vorurteil wird unser Portal – so hoffe ich - entzaubern."