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Polen
Präsident Dudas Veto gegen das Wahlgesetz

Das polnische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, durch das die Regierungspartei PiS bei der Europawahl im kommenden Jahr sehr wahrscheinlich mehr Abgeordnete bekommen hätte. Doch dagegen hat Staatspräsident Andrzej Duda nun sein Veto eingelegt - obwohl er ursprünglich aus der PiS stammt.

Von Florian Kellermann | 17.08.2018
    Das Bild zeigt Polens Präsidenten Andrzej Duda, er steht vor polnischen Fahnen in weiß-rot an einem Rednerpult.
    Polens Präsident Andrzej Duda hat sein Veto gegen das neue EU-Wahlgesetz eingelegt (dpa-Bildfunk / AP / Alik Keplicz)
    Andrzej Duda hatte sich viel Zeit gelassen für seine Entscheidung. Fast drei Wochen, nachdem das Gesetz das Oberhaus des Parlaments passiert hatte, erklärte der Präsident:
    "Ich bin der Ansicht, dass dieses Gesetz viel zu weit vom Grundsatz des Verhältniswahlrechts abweicht. Es würde bedeuten, dass nur zwei Formationen die Chance auf eine starke Vertretung im Europäischen Parlament hätten. Deshalb kann ich ihm nicht zustimmen und lege ein Veto ein."
    Der Präsident stimmte damit den Einwänden zu, die ein breites Bündnis von Kritikern an dem Gesetz vorgebracht hatte. Zu ihnen gehörten nicht nur kleinere Parteien aus dem linken und rechten politischen Spektrum, sondern auch die katholische Bischofskonferenz und konservative Thinktanks.
    Faktische Wahlhürde von elf Prozent
    Das neue Wahlgesetz hatte vorgesehen, dass Polen bei der Europawahl wie bisher in 13 Wahlbezirke aufgeteilt wird. Neu sollte aber sein, dass aus jedem Bezirk mindestens drei Kandidaten auch einen Sitz im Parlament bekommen. Diese insgesamt 39 Sitze wären damit schon sicher an die beiden größten Parteien gegangen - die rechtskonservative Regierungspartei PiS und die oppositionelle rechtsliberale "Bürgerplattform".
    Parteien mit weniger Unterstützern wären wohl leer ausgegangen. Experten hatten errechnet, dass die faktische Wahlhürde für ein Mandat bei mindestens elf Prozent gelegen hätte.
    Der Politologe Rafal Chwedoruk von der Universität Warschau:
    "Dieses Wahlrecht wäre - diplomatisch gesprochen - sehr außergewöhnlich gewesen in der EU. In den meisten anderen Mitgliedsländern gibt es bei der Europawahl keine Wahlbezirke, in manchen gibt es noch nicht einmal eine prozentuale Hürde für kleinere Parteien. Das sind schließlich keine Wahlen, die zu einer Regierungsbildung führen. Deshalb soll hier ein möglichst weit reichender Pluralismus herrschen."
    Streit mit der PiS wohl nicht zu befürchten
    Für die Regierungspartei PiS hätte das Gesetz Vorteile gebracht. Zum einen hätte sie damit kleinere rechtsgerichtete Konkurrenzparteien marginalisiert. Zum anderen führt die PiS die Umfragen an. Die Opposition wäre also unter Druck geraten, eine gemeinsame Liste für die Europawahl aufzustellen, um der PiS Paroli bieten zu können.
    Staatspräsident Andrzej Duda hat sich mit seinem Veto nun gegen die Partei gestellt, aus der er stammt. Dafür habe er gute Gründe gehabt, so Rafal Chwedoruk:
    "Wenn er die nächste Präsidentenwahl 2020 gewinnen will, muss er an den zweiten Wahlgang denken. Und da dürfte die Unterstützung seiner Mutterpartei nicht ausreichen. Er braucht die Stimmen auch von Wählern kleinerer Parteien. Die Motive für das Veto sind also sehr klar."
    Beobachter glauben nicht, dass die Entscheidung zu einem handfesten Streit zwischen Duda und der PiS führen wird. Denn der Präsident liegt in anderen zentralen Fragen auf einer Linie mit der Regierung. Für wesentlich mehr Aufregung in der PiS hatte er im vergangenen Jahr gesorgt, als er ein Veto gegen zwei Gesetze der umstrittenen Justizreform eingelegt hatte. Allerdings gab sich Duda schließlich mit nur geringfügigen Änderungen an der Reform zufrieden, die vor allem seine eigene Position als Präsident stärkten.