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Polen
Rosenkranz-Beten an den Landesgrenzen

Tausende Gläubige kamen am Wochenende im katholisch geprägten Polen zusammen. Immer wieder beteten sie gemeinsam den Rosenkranz. Offiziell hieß es, es gehe um den Frieden in Polen und auf der Welt. Für Kritiker war es jedoch eine Aktion, gegen die Ankunft muslimischer Flüchtlinge in Europa.

Von Florian Kellermann | 09.10.2017
    Zwei Gläubige knieen am Strand, dahinter sind weitere Gläubige am Küstenabschnitt versammelt
    "Etwas nie Dagesenes auf die Beine gestellt." Auch an der Küste von Gdansk versammelten sich zahlreiche Gläubige zum gemeinsamen Gebet. (imago/ Zuma Press)
    Überall an den polnischen Außengrenzen versammelten sich die Gläubigen: am Ostseestrand, an der Oder, auf den Gipfeln der polnischen Karpaten. Die Veranstalter der Aktion "Rosenkranz-Beten an den Grenzen" konnten zufrieden sein: Zigtausende waren ihrem Aufruf gefolgt.
    Der Regisseur Maciej Bodasinski, einer der Organisatoren: "Wir sind eine Gruppe von gewöhnlichen Menschen, die hier etwas nie Dagewesenes auf die Beine gestellt haben. Über 300 Kirchengemeinden beteiligen sich, 22 Diözesen sind eingebunden. Das war eine ungeheure Arbeit."
    Zurückfinden zu einer engen Verbindung mit Gott
    Bodasinski gehört einer vor wenigen Jahren gegründeten Stiftung an - "Solo Dios Basta", "Gott allein genügt". Ihr Ziel ist die christliche Mission in Polen. Denn obwohl über 90 Prozent der Polen katholisch getauft sind, nehme doch nur jeder fünfte Polen jede Woche am Abendmahl teil. Die polnische Nation müsse zu ihrer engen Verbindung mit Gott zurückfinden, meint der Regisseur, diese habe sie stets stark gemacht.
    Für Kritik sorgte allerdings, dass er das Rosenkranz-Beten an der Grenze auch als Reaktion auf die Ankunft muslimischer Flüchtlinge in Europa verstanden wissen wollte: "Es gibt eine Gefahr, die noch kaum abzusehen ist: In dieses geistlich so schwache Europa kommt eine neue Zivilisation, in einem seit vielen Jahrhunderten ungekannten Ausmaß. Das bedroht unsere Zivilisation. Denn geistlich viel stärkere Menschen nehmen Raum ein und dominieren schon an manchen Orten."
    Es gehe nicht darum, Flüchtlinge abzulehnen, versicherte Bodasinski. Allerdings betonte seine Stiftung gleichzeitig, dass sich am Samstag die Seeschlacht von Lepanto jährte. Eine Bündnis christlicher Länder besiegte damals, 1571, vor Griechenland die Flotte des osmanischen Reiches.
    Bischofskonferenz gibt ihren Segen
    Ein Spiel mit Zweideutigkeiten, dennoch gab die katholische Bischofskonferenz in Polen ihren Segen. Der Warschauer Erzbischof Marek Jedraszewski hielt die Predigt beim zentralen Gottesdienst der Aktion: "Diese Initiative ist unter Laien entstanden, in einer sehr konkreten Situation: So viele Kräfte in unserem Vaterland und außerhalb sind daran interessiert, dass wir so leben, als gäbe es Gott nicht. Dass wir unseren Glauben in der verschämt verschlossenen Privatsphäre verstecken. Da entsteht die Frage: Wohin wollen sie uns Polen bringen? Dahin, dass wir uns der heiligsten Mutter, unserer Königin schämen?"
    Kommentatoren wiesen darauf hin, dass sich auch die rechtskonservative Regierungspartei PiS stets gegen, wie sie es nennt, Einmischung von außen wehrt. Sie meint damit, wie die EU-Kommission gegen Polen vorgeht, unter anderem wegen der Justizreformen in Polen.
    Hunderte Gläubige versammeln sich am Küstenabschnitt in Gdansk
    Mehr als 300 Kirchengemeinden beteiligten sich an der Aktion. Kritiker sehen die Aktion auch als Reaktion auf die Ankunft muslimischer Flüchtlinge (imago / Zuma Press)
    Die Regierung stellte sich denn auch demonstrativ hinter das "Rosenkranz-Beten an den Grenzen". Ihre Glückwünsche schickte Ministerpräsidentin Beata Szydlo. Konzerne mit staatlicher Beteiligung unterstützten die Aktion finanziell.
    Auf der Linie mit der Regierung
    Kein Wunder, meint die Religionssoziologin Maria Liboszowska-Zoltkowska. Die Grundaussagen der Aktion deckten sich ihrer Ansicht nach mit der Linie der Regierung, etwa in der Flüchtlingspolitik: "Das war ein Gebet für den Frieden, gegen den Krieg. Da haben manche das Gefühl, sie hätten ihre Pflicht erfüllt, sie hätten Nächstenliebe geübt: Sie haben ihr Bestes gegeben und die Flüchtlinge der Obhut der Gottesmutter anvertraut. Warum sollen wir sie da noch bei uns aufnehmen?"
    Die offizielle Kirche wollte die Aktion jedoch nicht so verstanden wissen. Polen dürfe an seiner Grenze keine Mauern errichten, erklärte Erzbischof Jedraszewski in seiner Predigt.