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Politische Stimmung
Wenig Lust auf Große Koalition

Die Sondierungsverhandlungen zwischen Union und SPD über eine Große Koalition haben noch gar nicht richtig begonnen, da schwindet schon die Lust der Deutschen auf eine Neuauflage der alten Regierung. Wann es endlich Klarheit gibt, ob es was wird mit der Großen Koalition, ist nicht abzusehen.

Von Paul Vorreiter | 05.01.2018
    Würfel mit dem Logo von CDU und SPD, Symbolfoto für die Große Koalition
    Unter SPD-Anhängern fänden 49 Prozent eine GroKo weniger gut oder schlecht, dagegen gibt es bei Unions-Anhängern überwiegende Zustimmung (imago stock&people)
    Wirklich lustvoll bewegen sich CDU/CSU und SPD ja nicht aufeinander zu. Ähnlich lustlos scheinen auch die Deutschen auf eine mögliche neue Große Koalition zu blicken.
    Laut einer Umfrage von infratest dimap für den ARD-Deutschlandtrend sehen 52 Prozent der Befragten eine Neuauflage des Bündnisses aus Union und SPD kritisch. Eine Abwärtsbewegung: Denn kurz nach dem Parteitag der SPD in der ersten Dezemberhälfte seien noch 61 Prozent für eine Große Koalition gewesen.
    Die Befürworter der einzelnen Parteien bewerten die Koalition unterschiedlich: Überwiegende Zustimmung bei Unions-Anhängern, unter den SPD-Anhängern ein gespaltenes Verhältnis: 50 Prozent fänden eine GroKo sehr gut oder gut, 49 Prozent weniger gut oder schlecht. Gut die Hälfte der Befragten unterstütze eine weitere Kanzlerschaft von Angela Merkel. Auch hier die Tendenz sinkend.
    Kritik an der Rolle der CSU
    Kritik gibt es bei den Befragten an der Rolle der CSU. 56 Prozent finden, dass die Christsozialen in der Union zu viel zu sagen haben. Dass es der CSU mehr darum geht, den Wahlkampf in Bayern gut zu meistern, statt eine stabile Regierung in Deutschland zu bilden, denken 69 Prozent der Bürger.
    Während sich die CSU-Bundestagsfraktion bei ihrer Klausur in Bayern für die anstehenden Sondierungen in Stellung bringt - mehr Ausgaben für Verteidigung, Leistungskürzungen für Flüchtlinge und medizinische Altersuntersuchungen bei unbegleiteten Minderjährige fordert - bemüht sich der stellvertretende CDU-Chef Armin Laschet um besonnenere Töne.
    Bei jedem Thema könne man eine sachliche Lösung finden, sagte er im Deutschlandfunk. Er sei zuversichtlich, dass man innerhalb einer Woche feststellen könne, ob es eine gemeinsame Zukunft für die Große Koalition gebe; trotz des sich abzeichnenden, großen Diskussionsbedarfs mit der SPD, etwa beim Thema Familiennachzug für eingeschränkt schutzberechtigte Flüchtlinge:
    "Die CDU hat hier eine klare Position und wenn die SPD am Familiennachzug gar nichts ändern will, werden wir mit ihr darüber hart verhandeln müssen."
    SPD will hart verhandeln
    SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil jedenfalls scheint harte Verhandlungen nicht zu scheuen. Im Deutschlandfunk unterstrich er die Haltung der Sozialdemokraten:
    "Ich ziehe über das Radio und über die Medien keine roten Linien ein, aber der Familiennachzug läuft aus und wir werden jetzt darüber reden, welche Vorstellungen die Union hat, wie Integrationspolitik in diesem Land funktionieren kann und noch mal meine Überzeugung ist, dass Familien notwendig ist für Integration, und deswegen gehen wir in diese Gespräche und sagen der Familiennachzug läuft aus und das halten wir für richtig."
    Damit steht auch die von Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in einem Beitrag für die Zeitung "Die Welt" herbeigesehnte "konservative Revolution" auf wackligen Füßen. SPD-Vize Manuela Schwesig erklärte im ARD-Morgenmagazin, dass sie davon nichts hält:
    "Ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger erwarten keine Revolution, sondern sie eine stabile Regierung, und CDU und CSU haben es über 100 Tage lang nicht geschafft, eine stabile Regierung zu bilden, deswegen glaube ich, sind alle gut beraten vernünftig und sachlich miteinander zu reden und keine Revolution auszurufen."
    Sondierungsgespräche beginnen
    Wie also geredet wird, ob sachlich oder mit revolutionärem Impetus: Das wird sich ab übermorgen zeigen, wenn die knapp 40 Verhandler der möglichen Koalitionäre erstmals zu Gesprächen in der SPD-Bundeszentrale in Berlin zusammenkommen.
    Unklar ist, wie rasch Ergebnisse publik werden. Nach Informationen des "Spiegels" haben sich die Parteien darauf geeinigt, keine Zwischenstände während der Sondierungsgespräche zu verbreiten. Demnach sollen die Teilnehmer nicht in Talkshows gehen oder Interviews geben dürfen.