Donnerstag, 18. April 2024

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Politologin über Rassismus
"Unterdrückungssysteme werden täglich verleugnet"

Die Gesellschaft sei offener geworden, über Rassismus zu diskutieren, sagte die Politikwissenschaftlerin Emilia Roig im Dlf. Weltweit finde eine Transformation statt. Dennoch werde von Rassismus Betroffenen nach wie vor nicht geglaubt.

Emilia Roig im Gespräch mit Benedikt Schulz | 31.01.2021
Emilia Roig vom Center for Intersectional Studies
Die Politikwissenschaftlerin Emilia Roig (Deutschlandradio / Luise Sammann)
Durch die Black-Lives-Matter-Bewegung sei es heute leichter, über Rassismus zu diskutieren als vor einem Jahr oder vor zwei, drei Jahren, sagte die Politikwissenschaftlerin Emilia Roig im Deutschlandfunk. Die Gesellschaft sei offener dafür - auch wenn die Aufmerksamkeit für Rassismus-Debatten derzeit unter anderem wegen des Corona-Lockdowns nachgelassen habe.

"Alle Familien sind anfällig für Rassismus"

Roig berichtete über persönliche Erfahrungen in ihrer Familie. "Alle Familien sind anfällig für Rassismus", sagte sie. Sogenannte "transracial families" seien sogar anfälliger. Das sei ihre eigene Geschichte und die Geschichte von vielen Menschen. Roig ist Tochter einer schwarzen Mutter und eines weißen Vaters.
06.06.2020, Bayern, München: Mehrere tausend Menschen demonstrieren mit einem fast neun minütigen Kniefall auf dem Königsplatz in der bayerischen Landeshauptstadt während einer "Silent Demo" gegen Rassismus. Links hält ein Mann ein Plakat mit der Aufschrift "Black lives matter" in die Höhe. Anlass ist der gewaltsame Tod von George Floyd in den USA. Insgesamt soll in 25 deutschen Städten demonstriert werden. Foto: Peter Kneffel/dpa | Verwendung weltweit
"Niemand kann behaupten, von Rassismus nicht betroffen zu sein"
Emilia Roig appelliert an die Gesellschaft, Rassismus als kollektives Phänomen anzuerkennen. Dabei gehe es nicht nur um Betroffene, sondern jeder müsse das eigene Denken und Handeln hinterfragen.
Die Politologin sagte: "Unterdrückungssysteme werden täglich verleugnet." Von Rassismus und anderen Diskriminierungen betroffene Menschen müssten ständig die anderen Menschen davon überzeugen. Ihnen und ihrer Wahrnehmung werde nicht geglaubt. Roig sagte, sie glaube nicht das Ende von Unterdrückung noch zu erleben. Dennoch sei sie hoffnungsvoll. Weltweit finde eine Transformation statt.
Emilia Roig hat ein Buch mit dem Titel "Why We Matter" geschrieben. Sie setzt sich seit Jahren mit Diskriminierung auseinander, mit ineinander verschränkten Formen von Diskriminierung, also mit Intersektionalität – und das vor allem als Direktorin und Gründerin des Center for Intersectional Justice.