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Polnische IT-Leistungen sind noch Geheimtipp

Polen ist bisher nicht sonderlich bekannt für seine IT-Branche. Dabei gibt es gerade hier viele erfolgreiche IT-Firmen. Auf der CeBIT präsentieren sich etwa 200 von ihnen.

Von Sabine Adler | 04.03.2013
    1270 nach dem großen Krieg beginnt die Geschichte des
    Wiedzmin, des Hexers, noch besser bekannt als "The Witcher", in den sich der Spieler verwandelt. Das polnische PC-Spiel ist der Hit auf dem Markt. The Witcher, Wiedzmin, ist keine Hexerei, auch, wenn mehr als zwei Millionen verkaufte Exemplare weltweit das Glauben machen könnten. Der Nachfolger "Witcher Two" ist noch erfolgreicher.

    Dass Polen aber nicht nur aus historischen oder Science-Fiction-Romanen PC-Spiele kreieren können, beweist die Firma Comarch [Redaktioneller Hinweis: An dieser Stelle weicht das Manuskript vom Audio ab]. Ähnlich, wie der Spieletüftler "CD-Projekt", fing auch der Softwarehersteller Comarch klein an, mit einem Krakauer Professor und seinen zehn Studenten. Heute ist Janusz Filipiaks Unternehmen an der Börse notiert.

    "Mit dem, was wir vor 20 Jahren gemacht haben, sind heute weltweit 3600 bis 3700 Leute beschäftigt."

    Christoph Kurpinski von Comarch in Deutschland hat in der DDR Kypernetik studiert und promoviert, floh nach einem kurzen Aufenthalt in Poznan 1983 nach Deutschland. Er erklärt, dass sich nach dem Fall der Mauer parallel mit der Privatisierung der polnischen Wirtschaft der technologische Wandel vollzog.

    "Das heißt, mit dem gesellschaftlichen Wandel sind plötzlich neue Anforderungen an neue Technologien gestellt worden. Und das hat dazu geführt, dass das starke intellektuelle Potenzial, das Polen hatte, auch direkt eingesetzt wurde, um das Land zu verändern. Das ist einer der wesentlichen Punkte, dass die erst einmal auf dem Binnenmarkt unheimlich viel machen konnten."

    Entwickelt wurden Abrechnungssysteme für das Finanzamt oder für Krankenversicherungen. Für ausländische IT-Investoren waren Polen wegen seiner dichten Hochschullandschaft reizvoll, allein Krakau verfügt über zehn. Henryka Bochniarz, die Präsidentin des größten polnischen Unternehmerverbandes Leviatan, sagt, es liegt an der Stärke der polnischen Mathematikschulen, die sich herumgesprochen hat.

    "Wir haben ausgezeichnete Fachleute. Das weiß man auch zum Beispiel bei Google. Wenn sie in die Situation kommen, wo man mit Standardlösungen nicht weiterkommt, dann holen sie sich eine Mannschaft aus Polen. Sie wissen, dass Polen immer eine Idee haben."

    1993 war Polen mit zwölf Firmen auf der CeBIT vertreten, in diesem Jahr werden es 200 sein. Unter Insidern haben polnische Softwareentwickler und PC-Spiele einen Ruf, doch wer sich damit nicht auskennt, könnte an unseren Nachbarn vorbeilaufen. Denn es gibt kein polnisches Silikon-Valley und kein polnisches Hardwareprodukt, das alle Welt kennt, ärgert sich die Verbandschefin Henryka Bochniarz.

    "Das ist ein Schwachpunkt unserer Industrie. Wir haben ein Problem, unsere Entwicklungen industriell zu verwenden. Solange es ums Denken geht, sind wir stark. Aber dort, wo das Denken durch eine Geschäftsstrategie unterstützt sein muss, wird es schwieriger. Insbesondere wenn Geld nötig ist. Bei technologischen Patenten belegen wir nur hintere Plätze."

    Christoph Kurpinski von Comarch hat in Deutschland gelernt, dass ein gutes Produkt allein nicht genügt.

    "Die zweite Hälfte muss man sich durch Dienstleistung erarbeiten. Das heißt, es reicht nicht, dass ich ein absolut perfektes System habe. Ich muss auch den Support um dieses Produkt herum aufbauen."

    Er freut sich auf die Messe, auf den Austausch in der Branche.