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Porträt
Das Phänomen Donald Trump

Damit hatte zu Anfang niemand gerechnet. Doch inzwischen ist es so gut wie sicher, dass Donald Trump beim Parteitag der Republikaner im Juli als Kandidat nominiert wird. Es ist eine Mischung aus Wut und Entertainment-Faktor, die den Immobilienmagnaten an die Spitze der Umfragen gespült hat.

Von Markus Pindur | 13.05.2016
    Man sieht Donald Trump, der winkt, im Hintergrund drei große US-Fahnen.
    Der Immobilien-Unternehmer Donald Trump will US-Präsident werden. (picture-alliance / dpa / Larry W. Smith)
    Niemand wollte es glauben - zu Anfang jedenfalls. Donald Trump sei nicht konkurrenzfähig. Schon nach wenigen Wochen würde seine Kandidatur aufgrund seiner politischen Inhaltslosigkeit kollabieren.
    Doch wie sich herausstellte, bedient Trump sehr wohl politische Inhalte, nur eben nicht solche, die bislang als akzeptabel galten. Die erste Bombe platzte, als Trump illegal eingewanderte Mexikaner pauschal als "Mörder und Vergewaltiger" bezeichnete. Er werde eine unüberwindliche Mauer an der mexikanischen Grenze bauen, und Mexiko werde dafür zahlen, so kündigte Trump an. Dass die Nettoeinwanderung aus Mexiko seit Jahren negativ ist, stört das Publikum und Trump wenig. Was zählt, ist der große Gestus.
    Eines seiner festen Rituale bei seinen Veranstaltungen ist es, dass er die Zuhörer fragt: "Wer wird die Mauer bezahlen?" und die Menge ruft: "Mexiko!".
    Es ist eine Mischung aus Wut und Entertainment-Faktor, die den Immobilienmagnaten an die Spitze der Umfragen gespült hat. In den USA lebende Muslime sollten registriert werden, die Einreise von Muslimen völlig unterbunden werden, so Trump. Dass all dies weder praktikabel noch verfassungsgemäß ist, kümmert Trump wenig, er verleiht dem Ressentiment und der Wut auf die Eliten eine Stimme - und bekommt dafür Stimmen. Trump artikuliert dies immer wieder:
    "Unser Militär ist ein Desaster. Unsere Gesundheitsfürsorge ist eine Horrorshow. Ich werde Obamacare abschaffen und ersetzen. Wir haben keine Grenzen, die illegale Einwanderung ist unglaublich. Unser Land wird regiert von unfähigen Leuten. Ja, ich bin sehr, sehr wütend."
    Zu sehen ist ein Fernsehstudio in Las Vegas und mehrere Kandidaten der US-Republikaner an Stehpulten.
    Dezember 2015: Fernsehdebatte der US-Republikaner (picture-alliance / dpa / Ruth Fremson)
    Es ist die bekannte Mischung des Rechtspopulismus, der so oder ähnlich derzeit auch in Europa grassiert. Ein Zerrbild der Gegenwart wird entworfen, große Versprechen werden gemacht, auf dem Rücken von Minderheiten, ohne seriöse Politikangebote. Dazu gehört die diffamierende Kritik am angeblichen Gesamtversagen der politischen Elite. Das Ressentiment und die Verkündigung von Halbwahrheiten und Lügen werden zu legitimen Einwänden umdeklariert. Ängste werden geschürt und bestätigt.
    Der Immobilienmilliardär, der sein Vermögen auf acht Milliarden Dollar beziffert, spricht auf seinen Veranstaltungen frei, wie es ihm in den Sinn kommt. Das sind oft keine zusammenhängenden Sätze, aber die Botschaft kommt genau deshalb an - die Zuhörer lieben seine unvorhergesehenen Wendungen und die Allgemeinplätze, die ihr Weltbild bestätigen.
    Der Manager als Medienmensch
    Der 69-Jährige hat sein Vermögen zwar zum Großteil im Immobiliengeschäft mit großen Bürogebäuden, Shopping Malls und Kasinos gemacht, hat sich aber immer schon an die Öffentlichkeit gedrängt. So war er der Producer seiner eigenen Fernsehshow "The Apprentice", ausgestrahlt bei NBC. Die Bewerber konkurrierten in der Show um einen Arbeitsplatz im Management bei Trump. Diese Show sicherte ihm einen hohen Bekanntheitsgrad, was seine politische Karriere befeuerte. Zumal er sich dort als radikaler Entscheider präsentieren konnte: "You're fired!" bekamen die weitaus meisten Bewerber zu hören.
    Trump weiß, dass die meisten seiner Wähler - in den Vorwahlen - weiß und über 50 sind. Deshalb schließt er sich auch nicht der sozial- und wirtschaftspolitischen Orthodoxie der Republikaner an. Er kündigte an, das staatliche Rentensystem ("social security") auszubauen und auch eine nicht näher umrissene allgemeine, staatlich garantierte Gesundheitsvorsorge einzuführen. Die republikanische Elite lehnt dies ab - was Trump wiederum dazu nutzt, sein Anti-Establishment-Image zu pflege.
    Der Blick von und nach außen
    Außenpolitik interessiert Trump nicht besonders, und seine Kenntnisse gehen gen Null. Klar ist nur, dass Amerika von der globalisierten Welt seiner Ansicht nach über den Tisch gezogen wird, ob beim Freihandel oder der Sicherheitspolitik.
    Trumps Vorstellung von Außenpolitik unter Bündnispartnern gleicht einer internationalen Schutzgelderpressung. Wenn Südkorea nicht mehr zahle für die dort stationierten US-Streitkräfte, dann werde er diese abziehen und Südkorea müsse alleine für seine Sicherheit sorgen. Nonchalant empfahl Trump Japan und Südkorea, wenn sie sich von China bedrängt sähen, dann sollten sie sich doch Atomwaffen anschaffen.
    Die NATO ist für ihn "obsolet". Wie jedoch Chinas Ambitionen und russische Expansionen im Zaum gehalten werden sollen ohne die USA - Fehlanzeige. Und wie der sogenannte "Islamische Staat" besiegt werden soll, ohne Kooperation mit den Verbündeten im Nahen Osten und in Europa, auch das lässt Trump offen. Keinen Zweifel lässt er daran, dass er einen umfassenden außenpolitischen "Deal" mit Putin für möglich hält - die Annexion der Krim und Russlands Angriffskrieg in der Ukraine erwähnt er nie. Allein dies lässt viele schaudern.
    Donald Trump und Hillary Clinton.
    Donald Trump und Hillary Clinton. (DSK / AFP)
    Keine Chance bei der Wahl?
    Ob Trumps Populismus nur eine Minderheit der amerikanischen Wählerschaft bedient oder ob die Botschaft des Autoritarismus, des Ressentiments und des außenpolitischen Isolationismus bis weit in die Mitte der Gesellschaft reicht, lässt sich nicht klar vorhersagen.
    Vieles spricht gegen Trumps Wahlchancen im November: Er hat viele Wählergruppen verschreckt, die braucht, wer eine Präsidentschaftswahl gewinnen will. Eine Mehrheit um die 60 Prozent der weiblichen Wähler ist gegen ihn eingestellt. Die Latino-Wähler nehmen ihm die pauschale Diffamierung übel. Sie sind aber die am schnellsten wachsende Wählergruppe. Schwarze Wähler wollen zu über 90 Prozent Hillary Clinton wählen. Zwei Drittel der gesamten Wähler geben an, dass sie Trump nicht mögen, ein negativer Rekordwert.
    Der Politikwissenschaftler Norman Ornstein vom American Enterprise Institute ist einer der ganz wenigen, der Trumps Aufstieg innerhalb des republikanischen Vorwahlprozesses vorhergesehen hat. Er schätzt Trumps Wahlchancen in der Präsidentschaftswahl jedoch aus den genannten Gründen als gering ein, bei nur 20 Prozent. Doch beruhigend findet auch Ornstein dies nicht.
    Was im Web zu Trump lesenswert ist:
    Ein erklärendes Interview über die Gründe für den Aufstieg Trumps mit dem Politikwissenschaftler Norman Ornstein
    Donald Trumps Wikipedia-Biografie
    Die "New York Times" über Trumps Vorstellungen zur Außenpolitik
    Die "Washington Post" analysiert die Konkurrenz Clinton-Trump.
    Das Magazin "Politico" hat die vielen Widersprüche in Trumps politischen Äußerungen zusammengestellt.