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Portugal
Streiks im Gesundheitswesen

25.000 Pflegerinnen und Pfleger fehlen nach Einschätzung der Arbeitnehmervertreter in ganz Portugal. Es gibt einen Beförderungsstopp und mit den Sparmaßnahmen in Portugal wurden die Gehälter gekürzt. Jetzt stehen Portugals Gesundheitssystem unruhige Tage bevor.

Von Daniel Sulzmann | 24.09.2014
    Wenn man in Leiria in Zentralportugal, einer Stadt mit etwas mehr als 50.000 Einwohnern, vor dem Krankenhaus fragt, dann sind sich eigentlich alle einig: So kann es im Gesundheitswesen in Portugal nicht weitergehen, der Streik der Krankenschwestern und Krankenpfleger ist gerechtfertigt, sagt dieser Mann:
    "Ich finde, das ist gut, das ist sehr gut, alle sollten streiken nicht nur die Pfleger, alle."
    Und er ist nicht der Einzige, diese Frau stimmt ihm zu:
    "Dem Land geht es immer schlechter, dem Pflegepersonal kürzen sie alles: Ich denke, die müssen um ihre Rechte kämpfen."
    Genau das plant der Gewerkschaftsverband SEP, die Arbeitnehmervertreter beklagen die Auslagerungen von Dienstleistungen, aber vor allem zu wenig Personal: 25.000 Pflegerinnen und Pfleger fehlen nach Einschätzung der Arbeitnehmervertreter in ganz Portugal, es gibt einen Beförderungsstopp, mit den Sparmaßnahmen in Portugal sind auch für die Angestellten im Gesundheitswesen die Steuern gestiegen, die Gehälter gekürzt worden.
    Maria de Jesusch arbeitet seit 20 Jahren als Krankenschwester beim staatlichen Gesundheitsdienst. Sie verdient 1.300 Euro brutto, in eine höhere Gehaltsstufe ist sie schon lange nicht mehr gekommen. Sie beklagt:
    "Es ist hart, die Arbeitsbedingungen sind völlig unzureichend. im vergangenen Jahr wurde die Arbeitszeit von 35 auf 40 Stunden erhöht (ohne Mehrbezahlung). Alle Pfleger und Pflegerinnen klagen über diese Erhöhung, die sind erschöpft, müde und an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Sie können dem Gesundheitsdienst nicht mehr geben."
    Dabei sind die Verhandlungen mit der Regierung gerade erst wieder gescheitert. Zur Zeit ist kein Kompromiss in Sicht. Maria beklagt vor allem, dass sie ihrer Verantwortung gegenüber den Patienten nicht mehr gerecht werden kann:
    "Wir wollen bessere Arbeitsbedingungen, wollen Pflegedienstleistungen mit Qualität und Sicherheit für die Patienten erbringen. Wir wollen, dass der Gesundheitsdienst die Qualität beibehält, die er vor einigen Jahren erreicht hat."
    In Portugal wird die Gesundheitsversorgung über Polykliniken in den großen Städten und Gesundheitszentren in den einzelnen Distrikten aufrechterhalten. Ein Hausarztsystem wie in Deutschland, gar eine Krankenversicherung, sind unbekannt. Wer als Portugiese krank wird, hat ein Recht auf Behandlung. Und genau diese Versorgung ist jetzt Teil des Streiks, der in der Bevölkerung überwiegend auf Sympathie stößt:
    Dieser Mann findet ebenfalls, dass die Arbeitsniederlegung Sinn macht:
    "Sie arbeiten zu viel und sind übermüdet. Sie müssen ausgeruht und frisch sein, damit sie uns besser behandeln können. Ich denke, der Streik ist gerecht."
    Und er wird so durchgeführt, dass die Notfälle weiter betreut werden können, auch die chronisch Kranken: Die Intensivstationen sind weiter besetzt, Chemotherapien zum Beispiel laufen weiter. Trotzdem stehen Portugals Gesundheitswesen unruhige Tage bevor.