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Potenzial für japanische Energiewende ist vorhanden

Besonders im Bereich der Photovoltaik habe Japan großes Potenzial, sagt Holger Techert vom Institut der Deutschen Wirtschaft. Kurzfristig könne der Strombedarf des Landes bei einem Atomausstieg aber noch nicht vollständig gedeckt werden.

Holger Techert im Gespräch mit Georg Ehring | 14.07.2011
    Georg Ehring: Japans Ministerpräsident Naoto Kan will den Atomausstieg. Einen Zeitplan nannte er noch nicht, auch ist unklar, inwieweit er sich in seinem eigenen Land damit durchsetzen kann. Doch nach der Atomkatastrophe von Fukushima hat sich die früher sehr atomfreundliche Stimmung im Land der aufgehenden Sonne gewandelt. Ein großer Teil der Kernreaktoren ist derzeit auch nicht am Netz. Wie ist Japan für eine Energiewende aufgestellt? Dies möchte ich jetzt mit Holger Techert besprechen, er ist Energie-Experte beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. Guten Tag, Herr Techert.

    Holger Techert: Guten Tag, Herr Ehring.

    Ehring: Herr Techert, wie abhängig ist Japan denn bisher von der Kernenergie?

    Techert: Die Kernenergie deckt etwas mehr als ein Viertel des Strombedarfs in Japan und insofern würde ein kurzfristiger Ausstieg bedeuten, dass der Strombedarf nicht vollständig gedeckt werden kann. Das heißt, dass Japan dahin gehend ja abhängig von der Kernenergie ist.

    Ehring: Aber nach Fukushima ist ein großer Teil der Atomkraftwerke vom Netz genommen worden. Wie wird denn in Japan der Atomstrom, der nicht zur Verfügung steht, aktuell ersetzt?

    Techert: Es war nicht nur die Stromversorgung von Atommeilern gestört, durch den Tsunami waren auch fossile Kraftwerke beschädigt. Kurzfristig konnte das fehlende Stromangebot nicht ersetzt werden, Strom musste eingespart werden. Das ist durch geplante angekündigte Stromausfälle geschehen, auch hatten die Japaner die Industrieproduktion gedrosselt. Mittlerweile wurden die meisten fossilen Kraftwerke wieder repariert und sind am Netz, aber dennoch laufen weiterhin Energiesparpläne der Regierung in Japan.

    Ehring: Und ist das eine Zukunftsperspektive auch, solche Sparpläne?

    Techert: Diese Sparpläne möchte die japanische Regierung natürlich dann mittelfristig einstellen. Natürlich möchte auch die japanische Regierung, dass die Industrie wieder voll ausgelastet ist und mit der entsprechenden Energie, die benötigt wird, produzieren kann.

    Ehring: Bei uns soll ja die Atomenergie weitgehend auch durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Wie weit werden denn in Japan erneuerbare Energien bisher genutzt?

    Techert: Bislang decken die erneuerbaren Energien in Japan rund zehn Prozent der Stromerzeugung ab. Das sind zu etwa drei Viertel Wasserkraft, zu noch mal 15 Prozent Biomasse und Abfälle. Wind- und Photovoltaik-Anlagen spielen da noch eher eine untergeordnete Rolle mit jeweils zwei bis drei Prozent des Strombedarfs.

    Ehring: Wie ist denn das Potenzial? Könnte man denn die Energieversorgung, die Stromversorgung weitgehend auf erneuerbare umstellen in Japan?

    Techert: Japan hat ein Potenzial einerseits, Photovoltaik-Anlagen sind überall zu installieren, Japan hat auch die entsprechende Industriestruktur und Hersteller im Photovoltaik-Bereich, hat mittlerweile auch eine große Photovoltaik-Kapazität installiert. Auch bei Windkraft gibt es ein großes Potenzial, aber da gibt es ähnliche Probleme wie in Deutschland, dass die Standorte entfernt sind von den Verbrauchern und entsprechende Netzstrukturen noch gebaut werden müssen, dass eine großflächige Versorgung aus Windkraft aufgrund der Netzkapazitäten noch nicht möglich ist.

    Ehring: Wie sieht es denn aus um die Förderung der erneuerbaren Energien? Bei uns werden erneuerbare Energien seit Langem ja sehr großzügig gefördert. Wie steht es darum in Japan?

    Techert: In Japan gibt es einen Einspeisetarif für Photovoltaik-Anlagen wie in Deutschland auch. Geplant war dieser Einspeisetarif auch schon vor Fukushima, vor der Katastrophe, für Wind-, Wasserkraft und Geothermie-Anlagen sowie für Biomasse-Anlagen. Das ist sicher ein Instrument, das die Japaner auf den Weg bringen werden. Und dann gibt es auch Investitionsprogramme der japanischen Regierung, zum Beispiel im Rahmen der Konjunkturprogramme wurden auch öffentliche Gebäude, Schuldächer zum Beispiel, mit PV-Anlagen ausgestattet.

    Ehring: Hat sich das denn insgesamt nach Fukushima sehr stark vergrößert, diese Förderprogramme?

    Techert: Die Konjunkturprogramme sind jetzt schon vor Fukushima angelaufen. Nach der Katastrophe war zunächst mal der Fokus auf Energieeinsparung und auf Energieeffizienz gesetzt, weil vor allem kurzfristig der Energieausfall gedeckt werden musste. Wie das langfristig geregelt wird, das wird sich jetzt entscheiden.

    Ehring: Herzlichen Dank! – Das war Holger Techert vom Institut der Deutschen Wirtschaft über die mögliche Energiewende in Japan.

    Die Äußerungen unserer Gesprächspartner geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

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