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Präsident Roosevelt ergänzt Monroe-Doktrin

Als Präsident Theodore Roosevelt die Monroe Doktrin um den berühmt gewordenen Zusatz erweiterte, war er gerade mit großer Mehrheit wiedergewählt worden.

Von Barbara Jentzsch | 06.12.2004
    Die Amerikaner liebten den hemdsärmeligen, hyperaktiven Republikaner. Sie nannten ihn ‘unseren eigenen "holländisch-amerikanischen" Napoleon und folgten ihm begeistert auf dem Weg in eine gezielt expansionistische Weltpolitik. 1903 hatte Roosevelt die kolumbianische Provinz Panama besetzen lassen und Washington damit Bau und Kontrolle des Panama Kanals gesichert. Dass er die seit 1823 geltende Monroe Doktrin erweiterte, entsprach dem neuen, dynamischen Zeitgeist.

    Die Monroe Doktrin beschreibt die Neutralität und Politik des Nicht-Einmischens in die europäischen Angelegenheiten. Sie verlangt im Gegenzug keine Einmischung der Europäer auf dem amerikanischen Kontinent – also ein Ende der Kolonisierung durch europäische Mächte. ”Amerika den Amerikanern” war die Kurzschrift für die Monroe Doktrin. Theodore Roosevelt habe sie dann durch seinen Zusatz gewissermaßen auf den Kopf gestellt, kommentiert der Historiker Walter Lafever:

    Die Monroe Doktrin von 1823 besagt, dass die Europäer sich nicht in lateinamerikanische Angelegenheiten einmischen sollten. Die amerikanischen Länder würden ihre Probleme intern regeln. Roosevelt hingegen macht 1904 und 1905 klar, dass die Vereinigten Staaten sich in Lateinamerika einmischen sollten. Er stellt die Monroe Doktrin auf den Kopf: die Europäer sollen sich raushalten aber die Doktrin gäbe den Vereinigten Staaten das Recht, Polizeikontrolle auszuüben, um die Europäer fernzuhalten.

    Am 6. Dezember 1904 verankerte der Präsident den als ‘Roosevelt Corollary’ in die Geschichte eingegangenen Zusatz in seiner Jahresbotschaft an den Kongress. Roosevelt schrieb:

    Fortgesetztes Unrecht kann in Amerika oder anderswo schließlich das Eingreifen einer zivilisierten Nation erfordern, und in der westlichen Hemisphäre werden die Vereinigten Staaten, da sie auf dem Boden der Monroe Doktrin stehen, dazu gezwungen sein, in Fällen, in denen eine Regierung solches offensichtliche Unrecht begeht oder nicht imstande ist, es abzustellen, die Rolle einer internationalen Polizei –wenn auch noch so widerstrebend - zu spielen.

    Nichts widerstrebte Roosevelt weniger als in der Karibik aufzuräumen und Amerikas Interessen in der Region den Vorrang zu sichern .”Speak softly but carry a big stick” war Roosevelts Maxime in der Außenpolitik: "Leise auftreten aber einen großen Stock dabei haben….”

    Die Doppelstrategie bewährte sich vortrefflich. Um dem politischen Chaos entgegenzuwirken, das für einzelne revolutionsgeplagte lateinamerikanische Länder damals typisch war, sorgte Roosevelt für "law and order" in der Nachbarschaft - und stillte gleichzeitig die Expansionsgelüste der mit Macht und ungeheurem Tempo wachsenden Vereinigten Staaten. Nie wieder sollten Probleme auftauchen wie sie 1902 z.B. Venezuela und die Dominikanische Republik zeigten, als sie die Begleichung ihrer Schulden verweigerten und England, Italien und das kaiserliche Deutschland Kriegsschiffe schickten, um die Gelder einzutreiben. Jetzt schickte die Schutzmacht Amerika die Flotte samt den Marines.

    In den nächsten 15/2o Jahren marschieren die Vereinigten Staaten ungefähr ein Dutzend Mal in Lateinamerika ein. Das führt dazu, dass die US Marines ‘die Truppen des Aussenministeriums ‘ genannt werden, weil sie immer eingesetzt werden, um die Interessen des State Departments in der Karibik zu vertreten.

    Heute beschränkt sich der Interventionsanspruch der USA nicht mehr allein auf Lateinamerika, sondern er gilt weltweit. In diesem Sinn erweist sich Roosevelts Zusatz zur Monroe Doktrin – und die damit legitimierte Übernahme von Polizeifunktionen in der Region – als ein entscheidender Zwischenschritt auf dem Weg der USA zur globalen Schutz- oder Ordnungsmacht.