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Präsidentenwahl an der Saar-Uni
Patt-Situation gefährdet Hochschul-Autonomie

Die Universität des Saarlandes findet keinen Präsidenten. Zwar sind zwei Kandidaten in der engeren Wahl, aber der Universitätsrat und der Senat können sich nicht auf einen Wahlvorschlag verständigen. Die Patt-Situation rüttelt an der Autonomie der Hochschule.

Von Tonia Koch | 07.09.2016
    Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) äußert sich am 04.08.2015 in der Staatskanzlei in Saarbrücken (Saarland) in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
    Auch Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer konnte zunächst keine Einigung herbeiführen - und sprach ein Machtwort. (dpa / picture-alliance / Oliver Dietze)
    Die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Annegret Kramp-Karrenbauer, ist alles andere als erfreut. Sie verwaltet im Saarland in Personalunion das Hochschulressort und hat nach zunächst erfolgloser Mediation den Kontrahenten: Senat und Universitätsrat noch einmal ins Gewissen geredet.
    "Wenn die Universität den Prozess aus der Hand gibt, weil sie nicht in der Lage ist, eine Einigung zu finden und den Prozess sozusagen in die Hand der Politik zurückgibt, dann ist damit auch klar, dass die Politik diese Entscheidung treffen wird und das geht dann nicht um die Frage, welchem Gremium hält man bei und oder hält man nicht bei. Die Universität ist dann aus diesem Prozess außen vor. Ich sage es knallhart: Sie hatte dann ihre Chance."
    Die klaren Worte haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Der Universitätsrat unter der Leitung von Prof. Günter Stock, bis zum vergangen Jahr Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, kam ins Grübeln. Er hat sein abschließendes Votum auf Oktober verschoben. Das gibt den externen Experten noch einmal Gelegenheit, sich erneut mit den beiden Präsidentschaftskandidaten auszutauschen. Der eine, Prof. Uwe Hartmann ist Vizepräsident der Universität des Saarlandes und Favorit des Universitätsrates. Sein Kontrahent Dirk Bähre ist Dekan der Naturwissenschaftlichen Fakultät. Er soll für frischen Wind sorgen. Der Senat hofft, dass der Universitätsrat sich in seine Richtung bewegt. Prof. Volkhard Helms:
    "Ich setzte durchaus Hoffnungen darin, dass man den Universitätsrat im Sinne der Gesamtuniversität vielleicht davon überzeugen könnte, sein Votum zu ändern."
    ASTA-Vorsitzender hofft auf weitere Gespräche
    Der Senat, dem sämtliche Fakultäten, wissenschaftliche Mitarbeiter, das technische Personal sowie die studentischen Vertreter angehören, war zunächst davon ausgegangen, dass der Universitätsrat das Votum der Senatoren bestätigt und nicht in Opposition dazu tritt. ASTA-Vorsitzender Govinda Sichenender.
    "Ich hoffe, dass wir noch Gespräche führen können mit dem Universitätsrat, jetzt nachdem sie die Wahl verschoben haben aber die Situation ist auch generell, dass das Gesetz an der Stelle nicht sauber ist."
    Das aktuelle saarländische Hochschulgesetz sieht Senat und Universitätsrat als gleichberechtigte Instanzen. Im Hinblick auf die Präsidentenwahl sollen sie in getrennten Abstimmungen zu einem einvernehmlichen Ergebnis kommen, was nicht gelang. Deshalb wünschen sich die Vertreter der Universität künftig eine Stärkung des Senats, erläutert Prof. Helms.
    "Man könnte sich zum Beispiel Lösungen vorstellen, dass die zweite Wahl des U-Rates entfällt. Es wählt der Senat, dann wählt der U-Rat dann gibt es einen Austausch und wenn das Ergebnis unterschiedlich ist, dann würde die Meinung des Senates gelten. Oder man könnte ein gemeinsames Gremium bilden oder man könnte dem Senat eine Stimme Mehrheit geben."
    Es liegt eine von den Regierungsfaktionen CDU und SPD eingebrachte Novelle des saarländischen Hochschulgesetzes auf dem Tisch. Entsprechende Vorschläge finden sich darin allerdings noch nicht, sie werden aber im Lichte der aktuellen Blockadesituation diskutiert. Die Fraktionen sind vorsichtig und schauen aus gutem Grund in Richtung des Bundesverfassungsgerichts, sagt Volkhard Helms.
    "Wenn die saarländische Landesregierung beschließet, das Gesetz zu ändern, in einer Form, die die Autonomie unterlaufen würde, dann würde es verfassungsrechtlich schwierig werden."
    In einem Urteil vom Sommer 2014 verwirft das Bundesverfassungsgericht das niedersächsische Hochschulgesetz, weil es den Selbstverwaltungsorganen der Hochschulen, wie etwa dem Senat, keine ausreichenden Mitwirkungsrechte einräumt. Auch Pläne in Baden-Württemberg, die Universitätsräte in beratende Gremien umzuwandeln, mussten wieder eingestampft werden. Und zuletzt gab es Diskussionen über die Verfassungsmäßigkeit des Hochschulzukunftsgesetzes in NRW. So die Länder also Pläne hegen, die Autonomie der Hochschulen einzuschränken, geht das nur in den engen Grenzen, die das Bundesverfassungsgericht gezogen hat.