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Präsidentenwechsel in der Slowakei
Symbol der Hoffnung auf Reformen und Veränderungen

Zuzana Caputova wurde am Samstag als Präsidentin der Slowakei vereidigt. Die liberale Anwältin ist die erste Frau an der Spitze des Staates und sie hat schon angekündigt, dass sie vieles anders machen will als ihre Vorgänger. Aber sie wird auch von Anfang an Gegenwind bekommen.

Von Marianne Allweiss | 15.06.2019
Die neu gewählte slowakische Präsidentin Zuzana Caputova bereitet sich auf einen Fernsehauftritt vor.
Die neu gewählte slowakische Präsidentin Zuzana Caputova bereitet sich auf einen Fernsehauftritt vor. Samstag wurde sie vereidigt. (AFP / Vladimir Simicek)
Wer den Sieg von Zuzana Caputova vor zweieinhalb Monaten nur als symbolischen Achtungserfolg der Protestbewegung in der Slowakei wahrgenommen hat, wurde durch die Europawahl eines anderen belehrt: Ein liberales Bündnis holte aus dem Stand mehr als 20 Prozent der Stimmen und verwies die Langzeitregierungspartei Smer auf Platz Zwei. Eine der zwei neuen Kräfte, die Progressive Slowakei, hat die künftige Präsidentin mitaufgebaut.
"Ich freue mich sehr, dass vor allem proeuropäische Parteien gewonnen haben. Ich nehme dieses Ergebnis als Bestätigung eines Trends wahr."
Ein Trend, dem sie ein Gesicht gab, der zwar schon vor dem Mord an dem Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten eingesetzt hatte, durch diesen aber enormen Aufwind erhielt. Besonders als im Lauf der Ermittlungen das ganze Ausmaß von Filz und Korruption zwischen Politikern und Unternehmern in der Slowakei sichtbar wurde. Caputova hatte sich schon als Anwältin in der Bürgerrechtsorganisation Via Iuris gegen diese Verhältnisse engagiert und will nun den Kampf für eine unparteiische Justiz zu einem Schwerpunkt machen.
Vor allem repräsentative Aufgaben
"Es gibt einen gewissen Einfluss organisierter Kriminalität auf unseren Staat. Ich würde aber nicht sagen, die Slowakei ist ein Mafia-Staat. Allerdings haben wir ernsthafte Probleme, die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit zu sichern."
Vor ihrer Kandidatur war Caputova auch in der Slowakei relativ unbekannt, aber kein unbeschriebenes Blatt. Jahrelang hatte sie sich gegen eine Mülldeponie in ihrer Kleinstadt Pezinok in der Nähe von Bratislava engagiert – mit Erfolg. Ihr politischer Einfluss ist nun allerdings begrenzt. Ähnlich wie in Deutschland hat sie vor allem repräsentative Aufgaben, kann aber in Krisenzeiten und bei der Ernennung von Richtern und anderen Schlüsselposten mitbestimmen. Ihr Berater für Umwelt und Zivilgesellschaft, Juray Rizman, ehemaliger Greenpeace-Chef, ist sich sicher, dass sie ihren Spielraum nutzen wird:
"Die Präsidentin kann Informationen von Ministern anfordern, sie kann im Parlament auftreten und denen eine Stimme geben, die in der öffentlichen Diskussion zu hören sein sollten. Das haben wir besprochen, als es um ihre Umweltagenda ging. Im Vergleich zu ihren Amtsvorgängern wird das Thema sichtbar sein."
Parlamentswahl in acht Monaten
Auch der scheidende Präsident Andrej Kiska war für einen Wandel angetreten. Wie sie ein Quereinsteiger, ist der Ex-Unternehmer blass geblieben und hat sich mit der Regierung heillos zerstritten. Die Herausforderungen für Caputova sind seitdem noch gestiegen, meint der Politikwissenschaftler Erik Lastic.
"Sie wird auch nicht diese einjährige Schonzeit haben, die Andrej Kiska bekam. Er war auch für Teile der Smer-Wähler vertrauenswürdig, aber Zuzana Caputova werden sie an die Nieren gehen, vom ersten Tag an."
Die Parlamentswahlen in acht Monaten werden darüber entscheiden, ob sich die alten skandalbehafteten Politiker an der Macht halten können oder ob eine neue Generation in der Slowakei übernimmt. Die Härte dieses Machtkampfes hat Caputova schon deutlich zu spüren bekommen: Als geschiedene Frau mit zwei Kindern im Teenager-Alter war sie in dem katholischen Land Anfeindungen von vielen Seiten ausgesetzt. Der ehemalige Regierungschef Robert Fico hatte sie als irgendein Frauenzimmer bezeichnet, das sich um eine Müllkippe verdient gemacht hat. Die 45-jährige blieb freundlich, ruhig und authentisch.
"Die Reaktion der Menschen, denen ich begegnet bin, reichte von: Eine Frau gehört in die Küche, bis hin zu: Eine Frau kann angesichts des Verfalls unseres Staates, angesichts des Misstrauens in die Politik Symbol der Veränderung sein."
Diese Veränderung hat die Slowakei dringend nötig.