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Präsidentschaftswahl in Brasilien
"Wir werden Lula nicht aufgeben"

Die Richter des Obersten Wahlgerichts in Brasilien haben entschieden, den ehemaligen Präsidenten Lula da Silva nicht zur Präsidentschaftswahl antreten zu lassen. Er wurde wegen Korruption zu mehr als zwölf Jahren Haft verurteilt. Seine Partei will gegen die Entscheidung in Berufung gehen.

Von Ivo Marusczyk | 01.09.2018
    Lula da Silva hält ein Mikrofon und streckt einen Finger in die Höhe.
    Die Wahl soll am 7. Oktober stattfinden: wird Lula da Silva antreten können? (ZUMA Wire)
    In allen Umfragen führt er mit weitem Abstand - bis zu 40 Prozent der Brasilianer würden ihn zum Präsidenten wählen. Aber Brasiliens Oberstes Wahlgericht hat jetzt entschieden, Ex-Präsident Lula da Silva nicht zur Wahl zuzulassen. Die Richter entschieden mehrheitlich dagegen, Lulas Kandidatur anzuerkennen. Luis Roberto Barboso, einer der sieben Richter begründete seine Entscheidung mit dem Argument:
    "Hier gibt es nicht den geringsten Spielraum für eine andere Entscheidung des Gerichts. Wir stellen fest, dass ein Urteil der 2. Instanz vorliegt und dass diese Verurteilung automatisch den Kandidaten von den Wahlen ausschließt."
    Nicht alle Rechtsmittel ausgeschöpft?
    Die Arbeiterpartei hatte Lula als Kandidaten benannt, obwohl er wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche zu mehr als zwölf Jahren Haft verurteilt wurde. Lula selbst hatte in seiner Zeit als Präsident ein Gesetz verkündet, nach dem Straftäter nicht bei Wahlen antreten dürfen, wenn sie in zweiter Instanz verurteilt sind. Das ist bei ihm der Fall, das Berufungsgericht hatte seine Strafe bestätigt und sogar noch erhöht. Die Arbeiterpartei argumentiert allerdings, dass nicht nicht alle Rechtsmittel gegen das Korruptions-Urteil ausgeschöpft sind. Parteichefin Gleisi Hoffmann verbreitet über die sozialen Netzwerke eine Erklärung, dass die Arbeiterpartei auch gegen die Entscheidung des Obersten Wahlgerichts Berufung einlegen wird.
    "Man hat die Lula zustehendes Fristen nicht eingehalten, auch nicht die Verfahrensregeln. Die Entscheidung der UN-Menschenrechtskommission hat man ignoriert, die Lula das Recht auf seine Kandidatur zugesichert hatte. Man hat einen internationalen Pakt zerrissen. Wir werden Lula nicht aufgeben. Wir werden alle möglichen Rechtsmittel einlegen, um seine Kandidatur zu garantieren. Lula ist unser Kandidat. Und der Kandidat eines großen Teils des brasilianischen Volkes. Die heutige Entscheidung macht Brasilien auf der internationalen Bühne zu einem Zwerg - und nimmt dem Volk das Recht auf eine freie Wahl."
    Die Zeit ist knapp
    Allerdings wird die Zeit knapp. Die Wahl soll am 7. Oktober stattfinden, von heute an laufen die Wahl-Werbespots im Fernsehen. Die Arbeiterpartei will einen Spot ausstrahlen, in dem Lula selbst kurz auftritt.
    "Das brasilianische Volk braucht einen Traum. Und es muss jeden Tag aufstehen und diesen Traum wahr werden lassen. Wir sind doch ohnehin das fröhlichste und optimistischste Volk der Welt, zusammen können wir Brasilien wirtschaftlich und politisch wieder aufbauen. Wir haben doch schon gezeigt, dass Brasilien besser sein kann."
    Allerdings darf er nur als Unterstützer für Fernando Haddad auftreten, bis jetzt sein Kandidat für das Vize-Präsidentenamt. Die Arbeiterpartei will jetzt offenbar doppelgleisig fahren - einerseits offiziell mit Haddad in den Wahlkampf ziehen - um die wertvolle Sendezeit im Fernsehen nicht zu verlieren, andererseits juristisch weiter für eine Kandidatur Lulas kämpfen. Beobachter geben Haddad, dem früheren Bürgermeister von Sao Paulo schlechte Chancen, in die Stichwahl zu kommen. Die meisten Brasilianer kennen ihn gar nicht.