Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Präsidentschaftswahl in Österreich
Kopf-an-Kopf-Rennen jenseits der Traditionsparteien

Die Kandidaten der Grünen und der rechtspopulistischen FPÖ sind die Favoriten bei der Präsidentschaftswahl in Österreich. Gewänne einer der beiden die Wahl, wäre das ein Novum, denn bisher kamen die Präsidenten immer aus SPÖ und ÖVP. Der Ausgang des heutigen Wahltags birgt noch Überraschungspotenzial - ohnehin wird es wohl eine Stichwahl geben.

Von Ralf Borchert | 24.04.2016
    Ein Stimmzettel wird in einem Wahllokal im österreichischen Wien in eine Urne geworfen.
    Österreicher wählen einen neuen Bundespräsidenten. (picture alliance / dpa / Christian Bruna)
    Die Wahl gilt als Zäsur für Österreich. Seit dem Zweiten Weltkrieg kam der Bundespräsident bisher stets aus einer der beiden Traditionsparteien SPÖ und ÖVP. Diesmal ist alles anders. In Umfragen kurz vor der Wahl lag der frühere Parteichef der Grünen, Alexander Van der Bellen, vorn. Er hat im Wahlkampf auch Barack Obama zitiert:
    "Yes, we can."
    Warum dieser Rückgriff auf den US-Wahlkampf vor acht Jahren?
    "Dieses Yes, we can – das passt auf Österreich auch. Österreich hat in der Vergangenheit so viele Krisen gemeistert. Das ist dieses, ich glaube an Österreich."
    Der 72-jährige Wirtschaftsprofessor hat als einziger Kandidat für eine weiter offene Flüchtlingspolitik Österreichs plädiert. Und er hat angekündigt, keinen Kanzler der rechtspopulistischen FPÖ vereidigen zu wollen, was für heftige Kontroversen sorgte.
    FPÖ-Kandidat hat gute Umfragewerte
    Für die FPÖ tritt der jüngste im Kandidatenfeld an. Norbert Hofer, 45, sagt zum Thema Flüchtlinge:
    "Österreich zuerst, Österreich zuerst."
    Seinen Anhängern rief Hofer beim Wahlkampfabschluss vor dem Wiener Stephansdom zu:
    "Seid Ihr bereit, mit mir gemeinsam den Weg in die Hofburg zu gehen? Dann gehen wir diesen Weg gemeinsam. Alles Gute."
    Hofer hat im Wahlkampf nicht ausgeschlossen, eine Regierung kurzfristig zu entlassen. Ein Bundespräsident hat in Österreich mehr Kompetenzen als in Deutschland, vor allem bei der Regierungsbildung.
    In Umfragen auf Platz drei hinter Van der Bellen und Hofer lag Irmgard Griss, früher Präsidentin des Obersten Gerichtshofs;
    "Ich bin überzeugt, es ist möglich, dass ein Ruck durch das Land geht, dass eine Aufbruchsstimmung entsteht."
    Die Richterin, 69, ist parteiunabhängig und wäre auch die erste Frau im höchsten Staatsamt.
    Vermutlich kommt es zur Stichwahl
    Die Wahllokale schließen bereits um 17 Uhr. Wahrscheinlich ist, dass es in vier Wochen zu einer Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten von heute kommt. Weil bis zuletzt viele Wahlberechtigte unentschlossen waren, sind Überraschungen nicht auszuschließen. Die Chefredakteurin der Tageszeitung "Der Standard", Alexandra Föderl-Schmid, meint:
    "Ich glaube, das Norbert Hofer vorne liegen wird, weil Demoskopen sagen, aufgrund der geringen Samples ist wahrscheinlich Van der Bellen etwas zu hoch eingeschätzt. Und Frau Griss hat auch noch Chancen, aber ich glaube trotzdem, am Ende wird Norbert Hofer die Nase vorn haben."