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Praktische Hilfe für Bauern in Burkina Faso

Die Sahelzone in Westafrika gilt seit der Dürrekatastrophe von 1984 als negatives Beispiel für die Desertifikation. So nennt man die fortschreitende Verbreitung von Wüsten und wüstenähnlichen Gebieten aufgrund von Überbevölkerung und der damit einhergehenden Ausbeutung des Bodens durch Vieh und Menschen. Weite Flächen erodieren, weil das Land schutzlos der Witterung ausgesetzt ist - in den kostbaren Monaten der Regenzeit versickert das Wasser mit den Humusbestandteilen in Errosionsgräben und ist damit nutzlos für Mensch und Tier. Die Wüsten breiten sich aus. In Burkina Faso hat die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit im Patecore-Projekt äußerste wirkungsvolle und dennoch einfache Schutzmaßnahmen gegen die Desertifikation entwickelt - um die Felder werden Steinwälle gelegt.

Von Jörn Breiholz | 17.01.2003
    Vor fünf Jahren habe ich angefangen, hier Ackerbau zu betreiben. Auf dem Feld wuchs gar nichts mehr, der Boden war sehr trocken. Ich habe dann angefangen, Steine zu legen. Danach habe ich Pflanzlöcher gegraben und so habe ich dann angefangen, das Feld zu bepflanzen.

    Sana Yakuba, 32 Jahre alt, Ehemann von zwei Frauen und Vater zweier Kinder, hat sich vor fünf Jahren als Bauer selbständig gemacht: auf einer komplett erodierten Fläche von etwa einem Hektar Land. Hier wuchs gar nichts mehr, sagt er. Mit dem Know-How des Patecore-Projektes und der jährlichen Ladung Steine, die er von der deutschen GTZ, der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, erhält, kann Sana Yakuba heute genug ernten, um sich und seine Familie zu ernähren:

    Mit den Anbautechniken, die ich jetzt verwende, kann ich jedes Jahr ernten. Jetzt habe ich jedes Jahr sechs bis sieben Eselskarren Getreide. Dass ist gut, das reicht, für mich und meine Familie, um sie ein Jahr zu ernähren.

    Eine von 40.000 Familien, die sich hier auf dem Zentralplateau im Norden Burkina Fasos mit Hilfe von GTZ und DED, dem Deutschen Entwicklungsdienst, eine eigene Existenzgrundlage geschaffen haben. Nachdem nach einer jahrelangen Dürreperiode im Katastrophenjahr 1984 viele Menschen hier verhungerten und anschließend ein Großteil auswanderte, startete die GTZ 1988 das Patecore-Projekt – eines der erfolgreichsten deutschen Entwicklungshilfeprojekte Westafrikas. Das Prinzip ist simpel, erklärt Gerd Ullmann vom DED: Mit Hilfe von Steindämmen werden die Erosionsgräben, in denen das kostbare Wasser und der nährstoffreiche Boden in der Regenzeit normalerweise innerhalb kurzer Zeit versickern, zugeschüttet. Steinwälle auf den Feldern halten das Wasser und den nährstoffreichen Boden zurück:

    Durch diesen Steinwall wird das Wasser genau an dieser Stelle gebremst. Also der Steinwall ist nicht ganz undurchlässig, das heißt, das Wasser sickert langsam durch den Steinwall durch. Aber dadurch, dass das Wasser gebremst wird, kann sich der Boden, der mitgeführt wird, absetzen. Er sedimentiert im Prinzip. Die Sedimentschicht hier ist wahrscheinlich mittlerweile einen Meter oder Meter fünfzig dick. Da es gerade der gute Boden ist mit den Humusanteilen, der angeschwemmt kommt, ist es natürlich auch der gute Boden, der sich hier absetzt.

    Um das kostbare Regenwasser, das nur in der Regenzeit von Ende Mai bis Ende September in guten Jahren zwei- bis dreimal die Woche fällt, punktgenau einzufangen, gräbt der Landwirt spezielle Pflanzlöcher. In ihnen wird das Wasser keilartig direkt an das Pflanzkorn herangeführt. 12.500 Pflanzlöcher müssen für einen Hektar Sorghum, Rispenhirse, gegraben werden – eine mühselige Arbeit: 200 Löcher schafft ein Bauer am Tag – bei bis zu 40 Grad Hitze im Schatten. Die Bauern hier betreiben Substistenzwirtschaft. In guten Jahren kann ein Bauer 100 Kilo Sorghum verkaufen – für 20 bis 30 Euro. Um die erodierten Flächen mit den Steinwällen wieder fruchtbar zu machen, müssen pro Hektar 150 Euro für die LKW-Ladung Steine investiert werden – diese Investitionskosten übernimmt die GTZ im Patecore-Projekt. Wir sammeln die Steine zusammen, erzählt Simon Ouedraogo, ein Ausbildungslandwirt, der inzwischen auch andere Bauern berät:

    Wir arbeiten zusammen in einer Gruppe, so wie wir hier zusammenstehen. Wenn wir Steine transportieren möchten, gehen wir zusammen zu den Steinbrüchen und sammeln zunächst die Steine zusammen. Wenn wir genug zusammen haben, informieren wir das Patecore, um einen LKW zu bestellen.

    50.000 LKW-Ladungen Steine fährt die GTZ im Patecore-Projekt Jahr für Jahr in 400 burkinische Dörfer – ein gewaltiger Kraft- und Organisationsakt, der sich aber lohnt, sagt Melchior Landolt von der GTZ. Die Natur kommt wieder zurück in den Norden des Sahelstaates Burkina Faso – und die Menschen bleiben:

    Mit diesen Ernährungsschutzmaßnahmen hat man innerhalb von gut zehn Jahren erreicht, dass eine große Bevölkerung in drei Provinzen sich inzwischen selber ernähren kann. Das sind die positiven Auswirkungen direkt für die Bauern selber. Natürlich haben wir auch beobachtet, dass der Trend dieser Desertifikation aufgehalten werden konnte, die Natur kommt wieder zurück, das heißt die Agrarertragsfähigkeit hat zugenommen, das sind verschiedene Aspekte, nicht nur die landwirtschaftlichen Erträge haben zugenommen, sondern die gesamte Vegetation, Baumkulturen, der Wasserspiegel ist nach oben gekommen, man kann wieder die Trinkwasserbrunnen ausschöpfen mit genügend Wasser.