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Praxis und pauken

Die Hochschule Lausitz vermittelt Betriebsstipendien: Einmal pro Woche arbeiten die Studenten in einem Unternehmen mit. So können sie theoretisches Wissen in die Praxis umsetzten, etwas dazulernen und Geld verdienen.

Von Anja Paumen | 02.07.2009
    "Ich möchte das Betriebsstipendium nicht mehr missen, weil: a ist es eine Abwechslung zum Lernen, und b ist es einfach so, dass ich diverse Sachen, die ich im Unterricht oder in der Vorlesung lerne, einfach in der Praxis mal hinterfragen kann - oder das praktisch einfach besser nachvollziehen kann."

    René Kretzschmar wird unterstützt von einer Firma, die Wärmepumpen entwickelt. Jeden Freitag ist er vor Ort. In den Semesterferien oder vor Prüfungen kann er nach Absprache mit seinem Chef auch an anderen Tagen reinkommen. Der regelmäßige Kontakt zur Firma ist nicht nur eine Pflichtübung, sie schafft auch eine praktische und fachliche Anbindung, die über die Studienzeit im Idealfall hinausgehen soll.

    "Ich denke, so ein Betriebsstipendium gibt auch sicherlich die Möglichkeit, vielleicht sogar später in dem Betrieb, wo man sein Stipendium macht, übernommen zu werden oder eine Anstellung zu bekommen; oder auch mit dem Hinweis bei einer späteren Bewerbung auf ein durchgeführtes Betriebsstipendium eben doch größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben."

    Bezahlt wird René Kretzschmar jetzt schon vom Betrieb. Mit 200 Euro im Monat hat er angefangen, so hat es die Hochschule festgelegt; und mit fortschreitendem Studium soll die Bezahlung steigen.

    Schließlich profitiert der Betrieb von seinem Wissen, das er aus den Vorlesungen im Studiengang Versorgungstechnik mitbringt. Umgekehrt hat René Kretzschmar für eine Seminararbeit seine Erfahrungen aus dem Betrieb schon nutzen können.

    Die Hochschule wiederum hat die Prüfungsordnungen verändert, damit der Betriebsstipendiat alle Studientermine einhalten kann. Es gibt sogar zusätzliche Möglichkeiten, erklärt Professor Winfried Schütz von der Hochschule Lausitz.

    "Der Student, der die Doppelbelastung nicht ganz tragen kann, dem ermöglichen wir ein Semester länger zu studieren, ohne dass er irgendwelche Nachteile erleidet; das heißt, keine Prüfungsfristen laufen. Er hat keinerlei Nachteile und kann trotzdem - dann eben nicht in sechs Semestern sondern dann in sieben Semestern - sein Studium regulär abschließen und hat in dieser Zeit eine Teilfinanzierung seines Studiums, Praxiserfahrung und Motivation gewonnen."

    Gerade der Praxisteil wird im streng gestrafften Bachelor Studium immer wichtiger. Mit dem Betriebsstipendium kann ein Student den wichtigen Bezug zur Berufswelt schon während seines Studiums herstellen. Das beflügelt das Studieren glaubt Professor Winfried Schütz vom Studiengang Versorgungstechnik.

    "Wir im Studium vermitteln Grundkenntnisse und machen Planungsübungen. Aber Übungen heißt immer: Wir üben. Aber am Ende bleibt die Übung als Papier auf dem Schreibtisch liegen. In der Praxis ist das anders. Dort wird es umgesetzt. Dort sieht man plötzlich, dass etwas entsteht. Und gerade wenn man praktische Erfolge sieht, wenn der Kunde zufrieden ist, wenn die Anlage funktioniert, die man vorher nur auf dem Papier geplant hat, das macht eigentlich zufrieden und gibt Motivation."

    Hoch motiviert gehen auch die regionalen Betriebe in die Kooperation. Sie hoffen durch die Studenten Nachwuchskräfte gewinnen zu können. Dabei vermittelt die Industrie- und Handelskammer Cottbus die Kontakte zwischen Lausitzer Wirtschaft und Wissensschmiede. Der Geschäftsführer der IHK Cottbus, Wolfgang Krüger, ist vom Erfolg überzeugt.

    "Die Hochschule Lausitz - ehemals Fachhochschule Lausitz - hatte schon ohnehin je eine stärkere Praxisorientierung, als eine klassische Universität. Und insofern bot sich das gerade idealiter an, dass die HL hier den Wegbereiter für dieses Modell macht."

    Wegbereiter, das heißt, dass jetzt schon andere Universitäten neugierig auf das Betriebsstipendium schauen. Es könnte ein Modell werden, das Schule macht.