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Presse- und Meinungsfreiheit in Kuba

Fidel Castros Zeit als Herrscher über das kommunistische Kuba ist abgelaufen. Doch was wird nun aus dem Land? Werden Castros Leute das Werk des Leader Massimo weiterführen? Oder steht die Insel unmittelbar vor einem radikalen politischen Machtwechsel? Ein Besuch in Paris bei dem seit Juni im Exil lebenden kubanischen Journalisten Jésus Zuñiga.

Von Margit Hillmann | 04.09.2006
    Der Exil-Kubaner und Journalist, Jésus Zuñiga und sein französischer Berufskollege, Benoit Hervieu in einem Büro des "Maison des Journalistes": Wie zwei Freunde sitzen die beiden Männer nebeneinander auf dem kleinen Kanapee und scherzen. Sie fühlen sich einander verbunden. Beide haben sich persönlich für Presse- und Meinungsfreiheit in Kuba engagiert. Der Franzose als Mitglied der Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen", indem er bedrohte und verfolgte kubanische Kollegen unterstützt; der Kubaner als unabhängiger Journalist und Autor, der die Verbote des Regime Fidel Castros ignoriert und für ausländische Medien über die Realitäten des Landes berichtet hat.

    "Kuba ist eine echte Diktatur", sagt Jésus Zuñiga und meint, er müsse es noch mal klar stellen. Denn, erklärt der Kubaner, er mache in Gesprächen immer wieder die Erfahrung, dass viele Europäer die kubanische Diktatur verharmlosen. Sie assoziieren seine Heimat mit guter Musik, Che Guevara und dem imposanten, Zigarre rauchenden Leader Massimo, der seit Jahrzehnten den Amerikanern trotzt.

    " Wie unter allen Diktaturen gibt es auch in Kuba keine Meinungsfreiheit. Nicht für die Bevölkerung, nicht für die Intellektuellen und schon gar nicht für Regimekritiker. Wer in Kuba eine Meinung vertritt, die von der offiziellen Regierungsposition abweicht, unerwünschte Informationen verbreitet oder gar kritisiert, geht ein sehr hohes persönliches Risiko ein."

    Jésus Zuñiga weiß wovon er spricht. Er selbst wurde im Juni dieses Jahres von Vertretern des kubanischen Regimes vor die Wahl gestellt, entweder das Land zu verlassen oder aber ins Gefängnis zu gehen.

    " Ich musste Kuba aus zwei Gründen verlassen: Einmal wegen meiner journalistischen Arbeit. Zum Anderen, weil für Ende September eine Konferenz der blockfreien Staaten in Havanna geplant ist und die Regierung Dissidenten möglichst fernhalten will, damit sie dem Image Kubas nicht schaden. "

    Was regimekritischen Journalisten droht, die in Kuba vor Gericht gestellt werden, hat Jésus Zuñiga gesehen. Vor drei Jahren, während des so genannten "kubanischen Frühling", wurden 27 seiner Kollegen verhaftet. Unabhängige Journalisten wie er, die für ausländische, vor allem amerikanische Medien aus Kuba berichtet hatten. Außerdem - einmalig seit der Machtergreifung Fidel Castros - hatten die Journalisten zwei Untergrundzeitungen Zeitungen herausgebracht. - In einem Land, in dem nicht-staatliche Medien streng verboten sind. Die festgenommenen Journalisten wurden zu Gefängnisstrafen zwischen 14 und 27 Jahren verurteilt. - Auf der Grundlage des berüchtigten Gesetzes "88", , das Kubas Souveränität schützen soll, gegen eine im Ausland organisierte 'imperialistische' Unterwanderung des kommunistischen Kuba. Tatsächlich wird das Gesetz dem Castro-Regime immer wieder benutzt, um kubanische Dissidenten mit Kontakten zum Ausland aus dem Verkehr zu ziehen und mundtot zu machen. Dieses Knebelgesetz wird auch jetzt sicher wieder zum Einsatz kommen, glaubt der Kubaner, Jésus Zuñiga.

    " Es ist ganz klar, dass das kubanische Regime seit einiger Zeit, insbesondere aber seit der Erkrankung Fidel Castros, eine Destabilisierung ihrer Macht extrem fürchtet. Ich weiß von Freunden in Havanna, dass jetzt noch mehr überwacht wird und sich die Einschüchterungsversuche gegen Dissidenten multiplizieren. Von den ohnehin schon schwierigen Arbeitskonditionen und stark eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten unabhängiger Journalisten, die nicht einmal freien Zugang zum Internet haben, ganz zu schweigen. Das heißt, es wird in Kuba zurzeit alles getan, um schon die geringsten Forderungen nach mehr Freiheit sofort im Keim zu ersticken. Der sich ankündigende Übergang auf einen Nachfolger Fidel Castros wird also nicht in einem Klima der Perestroika nach osteuropäischem Muster geschehen. Der Übergang wird zunächst von noch mehr staatlicher Repression begleitet sein."

    Eine Einschätzung, die auch Benoit Hervieu von den französischen Reportern ohne Grenzen teilt. Informanten der Menschenrechtsorganisation zufolge hat sich die schwierige Situation regimekritischer Journalisten in den vergangenen Monaten eher noch verschlechtert. Keine Spur von einer politischen Aufbruchstimmung in Kuba, sagt Benoit Hervieu:

    " Bereits von November 2005 bis März 2006 gab es wieder eine Art Hochkonjunktur repressiver Politik gegen regimekritische Kubaner. Davon betroffen auch wieder mehrere Journalisten. Wie schon 2003, kam dabei eine ganz besondere Methode zum Einsatz. Es werden von der Regierung militante Fidel-Castro-Anhänger vor die Häuser der Dissidenten geschickt. Sie haben den Auftrag, die Bewohner mit Geschrei, Beschimpfungen und Gewaltandrohungen einzuschüchtern. Ein weiterer Punkt sind die 2003 verhafteten Journalisten. Sie sitzen nach wie vor im Gefängnis. Inzwischen wurden sogar drei weitere Journalisten verhaftet und eingesperrt, ohne dass offiziell Anklage erhoben oder ein Gerichtsurteil gefällt wurde. "

    Obwohl der seit Juni im Pariser Haus der Journalisten lebende Exilkubaner Jésus Zuñiga sich auf einen längeren Aufenthalt in Frankreich einstellt, hat er die Hoffung auf einen politischen Wechsel in Kuba nicht aufgegeben. "Es ist eine Frage der Zeit", sagt er. In einigen Monaten gibt es vielleicht ein paar Überraschungen. Denn die Macht der Castros und ihrer Anhänger, davon ist der Exilkubaner doch überzeugt, beginnt doch zu bröckeln.