Mittwoch, 24. April 2024

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Presseähnlichkeit
Was dürfen Amtsblätter?

Die Stadt Dortmund verstößt mit ihrem Onlineauftritt gegen das Gebot der Staatsferne der Presse - das hat das Landgericht Dortmund entschieden. Amtsblätter und städtische Webpräsenzen gehörten zur Vielfalt, dürfen jedoch keine publizistische Konkurrenz sein, so Christian Erhardt vom Fachmagazin "Kommunal".

Christian Erhardt im Gespräch mit Christoph Sterz | 11.11.2019
Eine Ausgabe des Amtsblattes der Stadt Crailsheim wird von zwei Händen gehalten. Dahinter das Schild des Bundesgerichtshofes.
Nach dem Stadtblatt Crailsheim wurde jetzt auch das Amtsblatt der Stadt Dortmund als presseähnlich eingestuft (dpa/Susanne Kupke)
Vor Gericht argumentierte das Medienhaus Lensing, das unter anderem die "Ruhr-Nachrichten" verlegt: "Es ist das Recht der freien Presse, Informationen zu filtern und nach Relevanz einzuordnen. Es kann nicht sein, dass der Staat Korrektiv der freien Presse wird, wenn ihm die öffentliche Berichterstattung nicht passt."
Das Landgericht Dortmund gab Lensing Recht: Die Internetseite der Stadt dürfe in Inhalt und Aufmachung nicht dem Angebot eines Medienunternehmens gleichen, so das Urteil des Richters.
Christian Erhardt, Chefredakteur von "Kommunal", einem Fachmagazin für Bürgermeister, Kommunalpolitikerinnen und Verwaltung, sieht das Urteil als Chance für die Gemeinden: "Das Gericht sagt sehr deutlich, die Gemeinden dürfen ihrer Informationspflicht nachkommen - das heißt: Gemeindeblätter und Amtsblätter sollen sich und ihre Politik erklären. Sie sollen nur nicht über die Dinge berichten, die drumherum passieren."
Allgemeine Themen sind für Amtsblätter tabu
Die Kommunen sollten zum Beispiel nicht über die Meisterfeier eines Fußballvereins berichten, so Erhardt, sondern: "Berichten Sie über die Ehrenamtlichen hinter den Kulissen bei so einem Fußballspiel, über den Anteil, den die Gemeinde hat: Wie kommt der Strom auf die Wiese? Wie sieht das mit ordnungsrechtlichen Dingen wie Parkplätzen aus? Das ist ursächliche Aufgabe für die Kommunen."
Auf der Internetseite vieler Städte finden sich jedoch Artikel, die sehr journalistisch wirken: Auf der Website der Stadt Köln findet sich zum Beispiel ein Artikel mit der Überschrift "Karnevalslieder 2019/2020 - unsere Playlist bringt euch in jecke Stimmung!". Bei münchen.de gibt es einen Text über "9 besondere Fahrradläden". Und auf hamburg.de steht eine Nachricht darüber online, dass das "Atomkraftwerk Brokdorf wegen Reparatur vom Netz" muss.
Für Erhardt ein klarer Fall von Artikeln, die auf den Internerauftritten von Städten eigentlich nichts zu suchen haben: "Das stellen wir überhaupt fest: Dass in diversen Großstädten sich häufig nicht auf das konzentriert wird, was die eigentliche Aufgabe ist." Dies sei laut Erhardt allerdings eine Ausnahme - von den rund 11.000 deutschen Kommunen kämen weit über 10.000 ausschließlich ihrer Informationspflicht nach.