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Primus: Tests den Verbrauchergewohnheiten anpassen

Huberts Primus sagt, dass die Stiftung Warentest ihre Ergebnisse künftig stärker über das Internet "an den Mann bringen" müsse. Der Chef der unabhängigen Verbraucherschutzeinrichtung kündigt an, vermehrt digitale Geräte und Dienste testen zu wollen.

Hubertus Primus im Gespräch mit Georg Ehring | 02.01.2012
    Georg Ehring: Ob Mobiltelefon, Krankenversicherung oder Nuss-Nougat-Creme - wenn die Stiftung Warentest ein Produkt als gut oder sogar sehr gut getestet hat, dann fördert dies den Verkauf enorm, umgekehrt ist ein im Test durchgefallenes Produkt oft kaum noch abzusetzen. Die Stiftung Warentest setzt sich von anderen Verbraucherschutzeinrichtungen durch ihren öffentlichen Auftrag und die Unabhängigkeit einer Stiftung ab. Doch gerade in den vergangenen Jahren machen Wettbewerber wie kommerzielle Vergleichsportale ihr erfolgreich Konkurrenz. Seit Anfang des Jahres, also seit gestern, hat sie einen neuen Vorstand, Hubertus Primus, bisher Chefredakteur der Zeitung "Test". Guten Tag, Herr Primus!

    Hubertus Primus: Guten Tag, Herr Ehring!

    Ehring: Herr Primus, neue Besen kehren gut, sagt der Volksmund. Was wollen Sie denn anders machen als ihr Vorgänger Werner Brinkmann?

    Primus: Also zunächst bleibt es natürlich dabei, dass die Stiftung Warentest objektive, wissenschaftlich ermittelte Informationen für die Verbraucher produzieren muss, das ist unsere Hauptaufgabe. Aber natürlich muss man einige Akzente neu setzen: Wir sind im digitalen Zeitalter, wir müssen viel stärker unsere Ergebnisse noch über das Internet an den Mann bringen, wir müssen uns den Verbrauchergewohnheiten anpassen, sowohl was die Verbreitung unserer Information angeht, als auch natürlich in dem, was wir testen.

    Ehring: Was wollen Sie denn künftig mehr testen und was weniger?

    Primus: Wir richten uns danach, was für den Verbraucher relevant ist. Das ist ganz wichtig, und da kommen natürlich unsere ganzen Geräte im digitalen Zeitalter, die kommen immer mehr in den Vordergrund. Die sozialen Netzwerke kommen in den Vordergrund, das Leben sieht ja heute ganz anders aus, und in der Richtung - Datenschutz ist ein Punkt - werden wir Schwerpunkte setzen.

    Ehring: Die Herausforderung ist ja gewachsen, durch Internetportale und auch durch Spezialblätter, die sich in Einzelthemen wie Strompreisvergleiche, Mobiltelefone oder Computer auch viel tiefer einarbeiten können als Generalisten wie Sie. Wie wollen Sie denen denn auf Dauer Paroli bieten?

    Primus: Sie haben das Stichwort schon genannt: Unabhängigkeit - das ist der Punkt. Unabhängig, neutral, objektiv ermittelt, solche Portale sind oft interessengesteuert, da stehen Anbieter dahinter, da ist gar nicht der beste Rat für den Verbraucher das, was rauskommt, sondern eine anbietergesteuerte Meinung. Und da halten wir dagegen. Wir prüfen solche Portale von Zeit zu Zeit, und wir haben auch eigene Informationen, wenn Sie unser Krankenversicherungsportal nehmen - wir werden auch bei den Telefontarifen stärker einsteigen, da eine Datenbank anbieten. Wir werden selber mitmischen und wir haben eine Alleinstellung, weil bei uns sind die Informationen wirklich objektiv ermittelt und werden von keinem Anbieter gesteuert.

    Ehring: Wie unabhängig sind Sie denn von staatlichen Vorgaben als öffentliche Stiftung?

    Primus: Wir finanzieren uns zu 90 Prozent selber. Wir haben erfreulicherweise von Frau Ministerin Aigner ein Stiftungskapital bekommen, und die dritte Säule ist dann noch eine jährliche Zuwendung, die wir bekommen dafür, dass wir keine Werbung machen, dass wir keine Anzeigen aufnehmen, dass wir wirklich unabhängig sind. Wenn man auch betrachtet, in den vergangenen Jahren - das kann ich ja gut beurteilen, weil ich da schon zur Geschäftsleitung gehörte -, der Einfluss des Staates ist gar nicht da. Der Staat greift nicht an, die Unternehmen, wenn direkt, die meckern wollen oder Beschwerde haben, werden direkt an uns verwiesen, und mit denen setzen wir uns auseinander. Wir haben einen sehr, sehr großen Grad an Unabhängigkeit.

    Ehring: Wenn ich mit Testergebnissen in ein Geschäft gehe, dann heißt es oft: Dieses Modell gibt es gar nicht mehr, obwohl der Test gar nicht so alt ist. Müssen Sie schneller werden?

    Primus: Wir müssen schneller werden, wir werden aber auch schneller, gerade was die technischen Geräte angeht, pflegen wir heute Datenbanken im Netz. Die Zeiten, wo wir Tests an einem Stichtag gemacht haben, da eingekauft haben, was im Laden erhältlich war, die sind vorbei. Wir kaufen die Modelle, die neu auf den Markt kommen. Wenn Sie heute Digitalkameras, Fernseher, Handys nehmen, dann haben wir da Datenbanken, die wir im Internet pflegen. Also wir müssen natürlich immer schneller werden, allerdings darf das natürlich nicht zulasten einer sorgfältigen Prüfung gehen, und es darf nicht zulasten eines anonymen Einkaufs gehen. Wir können natürlich nicht Presseexemplare oder ähnliches testen und kriegen da Modelle untergeschoben, sondern wir müssen schon die Prinzipien unserer Arbeit wahren, können dabei aber gerade durch das Internet noch schneller werden, und diese Beschwerden lassen eigentlich auch nach.

    Ehring: Was raten Sie den Verbrauchern, die sich nicht nur auf ihre Testergebnisse verlassen wollen, sondern die sich auch selbst ein Urteil bilden wollen? Wie sollte man ins Geschäft gehen?

    Primus: Man sollte immer vergleichen, das ist ja die Grundregel. Also nicht nur in ein Geschäft gehen und sich beraten lassen, sondern mehrere Meinungen einholen. Man sollte sich vorher überlegen, was einem an einem Gerät besonders wichtig ist, welche Schwerpunkte man setzt, wofür man das Gerät braucht. All das muss man vorher überlegen, und dann kann man schon einen vernünftigen Einkauf tätigen.

    Ehring: Hubertus Primus von der Stiftung Warentest, herzlichen Dank!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.