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Prinz Harry und Meghan Markle
Windsor wartet auf die Hochzeit des Jahres

Bis die Glocken läuten, ist ein ganzes Land in Aufruhr: Mit der royalen Hochzeit präsentiert sich die britische Monarchie in ganz Europa. Der Imagegewinn gerade in Zeiten des Brexits ist enorm, der Aufwand für die Vorbereitungen jedoch auch.

Von Friedbert Meurer | 18.05.2018
    Magnete in Herzform mit dem Bild von Meghan Markle und Prinz Harry. Darunter Magnete mit dem Logo der Londoner U-Bahn.
    Devotionalien zur Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle (imago stock&people, Matt Crossick/ EMPICS Entertainment)
    Die St. Georg's Chapel in Windsor, sie ist so groß wie eine Kathedrale. An ihrem Ende flutet das Licht an diesem sonnigen Tag durch die Glasfenster aus dem 16. Jahrhundert. Vom Altar aus, wo die beiden ihr Versprechen abgeben werden, sind es nur fünf oder sechs Meter zum Grab König Heinrich VIII., der bekanntlich sechs Mal geheiratet hat. Seine Gebeine ruhen an dieser Stelle unter der St. Georg's Chapel.
    Das kleinen Städtchen Windsor liegt malerisch unten an der Themse. Die Einwohner blicken ein wenig skeptisch dem Ansturm entgegen. "Ich freue mich für die beiden. Mal sehen, was für ein Chaos auf uns in Windsor zukommt. Es ist viel Polizei hier. Wir hatten hier nie so eine große Hochzeit."
    Der Polizeieinsatz ist immens und wird geschätzt 34 Millionen Euro kosten. Der Schutz gilt auch den vielen Besuchern. Harrys Bruder William hat in London geheiratet in der St. Pauls Kathedrale, ihr Vater Charles und ihre Mutter Diana in der Westminster Abbey. Harry als Thronfolger Nr. 6 heiratet sozusagen eine Nummer kleiner. Aber die Chapel ist prächtig und ein würdiger Rahmen mitten im Schlossgelände von Windsor Castle.
    Helen wohnt in Ohio in den USA. Das Interesse dort sei groß, weil Meghan Amerikanerin ist. "Ich mache hier Fotos und schicke sie an meine Freunde in Amerika, um zu zeigen, wo sie heiratet." John ist Brite und ihr Ehemann. Sein Vater hat für die Royal Airforce als Pilot für die Queen gearbeitet. An Weihnachten gab es immer eine persönliche Karte von der Queen an die Familie. "Die Monarchie ist eine tragende Säule. In schwierigen Zeiten können wir zu ihr aufschauen. So sehe ich das."
    "Wenn mir die Queen etwas sagt, dann mache ich das"
    Vor dem Eingang zum Castle sitzen die Touristen in der warmen Sonne. Zwei ältere Frauen aus der Grafschaft erklären, dass ihre Monarchie sehr wohl auch ins 21. Jahrhundert passe. "Wir leben im 21. Jahrhundert, aber wollen wir wirklichen einen Republikaner? Nein, sicher nicht. Ich will jetzt nicht kontrovers werden. Aber ich will nicht, dass mir ein kleiner Jeremy Corbyn sagt, was ich tun soll. Wenn mir die Queen etwas sagt, dann mache ich das."
    Die Stadt Windsor ist fest in Tory-Hand, hier gibt es für Jeremy Corbyns Labour-Partei nicht viel zu holen. Einige Wochen vor der Hochzeit sorgte der Fraktionsvorsitzende der Konservativen im Stadtrat von Windsor für Empörung. Die Polizei solle dafür sorgen, dass nicht so viele Obdachlose in den Straßen liegen und die Hochzeit stören. Er ruderte etwas zurück, er habe ja nur die Obdachlosen gemeint, die extra von weit her kämen.
    In der Fußgängerzone gleich um die Ecke sitzt ein Obdachloser auf der Straße. Vor ihm ein Plastikbecher mit einigen Geldmünzen. "Das Problem mit uns gibt es so lange. Er sollte uns lieber helfen, dass wir eine Unterkunft bekommen, anstatt uns fernzuhalten. Die einzigen Obdachlosen, die ich hier in Windsor gesehen habe, sind Briten."
    Rückbesinnung für die Leute
    Die Touristen in der Fußgängerzone und am Castle kommen aus der ganzen Welt. Unter ihnen sind auch die beiden Saarländer Kristina Loch und Jan Lindemann.
    "Es ist schon was Interessantes. Gerade weil es das in anderen Ländern nicht unbedingt gibt. Und hier gibt's das und es macht halt irgendwie schon noch so etwas Besonderes." "Ich denke auch, dass das in unserer Zeit noch mal eine gewisse Rückbesinnung gibt für die Leute. Es gibt dann noch mal schon so ein Flair von Vergangenheit."
    Dieses Flair von Vergangenheit wird hunderte Millionen Menschen weltweit veranlassen, vor dem Fernseher zu sitzen, wenn das Brautpaar in der Kutsche durch die Straßen von Windsor fährt. Gleich am Anfang der Strecke liegt rechts das Castle Hotel, dort ist das internationale Medienzentrum. Deborah Bonetti ist Direktorin der "Foreign Press Association", der Vertretung der Auslandspresse, und berichtet vom Ellenbogenkampf der Fernsehanstalten.
    Qualität und Quoten
    "Natürlich gibt es zum Beispiel unter den deutschen Journalisten Konkurrenz. Mehr als zwischen Deutschen und Franzosen, Deutschen und Italienern, Chilenen oder Mexikanern." Die Medien in den jeweiligen Ländern konkurrieren um die besten Plätze, Experten im Studio und damit letztlich um Qualität und Quoten. Am Ende des Tages aber soll es für alle Journalisten nach getaner Arbeit die gleiche Torte geben wie für die Royals.
    "Wir haben die gleiche vierstöckige Limonen- und Holundertorte bestellt, die auch Harry und Meghans Gäste bekommen. Bei uns backt sie aber ein Bulgare, der ihn London lebt. Das haben die bulgarischen Journalisten herausbekommen und machen eine eigene Geschichte über ihn."
    Mit der Hochzeit präsentieren sich die Monarchie und Großbritannien in ganz Europa – und der Welt. Der Imagegewinn gerade in Zeiten des Brexits ist enorm. Unweit des Hotels befestigt ein Straßenbauarbeiter Klebestreifen auf das Pflaster. Er ist Ire – und hat mit den Royals nicht viel am Hut. "Ich bin Ire, kein Engländer. Ich stehe nicht so auf sie. Ich muss hier ziemlich hart arbeiten."
    Gegenüber sitzt immer noch der Obdachlose – die Polizei hat sich geweigert, dem Wunsch des Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat zu entsprechen. Wo er am Tag der Hochzeit sein wird, weiß der wohnungslose Brite noch nicht. Und dann wünscht er noch dem Brautpaar alles Gute. "Ich weiß nicht, wie viel die Royals zu sagen haben. Ich hege keinen Groll gegen sie. Wenn die beiden glücklich sind, dann bin ich das auch für sie."