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Private Altersvorsorge
Was am Ende übrig bleibt

Als Reaktion auf die Finanzkrise haben die Notenbanken das Geld billig gemacht. Die Folge sind Mini-Zinsen. Sparpläne, Fonds und Lebensversicherungen werfen deswegen kaum noch Rendite ab. Für die private Altersvorsorge, um die sich seit der Rentenreform 2001 jeder Arbeitnehmer bemühen soll, ist das ein Problem.

Von Michael Braun | 25.02.2016
    Man sieht Geldscheine auf einer roten Bettdecke unter einem Kopfkissen.
    Die private Altersvorsorge leidet unter den Niedrigzinsen. (picture-alliance / dpa / Thomas Eisenhuth)
    "Alles gut? Ja. Dann begrüße ich Sie jetzt ganz offiziell."
    Ein Internetseminar der Plattform „Masterhora“, die sich als berufliches Netzwerk für Menschen über 55 versteht. Geschäftsführerin Marion Kopmann hat zu diesem Webinar eingeladen. Das Thema: Finanzielle Sicherung im Alter.
    "Wenn niedrige Zinsen die Altersvorsorge auffressen, ein sicher martialischer Titel und die Zeiten sind ja auch martialisch."
    Seminar-Teilnehmerin Silke Krieger, seit 30 Jahren selbständige Grafikerin, schildert ihre enttäuschten Erwartungen:
    "Und jetzt vor dem Dilemma stehen, was mache ich jetzt mit den Auszahlungen, die mich jetzt erreichen und bei denen man natürlich auf eine renditestarke Anlage gesetzt hat, die jetzt so nicht kommt?"
    Eine Demonstrantin zeigt am 04.10.2014 in Berlin ein Schild mit der Aufschrift "Ich fordere: Mindestrente Euro 1250,-".
    Vielen Menschen droht in Deutschland im Alter die Armut. (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
    Altersarmut nennt man das Problem. Es mag bekannt sein. Gelöst ist es nicht. Es könnte sich sogar noch verschärfen. Zuletzt betrug die Durchschnittsrente aus der staatlichen Rentenversicherung im Westen Deutschlands knapp 800 Euro monatlich. Das reicht in vielen Fällen nicht. Deshalb wollte der Gesetzgeber schon mit der Rentenreform im Jahr 2001 die Absicherung im Alter verbessern – durch staatlich unterstützte private Vorsorge.
    Arbeitnehmer sollen privat vorsorgen
    Die gesetzliche Rente ist umlagefinanziert, das heißt, heutige Arbeitnehmer bezahlen mit ihren Beiträgen die Renten von heute. Im Jahr 2001 wurde die gesetzliche Rente gekürzt, um die Beiträge und damit auch die Lohnnebenkosten für die Unternehmen zu reduzieren. Stattdessen sollen Arbeitnehmer privat vorsorgen, mit der kapitalgedeckten Riester-Rente, die staatlich gefördert wird. Wer riestert, spart eigenes Kapital an, um es in der Rentenphase wieder aufzuzehren. In der Wissenschaft wird die Lösung immer noch gut geheißen: Alexander Ludwig, Professor für öffentliche Finanzen und Schuldenmanagement an der Universität Frankfurt:
    "Ich glaube, die Antwort, die wir damals gegeben haben, war genau die richtige, zu sagen, dass in der umlagefinanzierten Komponente, wir müssen die zurückschrauben, weil wir die Beitragsbelastung nicht so sehr ansteigen lassen wollen, weil wir sonst zu viel auf dem Faktor Arbeit und damit auf den Lohnnebenkosten auf der Firmenseite an Kosten haben werden durch das System. Wir brauchen ein gesundes Mischsystem der beiden Säulen. Und da sind wir genau auf dem richtigen Weg."
    Das aktuelle Problem ist aber: Ausgerechnet die kapitalgedeckte Säule schwächelt. Das musste etwa das Versorgungswerk der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen gerade seinen Mitgliedern erklären. Die hatten gehört, die gesetzliche Rente werde im Westen Deutschlands um 4,35 Prozent steigen. Das Versorgungswerk hatte seinen Rentnern aber eine Nullrunde angekündigt.
    Denn die Versorgungswerke sind kapitalgedeckte Systeme. Und die spüren die niedrigen Zinsen. Das angesammelte Kapital wirft kaum noch Ertrag ab. Als die Riester-Rente verabschiedet wurde, lagen die Leitzinsen in Euroland noch bei 4,5 Prozent. Doch während der Finanzkrise machten die Notenbanken das Geld billig, sehr billig. In der Eurozone liegt der Leitzins seit Mitte 2009 bei einem Prozent und seit Herbst 2014 bei nur noch 0,05 Prozent. Und EZB-Präsident Mario Draghi hat angekündigt, bei der nächsten Ratssitzung, am 10. März also, noch eins draufzulegen: Der Rat habe die Macht, den Willen und die Pflicht zu handeln, und zwar – innerhalb seines Mandats – ohne jede Grenze:
    "The Governing Council reiterates that it has the power, the willingness, the determination to act, and the fact that there are no limits to our action, within our mandate of course."
    Lebensversicherungen haben an Attraktivität verloren
    Die Folge ist, dass sichere Geldanlagen kaum noch Rendite abwerfen. Deutsche Bundesanleihen etwa haben bis in Laufzeiten von acht Jahren hinein negative Renditen: Wer sie kauft, zahlt also drauf. Und Anleihen mit zehn Jahren Laufzeit bringen gerade mal 0,25 Prozent. Eine herbe Situation, findet Gisela Färber, Professorin für Wirtschaftliche Staatswissenschaften an der Universität Speyer:
    „Für die kapitalgedeckte Altersvorsorge ist das natürlich eine mittlere Katastrophe, denn wir haben ja viele Reformen in den letzten 15 Jahren gemacht auch mit Blick darauf, dass wir dieses umlagefinanzierte System der gesetzlichen Rentenversicherung ergänzen wollten mit dem kapitalgedeckten System, was dann einfach andere Risiken abdeckt und anders strukturiert ist. Wir haben uns damals, als die Reformen gemacht worden sind, eigentlich viel zu hohe nicht nur Nominal-, sondern auch Realzinsen hochgerechnet, das heißt: das, was wir damals an Renditeerwartungen mit den betrieblichen und privaten Altersvorsorgeprodukten erwartet haben, tritt so nicht mehr ein in der Zukunft. Und das ist natürlich ein Resultat dieser Notenbankpolitik.“
    Eine in Deutschland sehr beliebte Altersvorsorge, die Lebensversicherung, hat deshalb schon deutlich an Attraktivität verloren. Zumindest Policen mit garantierter Verzinsung.
    Auch anderswo klemmt es, weil feste Rentenzusagen und wirtschaftliche Möglichkeiten auseinanderklaffen: bei den Betriebsrenten. Masterhora-Geschäftsführerin Marion Kopmann ist in ihrem Webinar auch bei diesem Thema angekommen:
    "Dann müssten doch jetzt die Betriebsrenten oder die betrieblichen Altersversorger ähnlich unter Druck stehen, wie das die Lebensversicherungen sind. Oder nicht? Natürlich, alle Anlageformen sind ähnlich unter Druck."
    Etwa 60 Prozent aller Beschäftigten haben ein Anrecht auf eine Betriebsrente. Das ist nicht nur bei großen börsennotierten Unternehmen so. Im Handwerk sind Betriebsrenten zwar selten, in anderen Branchen aber durchaus verbreitet, weiß Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft:
    "Das Thema ist für die gesamte Wirtschaft bedeutsam. Denn natürlich haben Unternehmen, auch Familienunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen über betriebliche Altersvorsorgesysteme Antworten auf die Frage formuliert, wie ist die Sicherung im Alter, also wie kombinieren wir die gesetzliche Umlagerente mit der Möglichkeit, dass die Unternehmen etwas tun können für die Beschäftigten, gleichzeitig die Beschäftigten auch binden. Das hat ja eine lange Tradition."
    Der Arbeitgeber hat sich bisher meist verpflichtet, altershalber ausgeschiedenen Mitarbeitern eine feste Rente zuzusagen. Dafür müssen die Unternehmen Rückstellungen bilden, also Geld zurücklegen, um daraus die zugesagten Renten bezahlen zu können. Je tiefer der Zins, umso geringer der Ertrag dieses zurückgestellten Geldes, und umso höher – zum Ausgleich – die Zufuhr neuen Geldes in die Rückstellungen.
    Fast alle Branchen spüren die Last der Niedrigzinsen
    "Sodass die derzeitige Niedrigzinsphase dazu führt, dass die Verpflichtungen dramatisch steigen, dass die Eigenkapitalbasis der Unternehmen sinkt. Und dementsprechend einerseits Ausschüttungen in geringerem Umfang möglich sind, andererseits aber auch Unternehmen in Schwierigkeiten geraten können, die ansonsten kerngesund sind."
    Sagt Thomas Jasper von der Unternehmensberatung Willis Towers Watson. Gerade in der aktuellen Phase, wo die Bilanzen des Jahres 2015 fertig gestellt werden müssen, herrsche Unruhe in den Unternehmen, bestätigt Commerzbank-Chef Martin Blessing:
    "Ist ein Thema. Alle sehen natürlich die niedrigeren Zinsen. Das macht gewissen Druck auf die Pensionsrückstellungen."
    Bei der Commerzbank waren es für voriges Jahr allein 200 Millionen Euro. Für die Aktionäre blieb mit 250 Millionen Euro nur wenig mehr als Ausschüttung übrig. Fast alle Unternehmen auch anderer Branchen spüren die Last. Der Hessische Rundfunk zum Beispiel gibt schon für die Altersversorgung gut die Hälfte dessen aus, was er für Löhne und Gehälter aufbringt. Auch Klaus-Dieter Scheurle, oberster Geschäftsführer der Deutschen Flugsicherung, klagt:
    „Zu den Pensionsverpflichtungen, die eine beträchtliche Bürde für uns finanziell ausmachen. Sie müssen sich vorstellen, dass eine Zinsminderung von ein Prozent unsere Verpflichtungen bilanziell um ungefähr 900 Millionen Euro erhöht. Ja. Also, der Swing ist gewaltig und reißt unsere Bilanz in tausend Stücke.“
    Es waren die Beschäftigten der Lufthansa, die das Thema voriges Jahr lautstark in die Öffentlichkeit brachten. "Wir sind Lufthansa" skandierten sie und protestierten heftig, auch weil das Unternehmen zuvor die Verträge zur Betriebsrente gekündigt hatte. Sechs, sieben Prozent Verzinsung auf das eingezahlte Kapital waren darin festgeschrieben. Da diese Verzinsung auf dem Markt für Geldanlagen nicht zu erzielen war, musste die Lufthansa aus dem laufenden Ertrag Geld zuschießen. Das gehe nicht, argumentierte Finanzvorstand Simone Menne. Wenn die Kassen aktuell einigermaßen gefüllt seien, dann weil der niedrige Ölpreis auch den Kerosinpreis habe sinken lassen:
    "Der kann aber auch sehr schnell wieder verschwinden. Und natürlich müssen und wollen wir unser Ergebnis verbessern, weil wir mit dem Ergebnis des letzten Jahres gar keine Flugzeuginvestitionen in die Zukunft mehr hätten machen können. Das ist doch der der Druck, den wir haben."
    Flugzeuge der Airline Lufthansa stehen auf dem Rollfeld des Flughafen in München.
    Die Lufthansa sagt nur noch feste Beträge zu. (picture alliance / dpa / Matthias Balk)
    Lufthansa hat sich - zumindest vorläufig – weitgehend geeinigt mit den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. Es wird, wenn die Schlichtung Mitte des Jahres beendet sein wird, auf eine andere Systematik hinauslaufen: Der Arbeitgeber sagt keine feste Rente mehr zu. Sondern nur noch feste Beiträge.
    Zinspolitik der Bundesregierung hilft langfristig nicht
    Auch die Bundesregierung hilft. Gerade wurden die Bilanzvorschriften im Handelsgesetzbuch geändert. Noch für 2015 können die Unternehmen die Verzinsung ihrer Pensionsrückstellungen nicht mehr mit dem Durchschnittszins der vergangenen sieben Jahre berechnen. Sie dürfen mit dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre arbeiten. Es kommen also drei Jahre mit noch höheren Zinsen hinzu. Der Durchschnittszins steigt, die Kapitalzufuhr des Unternehmens kann sinken.
    Jetzt ist das eine Hilfe. Später aber nicht. Denn bei wieder steigenden Marktzinsen bleibt die auf der Zehnjahresfrist basierende durchschnittliche Verzinsung der Rückstellungen niedrig. Die Unternehmen müssten wieder zuzahlen, sieht Thomas Jasper von Willis Towers Watson voraus:
    "Man stelle sich vor, es gibt tatsächlich Insolvenzen auf Grund dieser Marktzinsbetrachtung in den deutschen Rechnungslegungsvorschriften und die Zinswende kommt, setzt sich dort verzögert durch – das wird den Unternehmen nichts mehr bringen. Kerngesunde Unternehmen gehen möglicherweise in große Schwierigkeiten auf Grund dieser Marktbetrachtung und haben nicht die Chance, dann, wenn sich das Zinsniveau wieder erholt, diese Erholung auch tatsächlich mitzunehmen."
    Jasper plädiert deshalb dafür, Pensionsrückstellungen wie einen normalen Kredit zu behandeln und mit einem festen Anfangssatz über die gesamte Laufzeit zu verzinsen.
    Konkreter als solches Zinsgeschiebe ist für die Beschäftigten auf jeden Fall der Trend, dass die Arbeitgeber nicht mehr feste Renten zusagen, sondern nur noch feste Beiträge. Das hat Folgen, erfordert ein Umdenken: Denn ob und wie sich die Arbeitgeberbeiträge verzinsen, wie hoch die Rente letztlich wird, ist dann nicht mehr Sache des Arbeitgebers. Das Risiko wird auf die zukünftigen Rentner verlagert.
    Die müssen sich nun, wollen sie das bisher erwartete Rentenniveau sicherstellen, um womöglich ergänzende Geldquellen bemühen. Aber wie?
    In ihrem Online-Seminar bei Masterhora beschäftigen sich auch die heutigen Rentner mit dieser Frage. Masterhora-Geschäftsführerin Marion Kopmann stellt eine Studie zur Diskussion, die das Sparverhalten der Deutschen thematisiert: 77 Prozent sparten demnach mit Sparbuch und Tagesgeld, nur ganz wenige mit Aktien:
    "Woran liegt das?"
    „Also, die Deutschen sind ja wahrscheinlich unter den Anlagevölkern das risikoscheueste und ängstlichste Volk, das es gibt.“
    Riesterrente stagniert seit 2012
    Ein Webinarteilnehmer hat es auf den Punkt gebracht. Sich Aktien und anderen Wertpapieren mit etwas mehr Rendite zu nähern, fällt in Deutschland schwer. Die Erfahrungen mit dem Börsencrash Anfang der 2000-er Jahre sind nicht vergessen. Und die mit der Riesterrente sind auch nicht nur gut. Die Riesterrente war der staatlich geförderte Einstieg in eine kapitalgedeckte Alterssicherung, und das in mehreren Risikostufen, vom Sparplan über die normale Versicherung bis zur fondsgebundenen Lösung, bei der auch Aktien eine Rolle spielten. Doch das Interesse an Riesterrenten steigt kaum noch, stagniert seit 2012 bei zuletzt rund 16 Millionen neu abgeschlossenen Verträgen. Ein knappes Fünftel aller Verträge ruht, wird also nicht mit Beiträgen bedient. Offenbar hat sich die Finanzbranche damit nicht als Ratgeber für weitere Wege auf den Kapitalmarkt qualifiziert. Eher habe sie Vertrauen eingebüßt, hat Gisela Färber beobachtet, Professorin für Wirtschaftliche Staatswissenschaften aus Speyer:
    "Für meine Begriffe wird aber dort auch noch viel zu sehr – ich sag mal ganz deutlich – auch abgezockt. Die Menschen haben ja dann vor einigen Zeit relativ zügig reagiert und haben zum Beispiel ihre Zahlungen ausgesetzt oder keine Verträge mehr abgeschlossen, weil ihnen auf einmal klar war, dass das, was man ihnen an Renditen versprochen hat, so nicht kommt. Hier müssen die Anbieter auf den Markt reagieren, wenn sie wollen, dass dieses Produkt weiter gezeichnet wird und weiter finanziert wird. Dann müssen sie vielleicht ein bisschen auf ihre überzogenen Margen verzichten."
    Ein Sparschwein steht vor einem Schild mit der Aufschrift Riester-Rente.
    Die Riester-Rente hat an Attraktivität verloren. (picture-alliance/ dpa-ZB / Jens Büttner)
    Dennoch, so Färber, sollten kapitalgedeckte Vorsorgeformen Platz haben im Mix der Methoden, gerade wegen der niedrigen Zinsen. Da sich daran nach Draghis Ankündigung in den nächsten Jahren kaum etwas ändern dürfte, sollte das auch Folgen für die Anlagevorschriften haben, die der Staat Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerken macht. Die Richtung? Genauso wie in der privaten Geldanlage, also vorsichtig das Risiko erhöhen, um die Rendite zu steigern, empfiehlt der Frankfurter Professor für öffentliche Finanzen, Alexander Ludwig:
    "Man kann an der kapitalgedeckten Säule des Systems auch noch ansetzen, indem man zum Beispiel die Restriktionen, die Lebensversicherungen unterliegen über Kapitalanlagevorschriften, etwas aufweicht und hier mehr Freiraum schafft, um höhere Renditen in Bereichen zu erwirtschaften, in denen im Moment halt nur relativ gering investiert werden darf. Dabei, muss man allerdings dann auch sagen, muss man auch bereit sein, höheres Risiko einzugehen."
    Umlagenfinanzierte Systeme funktionieren nur bedingt
    Die wirkliche Aufgabe liegt aber anderswo: in der Beschäftigungspolitik. Denn Kapitalanlagen – sei es aus den Rückstellungen für eine Betriebsrente oder aus privaten Ersparnissen – Kapitalanlagen bringen nur Rendite, wenn produktiv gewirtschaftet wird. Und umlagefinanzierte Systeme wie die staatliche Rente brauchen ebenfalls genügend gut bezahlte Arbeitskräfte. Sie sollen ja mit ihrem Lohn sich selbst, über die Steuern den Staat und über die Beiträge den Unterhalt der Rentner sichern.
    "Und insoweit, in der Gesundheit unserer Arbeitsmärkte, in der Gesundheit unserer wirtschaftlichen Entwicklung liegt auch die Basis für eine gesunde umlagefinanzierte gesetzliche Rente und am Ende auch die kapitalmarktfinanzierten ergänzenden betrieblichen und privaten Alterssicherungsprodukte. Alles zusammen bildet die Basis."
    Sagt Professorin Gisela Färber aus Speyer. Ist diese Basis nicht gegeben, bleiben im umlagefinanzierten System nur drei Möglichkeiten, Einnahmen und Ausgaben in der Balance zu halten: Beiträge erhöhen, Renten senken oder länger arbeiten. Im kapitalgedeckten System zeigt das Zinsniveau an, ob die ökonomische Umgebung stimmt. Das ist in der Eurozone mit ihrer auf Krisenbekämpfung angelegten Niedrigzinspolitik offenkundig nicht gegeben.
    Immerhin kann Kapital auswandern, um dort zu arbeiten, wo eine Wirtschaft brummt. Es lässt sich also in ausländischen Wachstumsmärkten anlegen. Die Gewinne kann man – hoffentlich risikoarm – heimholen. Die Alternative ist, Arbeitskräfte für das eigene Land zu engagieren. Aus dem Kreis der Flüchtlinge etwa. Doch hülfe das nur, wenn nicht zugleich Löcher in die Tragfähigkeit der Rentenpolitik gerissen würden. Alexander Ludwig:
    "Wenn von der eine Million Flüchtlinge einige lange bleiben und wir die in den Arbeitsmarkt einpflegen können, dann machen wir letzten Endes die Fehler wieder wett, die wir über die Rente mit 63 gemacht haben."
    Aus Hessen und dem politischen Umfeld der Grünen kommen Ideen zu einer neuen "Deutschlandrente", kapitalgedeckt, staatlich gefördert, im Grundsatz verpflichtend, aber mit der Option, außen vor zu bleiben, wenn es einer unbedingt will. Die Beiträge, auch von zahlungswilligen Arbeitgebern, sollen in einem Fonds zusammenkommen. Der soll zwar in höherem Maße Aktien kaufen dürfen. Doch der Unternehmensberater Thomas Jasper von der Beratung Willis Towers Watson hat Zweifel, dass ein solcher zentraler Fonds die richtige Methode ist:
    "Zweifel daran, den Unternehmen die Chance zu nehmen, das zu tun, was sie ja dazu motiviert, betriebliche Altersversorgung zu machen: spannende Pläne zu generieren, attraktiv zu sein, sich am Arbeitsmarkt zu positionieren. All die Fragen sind nicht mehr möglich, wenn ich es aus der Hand der Unternehmen nehme. Da habe ich ein großes Fragezeichen."
    Gisela Färber setzt ihr Fragezeichen anderswo: Sie lehnt es ab, Gelder in Staatshand, etwa als Rücklage für spätere Beamtenpensionen, am Kapitalmarkt zu investieren:
    "Ich habe deswegen auch schon dem Land Nordrhein-Westfalen empfohlen, das Geld nicht mehr am Kapitalmarkt anzulegen, sondern das Geld im Grunde dazu zu verwenden, eigene Infrastrukturinvestitionen zu machen. Das heißt: Unsere kaputten Straßen, Schulen und anderes damit zu finanzieren, weil ich glaube, dass das einfach gesamtwirtschaftlich bessere Renditen in stabilen Wachstumsraten bringt. Und die kriegt der Staat nachher als Steuereinnahmen auf jeden Fall wieder zurück. Das ist eine bessere Verzinsung als das, was uns Draghi derzeit am Kapitalmarkt beschert."
    Da sind bei Zinsen nahe oder gar unter Null auch Versicherungen und Pensionsfonds schon drauf gekommen. Infrastrukturprojekte gelten als noch recht neuer Trend in der Geldanlage. Gut daran ist: Nur Geld, das jetzt investiert wird, kann Arbeit und Ertrag bringen. Eine sichere Altersvorsorge braucht beides.