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Private Krankenversicherungen werden teurer

Viele private Krankenversicherungen haben derzeit die gleichen Probleme wie Privatanleger oder auch Rentenversicherungen: Ihr Geld ist zu sehr niedrigen Zinsen angelegt. Die Versicherten werden das zu spüren bekommen.

Von Michael Braun | 30.05.2013
    Die private Krankenversicherung wird teurer. Denn das Renditeniveau bei deutschen Staatsanleihen liegt bei rund 1,2 Prozent. Deshalb gehen die Versicherer nicht mehr davon aus, ihre Kapitalanlagen mit dem bisherigen sogenannten Rechnungszins von 3,5 Prozent anlegen zu können. Er könnte auf 2,75 oder gar nur 2,5 Prozent fallen. Das ist nicht trivial. Denn wenn die sonstigen Ausgaben stabil bleiben, müssen wegen sinkender Zinserträge die Beiträge steigen. Die Faustformel "ein Prozentpunkt weniger Rechnungszins bedeuten zehn Prozent höhere Beiträge", sei nicht falsch, meint Gerhard Reichl, bei der Versicherungsratingagentur Assekurata Fachkoordinator für den Bereich Krankenversicherung:

    "Die Faustformel ist nach unseren Erkenntnissen zutreffend. Ich würde sie allerdings auf die Faustformel ‚ein Zehntel Prozentpunkt weniger Rechnungszins ist gleich ein bis zwei Punkte mehr Beitrag mehr’ kürzen, weil sich nach unseren Erkenntnissen die Absenkungen des Rechnungszinses eher im Bereich von Zehntelprozentpunkten bewegen."

    Bei den Unisextarifen, die Ende vorigen Jahres eingeführt worden waren, hatten die Versicherer schon einen niedrigeren Rechnungszins von 2,75 Prozent angesetzt. Die Hoffnung, dass die Unisextarife für Frauen billiger werden würden, weil das Schwangerschaftsrisiko als diskriminierend nicht mehr einkalkuliert werden durfte, diese Hoffnung hat sich wegen des sinkenden Rechnungszinses nicht bestätigt. Die Versicherer nutzten neue Gesetzgebung und neuen Rechnungszins, um an allen Stellschrauben etwas zu drehen – Ergebnis war jedenfalls, dass die Unisextarife nicht billiger als die früheren Frauentarife wurden. Kurt Hüttl, Abteilungsleiter im Frankfurter Fairversicherungsladen:

    "Die Beiträge mussten angehoben werden, dadurch, dass der Rechnungszins eine Beitragskalkulation ist. Dazu kam halt, dass die Versicherungsgesellschaften komplett ihre Tarife überarbeitet haben, haben ein paar Verbesserungen mit reingenommen. Es wurde ja versprochen, dass Frauen weniger bezahlen müssen. Das ist aber nicht so eingetreten. Für Frauen und Männer wurden jeweils die Tarife angehoben."

    Die neuen Kunden mit den Unisextarifen sind also schon zur Kasse gebeten worden. Nun kommen die Bestandskunden dran. 52 private Krankenversicherer gibt es, vier haben sinkende Rechnungszinsen für Bestandskunden angedeutet. Die Axa hat es sogar angekündigt. Andere werden wohl folgen. Die höheren Beiträge, die sich dann ergeben, das können durchaus 50, 60 Euro im Monat sein, dürften vor allem die Versicherten mittleren Alters treffen, erwartet Kurt Hüttl:

    "Die Bestandskunden zwischen 35 und 55 werden am stärksten betroffen sein. Die langjährig Versicherten haben ja schon jede Menge Rückstellungen gebildet und haben ja auch von hohen Zinsen profitiert über die ganzen Jahre. Und irgendwann kommt dann die Schere, wo im Prinzip auch (Ergebnis-) Beiträge verwendet werden zur Senkung des Beitrages. Und bei jünger Versicherten kann die ganze Geschichte über einen langen Zeitraum verteilt werden von der Kalkulation. Die dürfte es auch nicht so stark treffen."

    Wer sich über steigende Beiträge aufregt, bekommt vom Assekurata-Analysten Gerhard Reichl zu bedenken, dass frühe Reaktion auf erkannte Risiken spätere massive Korrekturen erspart:

    "Das heißt: Eine Rechnungszinsabsenkung ist nicht zwangsläufig negativ, ausschließlich negativ zu bewerten."

    Der Verdacht "Was immer passiert, der Beitrag steigt", bleibt in der Kundschaft. Das soll vor allem an den Ausgaben liegen. Sie sind der wichtigste Posten in der Beitragskalkulation.