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Pro-kurdische HDP
Parteitag unter erschwerten Bedingungen

In der Türkei muss die pro-kurdische HDP am Sonntag eine neue Parteispitze wählen. Der Co-Vorsitzende Selahattin Demirtas sitzt genauso wie knapp 1.000 Parteimitglieder in Haft. Auch sonst laufen die Vorbereitungen für den Parteitag in Ankara alles andere als reibungslos.

Von Christian Buttgereit | 10.02.2018
    Sie sehen Selahattin Demirtas, Vorsitzender der Demokratischen Partei der Völker (HDP)
    Selahattin Demirtas sitzt seit gut einem Jahr in Untersuchungshaft (Sedat Suna, dpa picture alliance)
    Zwei Tage vor dem Parteitag ordnete ein Staatsanwalt an, auch die amtierende Vorsitzende Serpil Kemalbay festzunehmen. Ihr und 16 weiteren Beschuldigten wird "Anstachelung zum Konflikt" vorgeworfen. Weil sie zum Protest gegen die türkische Offensive in Nordsyrien aufgerufen haben. Garo Paylan, armenischer Abgeordneter der HDP sagte kurz nach der Entscheidung der Staatsanwaltschaft:
    "Ja, wir warten gerade darauf, dass die Polizei kommt und sie abholt. Serpil Kemalbay ist eine Friedensaktivistin und Demokratin. Wir sind schon seit Jahren gute Freunde und nie hat sie Gewalt unterstützt. Im Gegenteil. "
    Schwere Nachfolgersuche
    Serpil Kemalbay hatte den weiblichen Teil der Doppelspitze an der Partei übernommen, nachdem ihrer Vorgängerin Figen Yüksekdag vor einem Jahr per Gerichtsbeschluss die Parteimitgliedschaft entzogen wurde. Nun muss die gesamte Doppelspitze neu gewählt werden. Doch das gestaltet sich schon rein organisatorisch schwierig, sagt der HPD-Abgeordnete Garo Paylan. Denn die Behörden versuchten den Parteitag zu behindern, wo es nur ginge:
    "In dieser Woche haben sie Hunderte unserer Leute festgenommen. Ausgerechnet in den Schlüsselposition, Also jene, die den Kongress organisieren und jene, die dafür sorgen, dass Mitglieder aus dem ganzen Land hier nach Ankara kommen können. Sie wollen den Kongress verhindern und sie wollen den Friedensgedanken, der von ihm ausgehen soll, zerstören. "
    Dabei fällt es der HDP ohnehin nicht leicht, einen Nachfolger für Selahattin Demirtas zu wählen. Der charismatische Mitvierziger ist ein Sympathieträger und machte die HDP für eine breite Bevölkerungsschicht wählbar, nicht nur für Kurden. Auch wenn er mitunter als Kurden-Obama bezeichnet wurde. Doch selbst der kann wenig ausrichten, wenn er im Gefängnis sitzt. Das wirke sich auch auf die Wähler aus, sagt Paylan:
    "Wie können wir die Menschen überzeugen, uns zu wählen? Sie wollen, dass die HDP eine starke Kraft im Parlament ist. Aber sie sagen auch, wir haben Euch gewählt und ins Parlament geschickt und sie haben Euch eingesperrt. Könnt Ihr eine Garantie geben, wenn ich Euch wähle, dass Ihr nicht wieder eingesperrt werdet? Wenn die Situation so bleibt wie jetzt, können wir das leider nicht."
    Unterschiedliche Darstellungen
    Die HDP ist die zweitgrößte Oppositionspartei und versteht sich als parlamentarische Vertretung von Kurden, Aleviten, Atheisten aber auch gläubigen Muslimen und Armeniern wie Garo Paylan, der kürzlich mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron über die türkische Invasion in Nordsyrien sprach. Sehr zum Ärger der türkischen Regierung. Die versucht, die HDP als politischen Arm der als Terrororganisation verbotenen PKK darzustellen. Garo Paylan sagt, die HDP setze auf ein friedliches Miteinander von Kurden und Türken.
    "Doch wenn man die Parteien, die das propagieren, zerstört, dann denken die Leute - auch ein Teil unserer Wähler: wir können die Probleme nicht politisch lösen also gehen wir in die Berge und lösen sie mit Waffen. Die PKK ist ein Resultat dieser Politik.
    Um das zu Verhindern, sei die HPD wichtig. Wer die Partei zerstöre, erzeuge damit neue Gewalt.