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Pro und Contra Freihandel

Beim G8-Gipfel in Irland geht es neben dem Syrienkonflikt auch um die Verhandlungen zwischen den USA und der EU zu einem Freihandelsabkommen. Eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung und des ifo Instituts zeigt jedoch, dass von einem solchen Abkommen vor allem die Amerikaner profitieren könnten.

Von Brigitte Scholtes | 17.06.2013
    Lange waren es eher die USA, die an einem Freihandelsabkommen mit Europa nur mäßiges Interesse hatten. Was die Europäer erhoffen, das hatte Außenminister Guido Westerwelle beim Besuch seiner amerikanischen Amtskollegen John Kerry Ende Februar deutlich gemacht:

    "Wir sehen hier ein Fenster der Gelegenheit. Und dieses Fenster der Gelegenheit, es sollte im Interesse von Wachstum, Arbeitsplätzen für Wohlstand in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Europa, natürlich auch in Deutschland jetzt genutzt werden."

    Gut zwei Millionen Arbeitsplätze könnten insgesamt in den OECD-Staaten bei einem solchen Freihandelsabkommen entstehen, zeigt nun eine Studie des Münchner ifo Instituts und der Bertelsmann-Stiftung. Doch insgesamt würden die USA stärker profitieren als Europa: denn gut eine Million der neuen Arbeitsplätze würden dort geschaffen. Auch die Wirtschaft würde jenseits des Atlantik langfristig stärker wachsen mit 13,4 Prozent in zehn bis 15 Jahren, während die Europäer im Schnitt mit einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um fünf Prozent zufrieden sein müssten. Ulrich Schoof von der Bertelsmann-Stiftung:

    "Die Umleitungseffekte des Handels in Europa die sind doch relativ gravierend bei einem tief greifenden Abkommen. Und das wirkt sich dann auch auf diese aggregierten Werte aus, sodass die USA dann deutlich mehr profitiert."

    Tief greifend wäre das Abkommen dann, wenn nicht nur Zollschranken fallen, sondern auch andere Hemmnisse im transatlantischen Handel beseitigt würden. Dabei könnten die Länder stärkere Zuwächse verbuchen, die ohnehin schon eng mit den USA zusammenarbeiten, vor allem Großbritannien. Aber auch die exportorientierten baltischen Staaten würden gewinnen und die südeuropäischen Krisenländer. Denn deren Importe aus den USA würden sich verbilligen, sagt Ulrich Schoof von der Bertelsmann-Stiftung:

    "Ein Abkommen würde die wirtschaftlichen Gräben in Europa nicht weiter vertiefen. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch so, dass der Handel innerhalb des europäischen Binnenmarktes eher zurückgehen wird. Wenn man jetzt natürlich mehr insbesondere transatlantisch handelt, mit den USA handelt. Und da könnte man natürlich politisch die Frage stellen, inwieweit das Konsequenzen hat auf den politischen Integrationsprozess in Europa, weil die Staaten eben etwas unabhängiger werden vom europäischen Binnenmarkt."

    So könnten Spanien und Italien auf je gut 140.000 neue Jobs hoffen. In Deutschland und Frankreich lägen die Zuwächse bei 181.000 bzw. 122.000 neuen Arbeitsplätzen.

    Verlierer wären die jeweiligen großen Handelspartner außerhalb, vor allem Mexiko und Kanada als auch Norwegen und die Türkei. Sie könnte man frühzeitig mit einbinden. Das sollte auch für die Entwicklungsländer gelten, meint Bertelsmann-Experte Schoof:

    "Dann gibt es die andere Gruppe der Verlierer, das könnten Entwicklungsländer sein in Nordafrika oder Zentralamerika. Und da muss man halt schauen, wie man diese Länder in multilaterale Verhandlungen, wie beispielsweise Doha das versucht hatte, stärker einbindet und vielleicht auch Kompromissbereitschaft zeigt, weil man sehen wird, dass diese Länder, zumindest kurzfristig, nicht von so einem Abkommen profitieren werden."