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Prognos-Studie
Deutschland wirtschaftet nicht zulasten Europas

Deutsche Unternehmen sichern in der EU laut einer neuen Studie des Schweizer Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos unter anderem aufgrund von starken wirtschaftlichen Verflechtungen rund 4,8 Millionen Arbeitsplätze. Die dynamische deutsche Industrie bremse keineswegs die Entwicklung in den europäischen Nachbarländern, heißt es in der Studie.

Von Hans-Jürgen Maurus | 16.06.2017
    Ein Containerschiff (hinten) und eine Fähre sind am Samstag (11.10.2008) auf der Elbe im Hamburger Hafen zu sehen. Trotz der weltweiten Finanzkrise halten die großen Marktteilnehmer an Geschäften mit Schiffsbeteiligungen und -finanzierungen fest. Die Schiffsfinanzierung gehört zu den Glanzlichtern der deutschen Finanzbranche; speziell in Hamburg sind weltweit führende Institute wie die HSH Nordbank, die Deutsche Bank und die UniCredit-Gruppe mit ihren entsprechenden Fachabteilungen angesiedelt. Foto: Marcus Brandt dpa/lno (zu dpa-Korr.: "Die See wird rauer - Schiffsfinanzierer durch Finanzkrise alarmiert") +++(c) dpa - Report+++ | Verwendung weltweit
    Auch der intensive Güteraustausch Deutschlands hilft, in der EU rund 4,8 Millionen Arbeitsplätze zu sichern. (Marcus Brandt dpa)
    Ja, die deutschen Exportüberschüsse sind vielen ein Dorn im Auge. Vor allem US-Präsident Donald Trump. Die neue Studie des angesehenen Schweizer Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos im Auftrag der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft ist eine Breitseite gegen die Argumente jener Kritiker, die hartnäckig behaupten, die deutsche Wirtschaft mache die Konkurrenz im Ausland platt.
    Die Prognos-Forscher machen eine ganz andere Rechnung auf. Deutsche Unternehmen erhalten in der Europäischen Union aufgrund der starken wirtschaftlichen Verflechtung, der internationalen Arbeitsteilung und einem intensiven Güteraustausch rund 4,8 Millionen Arbeitsplätze. Vor allem aufgrund der anhaltend starken deutschen Nachfrage nach Vorleistungs- und Industriegütern, die allein rund 3,8 Millionen Jobs bei den europäischen Partnern sichern.
    Studie entkräfte die Mär der schädlichen Wettbewerbsfähigkeit
    Die deutschen Einfuhren sind immens: 2015 importierte Deutschland Güter im Wert von 620 Milliarden US-Dollar aus den anderen EU Staaten. Eine dynamische deutsche Industrie bremst also keineswegs die Entwicklung in den europäischen Nachbarländern, heißt es in der Studie wörtlich, vielmehr stellt sie umgekehrt eine wichtige Triebfeder für deren eigene Wachstumsdynamik dar. Dies gilt insbesondere für die Nachbarstaaten Frankreich, die Niederlande und Belgien, die zusammen allein Industriegüter im Wert von mehr als 230 Milliarden Dollar pro Jahr nach Deutschland liefern. Aber auch Italien, Polen und Tschechien profitieren von deutschen Importen.
    Beispiel Polen: Hier hängen rund 890.000 Jobs von deutscher Nachfrage ab. Auch der private Konsum in Deutschland trägt dazu bei, dass in anderen EU-Staaten neue Jobs entstehen oder garantiert werden. Der Geschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft Bertram Brossardt triumphiert entsprechend: Die Studie entkräfte die Mär von der angeblich für unsere Nachbarstaaten schädlichen deutschen Wettbewerbsfähigkeit, so Brossardt. Das Argument, die Exporterfolge der deutschen Wirtschaft gingen zulasten anderer Staaten, sei absurd. Eine Schwächung der deutschen Wirtschaft wäre ökonomisch unsinnig. Stagnation in Deutschland würde auch anderen europäischen Volkswirtschaften schaden.
    Konkret: Laut Prognos würde die Wirtschaftsleistung der übrigen EU-Staaten in einem solchen Fall um 18 Milliarden Euro niedriger ausfallen. Eine Verschlechterung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit hätte noch gravierendere Folgen: Die Wirtschaftsleistung in der gesamten EU würde bis 2023 um 36 Milliarden Euro niedriger ausfallen.