Yannic Han Biao Federer liest seine Erzählung 'Bruderherz‘
Meike hat immer alles richtig gemacht. Gutes Abitur, Lehramtsstudium, zwei Kinder von einem Associate Professor aus Berkeley. Und trotzdem will es nicht recht klappen, der amerikanische Germanist entpuppt sich als narzisstischer Schürzenjäger, an den Schulen gibt es nur befristete Vertretungsstellen und zwischen Tochter und Sohn entspinnt sich die gleiche, prekäre Geschwisterdynamik, die Meike von ihrem jüngeren Bruder trennt. Der hat immer nur gemacht, was er wollte, das Geografiestudium geschmissen, gegen den Vater rebelliert, freier Künstler geworden. Und während Meike jedes Schuljahr eine neue, schlecht tapezierte Mietwohnung in einer neuen, verschuldeten Stadt beziehen muss, bekommt ihr Bruder vom Land ein großzügiges Wohnatelier bezuschusst. Meike, mit den Kindern zu Besuch, ist neidisch und droht über den herausgerissenen Dielen den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Yannic Han Biao Federer hat Germanistik in Bonn, Florenz und Oxford studiert. Seit 2014 promoviert und arbeitet er an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn. Seine Erzählungen und Kurzprosa erschienen in verschiedenen Anthologien sowie Zeitschriften und wurden u.a. mit dem Preis der Wuppertaler Literatur Biennale 2016 und 2018 ausgezeichnet. Für seinen Debütroman ,Und alles wie aus Pappmaché’ erhielt er 2017 das Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendium der Stadt Köln, das Buch erscheint im Februar 2019 bei Suhrkamp Nova.