Neuer Antisemitismus - Befund, Analyse, Verstehen (6/6)
Hass im Netz
Ingrid Brodnig im Gespräch mit Natascha Freundel
Hass und Häme für Opfer der Konzentrationslager, Drohungen gegen jüdische Journalisten: Im Netz erstarkt der Antisemitismus. Gerade Rechtsextreme nutzen die sozialen Medien geschickt für ihre Propaganda - wehrlos ist man jedoch nicht. „Wir haben offensichtlich online ein Problem mit Antisemitismus“, schreibt Ingrid Brodnig, „Zu diesem Ergebnis kam auch eine Untersuchung der EU-Agentur für Grundrechte. Ende 2012 befragte sie 5.900 Juden in Europa. 75 Prozent der Befragten gaben an, dass Antisemitismus im Internet in ihrem Land ein Problem sei. Und fast drei von vier waren der Meinung, dass es in den letzten Jahren schlimmer geworden sei.“ Ingrid Brodnig gehört zu Netz-Kennerinnen und Online-Userinnen, die sich nicht kleinkriegen lassen. Sie klärt auf über Probleme und darüber, wie man sich wehren kann: „Das Internet sollte eigentlich ein Ort der Aufklärung sein, an dem wir Menschen ohne Vorurteile miteinander diskutieren können. Oftmals ist es jedoch eine Spielwiese für Rechtsextreme und rechte Verschwörungstheoretiker. Die sozialen Medien werden geschickt zum Lancieren falscher Meldungen und dem Verbreiten antisemitischer Vorurteile genutzt. In Zeiten hochkochenden Rechtspopulismus ist auch Antisemitismus umso stärker sichtbar. Im amerikanischen Wahlkampf ist die Stimmung dermaßen ins Radikale entglitten, dass Rechtsextreme im Frühjahr 2016 begonnen haben, vermeintlich jüdische Journalisten auf Twitter zu markieren. Das Entscheidende ist aber: Es gibt Reaktionsmöglichkeiten - wir müssen sie nur endlich nutzen.“
Ingrid Brodnig, Publizistin, Kolumnistin und Journalistin, arbeitete für das Wiener Stadtmagazin Falter und das Nachrichtenmagazin Profil mit Schwerpunkt Medien-
und Digitalthemen. Ihre Bücher mit den Titeln ,Der unsichtbare Mensch. Wie die Anonymität im Internet unsere Gesellschaft verändert', ,Lügen im Netz - Wie Fake News, Populisten und unkontrollierte Technik uns manipulieren' und ,Hass im Netz. Was wir gegen Hetze, Mobbing und Lügen tun können' analysieren die Kommunikationsprobleme des Internets.