Samstag, 20. April 2024

Archiv

Programmieren für Kinder
Gestalter der digitalen Zukunft

Wer wird in Zukunft die Computerprogramme schreiben? Wirtschaftsverbände und Softwareschmiede sagen schon seit Jahren einen ernsthaften Nachwuchsmangel für die kommenden Jahre vorher. Während Schulen beim Vermitteln von Programmierkenntnissen noch kaum eine Rolle spielen, setzen einzelne Initiativen auf einen Multiplikatoreffekt.

Von Wolfgang Noelke | 08.07.2017
    Kinder arbeiten am 25.03.2014 auf der Bildungsmesse Didacta in Stuttgart (Baden-Württemberg) an dem Messestand des Madsack Mediastore an einem iPad. Die Bildungsmesse läuft vom 25. bis 29.03.2014.
    Spielerisch Programmieren lernen können Kinder in vereinzelten Coding-Workshops - bislang aber noch kaum in der Schule. (picture alliance / dpa / Sebastian Kahnert)
    Die in Berlin-Tempelhof gelegene "ufaFabrik" mit liebevoll gepflegten Gebäuden ist ein ideales Symbol technischen Wandels. Im Kino- und Theatersaal des ehemaligen Filmkopierwerks scheinen die Köpfe möglicher Gestalterinnen und Gestalter digitaler Zukunft buchstäblich zu rauchen.
    Die überall aus dem Bundesgebiet angereisten, etwa 10- bis 15-jährigen Kinder verschwenden keine Zeit für sonst an Schulen übliche Rangkämpfe. Sich gegenseitig dabei zu helfen, kleine sternförmige Minicomputer zu beherrschen, ist für David und Jan viel spannender.
    "Bruder Jacob" auf dem Minicomputer
    "Wir haben die Mini-Calliope, das ist ein Minicomputer programmiert mit Musik. Wir haben versucht, 'Bruder Jacob' darauf zu programmieren mit Tönen und die wurden dann abgespielt. Außerdem haben noch ein paar Kinder eine Fernbedienung, mit der wir alle gleichzeitig starten können, gebaut."
    "Wie lange hat das gedauert?"
    "Ungefähr anderthalb Stunden."
    "Ich hab' ein Piano genommen und hab dann nach dem passenden Ton gesucht, bis ich den dann irgendwann gefunden hab. Hab ein bisschen umgestellt, damit es ein bisschen passt."
    Nebenan gelang es inzwischen allen Kindern, die Töne von "Bruder Jakob" in der richtigen Reihenfolge zu programmieren. Oder ungefähr in der richtigen Reihenfolge.
    "Das ist ganz schön schnell, ja."
    "Hast du gemerkt? Da ist was komisch..."
    Kindgerechte Programiersprache
    Thomas Schmidt ist mitverantwortlich für die pädagogische Gestaltung des "Code-your-life"-Konzepts.
    "Unser Anspruch ist tatsächlich einen Ball in das Wasser zu werfen, zu warten, bis die Welle zurückkommt und dann wegzugehen und die Kinder mit der Welle surfen zu lassen. Das gelingt zum Beispiel beim Programmieren mit unserem modernen 'LOGO' sehr gut, weil diese Programmiersprache wirklich dafür gemacht ist, dass Kinder selbst entdecken. Das gelingt bei zehnjährigen Kindern noch nicht an allen Stellen in dieser Form, und wir versuchen dort ein Maß zu finden. Aber das Ideal ist, einen Kreativitätsraum aufzumachen quasi, in dem sie dann mit dem Programmieren und den Werkzeugen, die sie haben, eigene - ich sag schon mal - digitale Werke schaffen. Ganz oft springen Kinder auf und sagen 'Ja, ich hab's!'. Und das passiert immer wieder, weil sie wirklich ergriffen sind, von dem 'Ich kann das selbst!'. Und das finde ich, das ist, was Kinder viel, viel zu wenig erleben. Sie haben nicht nur zuwenig Lob, sie begreifen auch zu selten, dass sie in der Lage sind, dass sie was geschafft haben."
    So wurde hier die Idee der Kinder am Abend mit Applaus belohnt, ihren Minicomputern für den Kanon eine Startverzögerung zu programmieren.
    Auch Lehrer brauchen Coding-Kenntnisse
    Astrid Aupperle, Leiterin Gesellschaftliches Engagement beim Co-Sponsor Microsoft hofft, Coding-Events würden eines Tages "Schule machen". Doch dafür bedarf es dort nicht nur einer technischen Infrastruktur.
    "Der erste große Schritt wäre, dass sich in der Lehrerfortbildung auch das Thema IT- Fortbildung widerspiegelt. Wir erleben sehr engagierte Lehrer, die in ihrer Freizeit Projekte umsetzen. Aber das muss institutionalisiert werden, in ihrem Unterricht und da gibt es sehr schöne Beispiele, wie mit IT heute Geschichtsunterricht gestaltet werden kann, eben auch Musikunterricht, wie Sie hier sehen, mit Sonic Pi oder auch der klassische Deutsch-Unterricht."
    Solange bleibt es wohl Initiative der Eltern, ihren Kindern die Kulissen hinter den Smartphones zu öffnen.
    "Dann soll er es doch wenigstens konstruktiv anwenden und programmieren lernen, endlich! Wird ja auch Zeit. Der ist ja schon zwölf!"
    "Ich bin Vater von zwei Töchtern. Die eine ist 12, die andere ist 15. Was sie halt interessiert, das machen sie gern, aber ich hoffe, das ist der Anfang zum Programmieren."