Das verunsicherte Paradies
Eine Lange Nacht über Georgien
Von Brigitte Baetz und Uli Hufen
Regie: Klaus-Michael Klingsporn
Georgien ist ein Paradies und niemand spricht lieber darüber als die Georgier selbst: Herrliche Berge, das Schwarze Meer, tropisches Klima, Tee und Wein, die besten Tomaten der Welt, Nüsse, Granatäpfel und Aprikosen. Nicht nur die Natur hat Georgien reich beschenkt: Seit 1500 Jahren werden hier prächtige Kirchen gebaut. Schon im 12. Jahrhundert schrieb Schota Rustaweli eines der berühmtesten Epen des europäischen Mittelalters. Jeder hier liebt Gedichte, jeder dritte ist selbst ein Dichter, bemerkte nicht nur Adolf Endler 1969, als er nach Georgien kam, um georgische Lyrik aus acht Jahrhunderten ins Deutsche zu übersetzen. Dass das Land bis heute eine reiche Literatur produziert, beweist es als Ehrengast der Buchmesse in Frankfurt. Tbilisi hat eine lebendige Kulturszene, international bekannte Technoklubs und Modelabel. Die hippen Bars und Restaurants würden jede Großstadt dieser Welt schmücken. Doch Georgien ist auch eines der ärmsten Länder Europas. Bis heute hat Georgien nicht die Wirtschaftskraft erreicht, die die georgische Sowjetrepublik 1989 hatte. Blickt man auf den enormen Einfluss, die die orthodoxe Kirche, Nationalisten und Oligarchen im Georgien von heute haben, dann drängt sich die Frage auf, ob Georgien seit seiner Unabhängigkeit wirklich einen Schritt in Richtung Moderne gemacht hat. Und dann ist da noch der mächtige Nachbar Russland. Die ,Lange Nacht' über Georgien spürt den Geschichten nach, die Georgier gern über sich und ihr Land erzählen. Aber auch denen, die sie lieber verschweigen - trunken von der Schönheit des Landes, ernüchtert angesichts seiner vielen Probleme.