Mittwoch, 24. April 2024

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Programm: Vor- und RückschauSamstag, 04.07.2020

  • 00:05 Uhr

    The Puppet Master
    Snipers (1/5)
    Ascension (2/5)
    Von Gabriel Gatehouse
    Regie: Neal Razzell
    Produktion: BBC Radio Current Affairs 2019
    Am Mikrofon: Pascal Fischer
    (Teil 3/5 und 4/5 am 9.5.2020)

    Er ist einer der schillerndsten und einflussreichsten Persönlichkeiten Russlands, dennoch ist er einer breiten Öffentlichkeit unbekannt: Wladislaw Surkow. Die Geschichte dieses Marionettenspielers führt ins Zentrum dessen, was das verwirrende Russland von heute ausmacht. Surkow erkennt einen Ex-Spion mit Präsidentschaftspotential und verwandelt ihn in einen Weltpolitiker. Er erschafft Oppositionsbewegungen aus dem Nichts und hat die Nachrichtendirektoren der Nation auf Kurzwahl. Milliardäre suchen seinen Rat. Er führt nebenbei sogar einen eigenen kleinen Krieg und steht im Zentrum der Pattsituation zwischen Ost und West.
    Gabriel Gatehouse, ehemaliger Ukraine Korrespondent der BBC, hatte Zugriff auf ein Dossier durchgesickerter E-Mails von Surkows Kremlbüro. Nach zehnjähriger Berichterstattung über Russland und seine Kriege machte sich Gatehouse auf die Suche nach dem Mann, der die Fäden zieht. Eine Reise - abwechselnd dramatisch, überraschend und surreal, vom Schlachtfeld über das Theater bis zum Kreml selbst. Das Ziel? Die Welt der Alternativen Wahrheiten, in der wir heute leben. Die Serie erhielt im Jahr 2019 den Prix Europa als beste Radio-Investigation. Wir strahlen sie im englischen Original aus.

  • 01:05 Uhr

    Lied & Chanson
    Liederbestenliste: die Platzierungen im Juli
    Zu Gast: Sarah Lesch
    Am Mikrofon: Anna-Bianca Krause

    Als Kind wollte sie Rockstar-Frisörin werden, tatsächlich macht sie dann aber eine Ausbildung zur Erzieherin, bevor sie mit kaum 20 anfängt, Musikstücke für Kinder- und Jugendtheater zu schreiben, um später dann Liedermacherin zu werden. Sarah Leschs musikalischen Einflüsse reichen von Rio Reiser über Gerhard Schöne bis Metallica. 2012 nennt sie ihr Debütalbum „Lieder aus der schmutzigen Küche“, weil sie damals als junge Mutter ihre Songs genau da schreibt und aufnimmt. „Der Einsamkeit zum Trotze“ ist nun schon das vierte Album der Chanson-Poetin - und es ist das musikalisch ausgereifteste.

  • 06:05 Uhr

    Härtere Strafen bei Kindesmissbrauch - Ein längst überfälliger Schritt

  • 06:10 Uhr

    Berichte, Interviews, Reportagen

    08:50 Uhr   Presseschau

    Aus deutschen und ausländischen Zeitungen

    Am Mikrofon: Stephanie Rohde

  • 09:05 Uhr

    Vor 100 Jahren: Der Bildhauer und Maler Max Klinger gestorben

  • 09:10 Uhr

    Verrannt und verkannt - Frauen in der rechtsextremen Szene

    Am Mikrofon: Sabine Adler

    Die größte Bedrohung für Deutschlands innere Sicherheit kommt von rechts, sagt der Verfassungsschutz. 32.000 Rechtsextremisten und -extremistinnen hatte das Bundesamt 2019 im Visier. Was vielen nicht klar ist - die Zahl der Frauen in der Szene steigt. Rechtsextremistinnen sind oft unauffällig, aber keineswegs untätig: Sie planen und unterstützen Anschläge, manche schlagen auch selbst zu. Meist aber engagieren sie sich scheinbar unpolitisch in Kindergärten und Schulen und helfen so, die Akzeptanz rechtsextremer Gruppierungen in der Mitte der Gesellschaft zu erhöhen. Neonazi-Mütter erziehen ihre Kinder im völkisch-nationalen Geist, verbreiten Hasspropaganda, halten Kontakt zu Kameraden in Haft. Im Wochenendjournal versucht unsere Reporterin Sabine Adler herausfinden, was Frauen in ein Umfeld treibt, das so martialisch und männlich erscheint. Eine ehemalige NPD-Landeschefin und Vorsitzende des Rings Nationaler Frauen war zum Interview bereit. Eine Sozialpädagogin aus Recklinghausen berichtet, wie sie seit mehr als zehn Jahren Frauen aus der rechtsradikalen Szene heraushilft und dabei auch die betroffenen Familien unterstützt. Außerdem war Sabine Adler unterwegs in Jamel, einem Dorf an der Ostsee, in dem fast nur Neonazis leben. Prompt wurde unsere Reporterin bei ihren Recherchen auf der Straße bedroht.

  • 10:05 Uhr

    Am Mikrofon: Die Moderatorin und Autorin Mo Asumang

    Mo Asumang geht gerne in die Konfrontation. Als „Person of Color“ sucht sie das Gespräch mit denen, die sie hassen: Neonazis, Anhängern des Ku-Klux-Klans, rechtsextremen Esoterikern. Die 1963 in Kassel geborene Tochter einer Deutschen und eines Ghanaers lässt sich von Drohungen nicht einschüchtern, sondern kämpft unermüdlich gegen Fremdenfeindlichkeit und für soziale Gerechtigkeit. Dafür wurde ihr 2019 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Mo Asumang lebt in Berlin und arbeitet als Moderatorin, Produzentin, Regisseurin, Schauspielerin und Dozentin. 1996 war sie die erste afrodeutsche Moderatorin im deutschen Fernsehen, ihre Karriere vor der Kamera führte sie unter anderem zu Roman Polanski und an die Seite von Pierce Brosnan. In „Klassik-Pop-et cetera“ spielt sie Musik, die gegen Angst hilft, und erzählt von ihrer Großmutter, die sie großzog - die Großmutter war als junge Frau Mitarbeiterin der SS gewesen.

  • 11:05 Uhr

    Bis an die Grenze - Corona und die polnische Arbeitsmigration.
    Mit Reportagen von Anja Schrum und Ernst-Ludwig von Aster

  • 12:10 Uhr

    Berichte, Interviews, Musik

    Neue Wehrbeauftragte Högl hält Abschaffung der Wehrpflicht für Fehler

    Högl für Wehrpflicht - Interview Roderich Kiesewetter, CDU-Verteidigungsexperte

    Vor Nationalfeiertag in den USA - Trump-Rede in Mount Rushmore

    Frankreich - Frankreichs neuer Regierungschef Jean Castex im TV-Interview

    Rücktritt Commerzbank-Chef und Aufsichtsrat

    Trotz Corona - Pubs in England öffnen wieder

    Starke Regenfälle in Japan - Mehr als 200.000 Menschen müssen Häuser verlassen

    Sporttelegramm

    Am Mikrofon: Silvia Engels

  • 13:10 Uhr

    Chinas Wille, Chinas Macht - Hongkong wird zum Polizeistaat
    Gegen Hassrede und falsche Informationen - Konzerne stoppen Werbung auf Facebook
    Härtere Strafen bei Kindesmissbrauch - Ein längst überfälliger Schritt

    Am Mikrofon: Katrin Michaelsen

  • 13:30 Uhr

    Neuer Kopf des IS: Ein Turkmene mit Autoritätsproblem?
    Mexiko: Gewalt ohne Ende - Immer mehr Attentate gegen Behördenvertreter
    Äthiopien: Kämpfe und ethnische Spannungen nach Tod eines Sängers
    Westafrika: Koloniales Erbe: Die Abschaffung des Franc CFA

    Am Mikrofon: Britta Fecke

  • 14:05 Uhr

    Das Bildungsmagazin

    Berufswahl in unruhigen Zeiten:
    Die Generation Corona und ihre Zukunftsperspektiven

    Gesprächsgäste:
    Jan Zinal, Bundesschülerkonferenz
    Johannes Wilbert, Leiter des Instituts für Berufswahl in Wetter/Ruhr
    Christopher Meier, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung der IHK zu Köln
    Am Mikrofon: Armin Himmelrath

    Beitrag:
    Portrait einer Zehntklässlerin

    Hörertel.: 00800 - 4464 4464
    campus@deutschlandfunk.de

    Mit welchen Chancen gehen Jugendliche und junge Erwachsene nach der Corona-Pandemie in ihre Zukunft? Die aktuelle Situation macht die Berufs- und Karriereplanung schwierig: Die Zahl der angebotenen Ausbildungsstellen sinkt, die Verfahren zur Studienplatzbewerbung ändern sich. Das sorgt für Verunsicherung bei allen Beteiligten, denn die Berufswahl in Corona-Zeiten ist schwieriger geworden. Auf welche Hürden stoßen Schulabsolventinnen und -absolventen derzeit, wenn es um den eigenen Weg in den Beruf oder in den nächsten Ausbildungsbereich geht? Wo findet man aktuell verlässliche Informationen? Und mit welchen Strategien können Jugendliche und junge Erwachsene auf die veränderten Rahmenbedingungen reagieren?

  • 15:05 Uhr

    Das Musikmagazin

    Unruhen in Äthiopien nach Mord an Sänger - Wer war Hachalu Hundessa?
    Dawit Shanko im Gespräch mit Raphael Smarzoch

    „Musik war meine Rettung“ - Becca Mancari über ihr neues Album „The Greatest Part“
    Becca Mancari im Corso-Gespräch mit Raphael Smarzoch

    Es zählt das Objekt, nicht der Inhalt: Die schleichende Entwertung von Popmusik
    Laut psychologischer Studien spielt Musik im Leben der meisten Menschen eine sehr große Rolle - unsere Bereitschaft, für diese Musik zu bezahlen, ist allerdings sehr gering. Eine Entwicklung, die durch Streamingdienste ihren Höhepunkt erreicht hat. Warum ist uns Popmusik immer weniger wert?

    Am Mikrofon: Raphael Smarzoch

  • 16:05 Uhr

    Bücher für junge Leser

    DIE BESTEN 7
    Das Ergebnis der Deutschlandfunk-Bestenliste im Monat Juli
    Vorgestellt von Ralf Schweikart

    Micha Friemel und Jacky Gleich (Illustration): „Lulu in der Mitte“
    (Hanser Verlag, München)

    Jessica Love: „Julian ist eine Meerjungfrau“
    Aus dem Englischen von Tatjana Kröll
    (Knesebeck Verlag, München)

    Rose Lagercrantz und Eva Eriksson (Illustration): „So glücklich wie noch nie?“
    Aus dem Schwedischen von Angelika Kutsch
    (Moritz Verlag, Frankfurt)

    Roald Dahl und Pénélope Bagieu (Illustration): „Hexen hexen“
    Aus dem Französischen von Silv Bannenberg
    (Reprodukt Verlag, Berlin)

    Holly-Jane Rahlens: „Das Rätsel von Ainsley Castle“
    Aus dem Englischen von Bettina Münch
    (Rowohlt Verlag, Hamburg)

    Jean-Claude Mourlevat und Antoine Rozon (Illustration): „Jefferson“
    Aus dem Französischen von Edmund Jacoby
    (Verlagshaus Jacoby & Stuart, Berlin)

    Michael Sieben: „Das Jahr in der Box“
    (Carlsen Verlag, Hamburg)

    Am Mikrofon: Ute Wegman

  • 16:30 Uhr

    Wärmeschleuder
    Rechenzentren müssen dringen ihre Ökobilanz verbessern

    Kältequelle
    Wasserkühlung setzt sich auch im Cloudcomputing durch

    Körpernetz
    Biomediziner verbinden Implantate im Menschen per Ultraschall

    Info Udate

    Sternzeit 04. Juli 2020
    Die Mondfinsternis des Christoph Kolumbus

    Am Mikrofon: Manfred Kloiber

  • 17:05 Uhr

    Die Coronakrise - Chance auf einen anderen Tourismus?
    Die Tourismusforscherin Claudia Brözel und Ralph Schiller, Managing Director der FTI Group, im Gespräch
    Am Mikrofon: Sandra Pfister

  • 17:30 Uhr

    Berichte, Meinungen, Rezensionen

    Hafenmusik - Die Staatsoper Stuttgart zeigt die "Blume von Hawaii" im Hafen

    Die wilden Zwanziger - Eine Ausstellung im Kunsthaus Zürich

    Sparen an der falschen Stelle? Provenienzforscher warnen vor Kürzungen.
    Gilbert Lupfer vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste im Gespräch

    "Fractura" - Die Tänzerin Bibiana Jiménez erkundet Brüche ihrer Biografie in Köln

    Am Mikrofon: Anja Reinhardt

  • 18:40 Uhr

    Eine andere Jagd: Wie dem deutschen Wald zu helfen wäre

  • 19:10 Uhr

    Fußball - DFB-Pokal - Finale der Frauen in Köln: VfL Wolfsburg - SCS Essen
    Fußball - DFB-Pokal: Die Fans von Bayer 04: Endlich wieder ein Finale und sie dürfen nicht hin

    Fußball - Wie kann ein Neuanfang auf Schalke gelingen? Interview mit Kornelia Toporzysek

    Fußball - 3. Liga: Die letzten Auf- und Absteiger werden ermittelt

    Formel I - 1. Lauf zur Formel-I-WM "Großer Preis von Österreich" in Spielberg, Qualifiying

    Gegen sexualisierte Gewalt - "Melde-Dich"-Kampagne mit Freiburgs Höfler

    Filmbesprechung - "Athlete, A" und das Sittenbild des US-Sports

    DFB-Pokal - Finale der Männer in Berlin: Bayer Leverkusen - Bayern München

    Am Mikrofon: Marina Schweizer

  • 20:05 Uhr

    Hörspiel des Monats
    Türken, Feuer
    Von Özlem Özgül Dündar
    Regie: Claudia Johanna Leist
    Mit Lilay Huser, Marina Galic, Kathleen Morgeneyer, Johanna Gastdorf, Ansgar Sauren, Francesco Schramm und Tula Rilinger
    Komposition: Schneider TM (Dirk Dresselhaus)
    Produktion: WDR 2020
    Länge: 53'28‘‘

    Die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste in Frankfurt am Main zeichnet jeden Monat ein Hörspiel aus den Produktionen der ARD-Anstalten aus. Die Entscheidung über das HÖRSPIEL DES MONATS trifft eine Jury, die jeweils für ein Jahr unter der Schirmherrschaft einer ARD-Anstalt arbeitet. Am Ende des Jahres wählt die Jury aus den 12 Hörspielen des Monats das HÖRSPIEL DES JAHRES.

    Aus der Begründung der Jury:
    „Am 29. Mai 1993 zündeten vier junge Männer deutscher Abstammung in Solingen ein Haus an, in dem mehrere Familien türkischer Abstammung lebten. Fünf Menschen kamen durch den Brandanschlag ums Leben, darunter die 27-jährige Gürsün Inçe. Sie opferte sich für ihre dreijährige Tochter, indem sie mit ihr aus dem Fenster sprang und so fiel, dass das Kind überlebte. Im Hörspiel des Monats April 2020 lässt die Autorin Özlem Özgül Dündar, selbst 1983 in Solingen geboren, unter anderem diese Mutter zu Wort kommen und schildert das schreckliche Ereignis aus ihrer Perspektive. Diese intensive Innenschau der Gedankenwelt hat für die Betroffene den Effekt, dass sie nicht in der passiven Opferrolle verharrt, sondern zur aktiv Handelnden wird: das Erzählen als Selbstermächtigung gegen Vergessen, Rassismus, aber auch stereotype Geschlechterrollen.

    Dem herausragenden Sprecherinnen-Ensemble gelingt es unter der Regie von Claudia Johanna Leist und subtil unterstützt durch die atmosphärische Spannung der Musik von Dirk Dresselhaus, den Toten, den traumatisierten Überlebenden, aber auch der Angehörigen eines mutmaßlichen Täters eine Stimme zu geben. In größtmöglicher Dringlichkeit konfrontiert das Hörspiel sein Publikum damit, wie es den Opfern rassistischer Gewalt ergeht. Anstatt jedoch bei sich selbst zu verharren, treten diese unterschiedlichen weiblichen Stimmen miteinander in Dialog und vollziehen so den Perspektivwechsel, der dieses Stück so herausragend macht.“

  • 22:05 Uhr

    Tritt mir nicht zu nahe
    Über Selbstfindungen und Integrationserfahrungen in der Berliner zeitgenössischen Szene
    Von Martina Brandorff

    „Ich hoffe, ich trete dir damit nicht zu nahe“ - diesen Satz hörte der 1977 nahe Tel Aviv geborene Komponist Eres Holz erstmals, als er 2003 nach Berlin ging. Wie viele junge Künstler aus aller Welt zog ihn die wiedervereinte deutsche Hauptstadt magisch an. Der herbe Slang mit seiner Direktheit, auch „Berliner Schnauze“ genannt, irritierte ihn nicht - die Distanziertheit der zeitgenössischen Szene schon eher. Projektbezogen arbeitet Holz mit verschiedenen Veranstaltern und Formationen zusammen. Die 1978 in Kalifornien geborene Komponistin Leah Muir erlebt Berlin dagegen als offenen Ort. Direkte Publikumsreaktionen, unverstellte Worte begeistern sie. Eine Bühne für ihr eigenes Tun bietet ihr vor allem die Hochschulwelt. Sarah Nemtsov, geboren 1980 in Oldenburg, kam zum Studium nach Berlin, ebenso wie die zwei anderen. Gemeinsam mit ihrem Mann betreibt sie in Berlin einen kleinen eigenen Veranstaltungsort. - Die Aufnahme in die gewachsenen Musikszenen der Hauptstadt verlangt Zugereisten auf jeden Fall einiges ab. Was genau ist dabei das Problem? Um was geht es? Und wie glücklich ist man damit? Und wie anregend ist dies für das eigene künstlerische Tun? Martina Brandorff fragte Komponistinnen und Komponisten neuer Musik nach ihren Berliner Erfahrungen bezüglich Integration, Teilhabe, Heimat und Globalität.

  • 23:05 Uhr

    Das geplagte Genie
    Die Lange Nacht über den Dirigenten Carlos Kleiber
    Von Julia Spinola
    Regie: Heike Tauch

    Die Musikwelt vergötterte ihn und doch stellte Carlos Kleiber (1930-2004) seine Bewunderer vor Rätsel, die noch die grundlegendsten biografischen Fakten betreffen. War er der leibliche Sohn des berühmten Dirigenten Erich Kleiber oder ein heimlicher Nachfahre des Komponisten Alban Berg? Starb er eines natürlichen Todes oder war es Selbstmord? Kaum ein Dirigent vereinte so viele, scheinbar unversöhnliche Widersprüche in seiner Persönlichkeit. Kleiber verführte noch die störrischsten Orchestermusiker mit seinem Charme und seinem Charisma und litt zugleich zeitlebens unter quälenden Selbstzweifeln. Er stellte sich als besessener Perfektionist unbeirrbar in den Dienst musikalischer Wahrheit, dirigierte aber nach Herbert von Karajans Worten nur, „wenn der Kühlschrank leer war“. Er überflügelte mit seinen wie Erleuchtungen gefeierten Interpretationen alles zuvor Dagewesene und trat doch innerlich nie aus dem Schatten des übermächtigen Vaters hinaus. Carlos Kleiber wuchs bis 1935 in Berlin auf und emigrierte als Fünfjähriger mit seiner Familie nach Südamerika. Von den Siebzigerjahren an rissen sich die großen Opernhäuser und die Orchester der Welt um ihn. Doch der Stardirigent wurde im Laufe der Jahre zunehmend scheu, lebte zurückgezogen in einem Vorort von München und dirigierte ein immer schmaleres Repertoire von persönlichen Lieblingswerken. 1999 zog er sich endgültig aus der Öffentlichkeit zurück und starb am 13. Juli 2004 in seinem Ferienhaus im slowenischen Konjsica. Am 3. Juli wäre Carlos Kleiber 90 Jahre alt geworden: Anlass für eine „Lange Nacht" auf den Spuren des Jahrhundertgenies.