Norbert Zähringer liest aus seinem Roman ,Wo wir waren' (2/2)
In der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1969 betritt Neil Armstrong als erster Mensch den Mond. Abermillionen verfolgen auf der Erde die Fernsehübertragung. Das machen sich einige zunutze. Martha Rohn etwa, eine Mörderin, entkommt in jener fernsehstillen Nacht aus dem Frauenzuchthaus, und - Zufall oder nicht - ihr fünfjähriger Sohn Hardy flieht aus dem Kinderheim, in das er als vermeintliches Waisenkind ,Nummer 13‘ nach ihrer Verurteilung gesteckt wurde. Er weiß ja gar nichts über sie, weiß nicht einmal, dass sie noch lebt. Ein Ehepaar nimmt sich seiner an, bietet ihm ein Zuhause. Da träumt er davon, eines Tages Astronaut zu werden, und tatsächlich - Jahre später, in Amerika, ist die Verwirklichung des Kindheitstraums zum Greifen nah. ,Wo wir waren‘, ein breit gefächerter, ein gesamtes Jahrhundert umspannender Roman einer zerrissenen Familie, ist, wie alle Romane Zähringers, einfallsreich und turbulent erzählt, mal nahe am Slapstick, dann wieder retardierend; ein großes Tableau, das Zeiten, Länder, Geschichtliches und vor allem eine Vielzahl von Schicksalen verschränkt. Wie auch Ulrich Woelk in seinem jüngsten Roman ,Der Sommer meiner Mutter‘, der kürzlich in der ,Lesezeit‘ gesendet wurde, verarbeitet auch Norbert Zähringer literarisch die große Faszination, die vom ersten Mann auf dem Mond bis heute ausgeht. Norbert Zähringer, 1967 in Stuttgart geboren, wuchs in Wiesbaden auf und lebt heute mit seiner Familie in Berlin. Er veröffentlichte die Romane ,So‘, ,Als ich schlief‘, ,Einer von vielen‘ und ,Bis ans Ende der Welt‘. Für einen Ausschnitt aus ,Wo wir waren‘ wurde er vorab mit dem Robert-Gernhardt-Preis ausgezeichnet. Norbert Zähringer liest einen zweiten und letzten Teil aus ,Wo wir waren‘ vor.