Nora Bossong liest aus ihrem Roman ,Schutzzone' (1/2)
(Teil 2 am 27.11.2019)
Nora Bossong ist von großer Neugierde getrieben, auch nach historischen, gesellschaftlichen und politischen Geschichten. So hat sie nun mit ,Schutzzone’ wohl ihr am direktesten auf die große Politik zielendes Buch geschrieben: Nach Stationen bei der UN in New York und Burundi arbeitet Mira für das Büro der Vereinten Nationen in Genf. Während sie tagsüber Berichte über Krisenregionen und Friedensmaßnahmen schreibt, eilt sie abends durch die Gänge der Luxushotels, um zwischen verfeindeten Staatsvertretern zu vermitteln. Bei einem Empfang begegnet sie Milan wieder, in dessen Familie sie nach der Trennung ihrer Eltern im Frühjahr 1994 einige Monate gelebt hat. Die Erinnerungen an diese Zeit, aber auch Milans unentschiedene Haltung zwischen gesuchter Nähe und schroffer Zurückweisung überrumpeln und faszinieren sie zugleich. Als ihre Rolle bei der Aufarbeitung des Völkermords in Burundi hinterfragt wird, gerät auch Miras Souveränität ins Wanken, ihr Glaube, sie könne von außen eingreifen, ohne selbst schuldig zu werden.
Der Roman wirft Fragen auf: Was bedeuten Vertrauen und Verantwortung? Wie greifen Schutz und Herrschaft ineinander? Wie verhält sich Zeugenschaft zur Wahrheit? Und wer sitzt darüber zu Gericht?
Nora Bossong, 1982 in Bremen geboren, schreibt Lyrik, Romane und Essays, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde, unter anderem mit dem Peter-Huchel-Preis, dem Kunstpreis Berlin und dem Roswitha-Preis. Zuletzt erschienen im Hanser Verlag ihr Roman ,36,9°’ (2015) und ihre Reportage ,Rotlicht’ (2017) sowie im Suhrkamp Verlag der Gedichtband ,Kreuzzug mit Hund’ (2018). Nora Bossong lebt in Berlin. Sie wird selbst einen ersten Teil aus ihrem neuen Roman ,Schutzzone’ lesen.