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Protest gegen russische Einreiseverbote
Nur eine politische Show der Europäer

Russland hat die Kritik an Einreiseverboten für Dutzende europäische Politiker zurückgewiesen. Die Maßnahme sei einzig eine Antwort auf die Sanktionskampagne, die einige EU-Staaten unter Führung Deutschlands gegen Russland ausgelöst hätten, hieß es in Moskau. Das will man in Europa nicht akzeptieren.

31.05.2015
    Der Kreml in Moskau
    Der Kreml in Moskau (dpa/Jens Kalaene)
    Ein ranghoher russischer Diplomat, der namentlich nicht genannt werden wollte, sagte nach Angaben der Agentur Interfax, Moskau habe die Liste auf Bitten aus Europa in vertraulicher Form übergeben. Offenbar mit dem Ziel, den Betroffenen etwaige Unannehmlichkeiten zu ersparen. Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann musste eine Nacht in einem Flughafen-Transitbereich ausharren, weil er nicht einreisen durfte und von dem Einreiseverbot nichts wusste.
    Der russische Diplomat führte aus: "Eins ist nun unklar: Haben die europäischen Kollegen die Listen benötigt, um den Betroffenen Unannehmlichkeiten zu ersparen - oder um die nächste politische Show zu veranstalten?" Eine ähnliche Liste existiere für die USA. In Washington sei diese akzeptiert worden.
    Kritik von Steinmeier
    Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte die Einreiseverbote nicht besonders klug. Sie seien auch kein Beitrag zu den Bemühungen, "einen hartnäckigen gefährlichen Konflikt in der Mitte Europas zu entschärfen", sagte er im ukrainischen Dnipropetrowsk. Auf der Liste mit 89 Namen stehen acht Deutsche. Die Existenz des Dokuments hatte Moskau schon im Herbst bestätigt. Sie gilt als Reaktion auf Einreiseverbote in die EU für russische Abgeordnete und Unternehmer wegen der Ukraine-Krise.
    Betroffen sind neben Wellmann der Unionsfraktionsvize im Bundestag, Michael Fuchs, sowie die Grünen-Politiker Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit. Das Verbot gilt auch für den künftigen Europa-Berater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Uwe Corsepius.
    "Einreiseverbot ist für mich eine Ehre"
    Cohn-Bendit sagte der "Bild"-Zeitung, es ehre ihn, wenn Russland ihn als Feind des Totalitarismus brandmarke. Der Unionspolitiker Fuchs erklärte, es gebe Schlimmeres, als nicht nach Russland reisen zu dürfen.
    Der ehemalige britische Außenminister Malcolm Rifkind, der frühere belgische Premierminister Guy Verhofstadt sowie Tschechiens Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg stehen ebenfalls auf dem Index.
    Die niederländische Regierung bestellte deshalb den russischen Botschafter ein. Außenminister Bert Koenders habe in dem Gespräch große Empörung zum Ausdruck gebracht, teilte ein Sprecher mit.
    Brüssel bezeichnete die Schwarze Liste als willkürlich, intransparent und ungerechtfertigt. Moskau habe das Dokument zwar nach monatelangem Zögern übermittelt, aber Rechtsgrundlage und Kriterien blieben unklar, hieß es. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz meinte, die Verbotsliste beschädige das gegenseitige Vertrauen und behindere einen konstruktiven Dialog in der Ukraine-Krise.