ProtesteChaos und Gewalt werden in Hongkong weitergehen
Zu Beginn vor gut fünf Monaten waren die Proteste in Honkong überwiegend friedlich. Der Hauptgrund für die Eskalation läge darin, dass die kommunistische Führung in Peking echte Zugeständnisse an die Aktivisten ablehne, kommentiert Steffen Wurzel. An dem harten Kurs werde sich aber nichts ändern - im Gegenteil.
Hören Sie unsere Beiträge in der Dlf Audiothek- Friedliche Aktivisten werden inzwischen übertönt, medial verdrängt und sozusagen beiseitegeschoben von den radikalen Protestiererinnen und Protestierern (AP/Kin Cheung)
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Lage in Hongkong Weltstadt im Protestmodus
Brennende Barrikaden, heftige Straßenschlachten, radikale Demonstranten, die Einsatzkräfte mit Brandbomben, Pflastersteinen und Katapulten angreifen. Polizisten, die mit roher Gewalt auf Protestierende, unbeteiligte Anwohner und Reporter losgehen.
(dpa-Bildfunk / AP / Ng Han Guan)Hongkong - Weltstadt im Protestmodus
1997 übergab Großbritannien Hongkong an China. Damals wurde das Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" vereinbart, welches von Peking inzwischen aufgeweicht wird. Dagegen regt sich massiver Protest.
Rund 4.500 Festnahmen, viel Leid und zahlreiche Verletzte auf beiden Seiten sowie mindestens zwei Tote. Das ist Stand der Dinge in Hongkong gut fünf Monate nach Beginn der Massenproteste gegen den festlandchina-freundlichen Kurs der Hongkonger Regierung.
Chinas Staats- und Parteiführung lehnten Zugeständnisse ab
In den ersten Wochen verliefen die Demonstrationen ganz überwiegend friedlich. Mehr als eine Million Menschen gingen zeitweise gleichzeitig auf die Straßen, bei einer Bevölkerung von gerade einmal 7,5 Millionen eine beeindruckende Zahl. Doch weil Chinas Staats- und Parteiführung sowie die ihr unterstellte Hongkonger Regierung echte Zugeständnisse an die Demonstranten konsequent ablehnen, hat sich das Bild der Hongkonger Protestbewegung gewandelt.
Ein verletzter Demonstrant wird in Hongkong von Polizisten abgeführt. (AFP/Anthony WALLACE)
Auch wenn eine Mehrheit der Bevölkerung Gewalt immer noch ablehnt und obwohl vielerorts immer noch friedlich protestiert wird gegen den stetig wachsenden Einfluss der chinesischen Zentralregierung: Die friedlichen Aktivisten werden inzwischen übertönt, medial verdrängt und sozusagen beiseitegeschoben von den radikalen Protestiererinnen und Protestierern. Bei ihnen handelt es sich um Angestellte, Arbeiter, Akademiker, Rentner, vor allem aber um Schülerinnen und Schüler – Studentinnen und Studenten. Sie suchen nun geradezu den offenen Konflikt und die direkte Auseinandersetzung mit der Hongkonger Regierung – und somit auch mit der chinesischen Staats- und Parteiführung, denn bei ihr liegt die eigentliche Macht über die Stadt.
Am harten Kurs der chinesischen Staats- und Parteiführung wird sich nichts ändern
Die Tatsache, dass die kommunistische Führung in Peking echte Zugeständnisse an die pro-demokratischen Aktivisten konsequent ablehnt, ist der Hauptgrund für die Eskalation. Das ist absolut keine Entschuldigung für die zunehmende Gewalt der Aktivisten, aber die Erklärung dafür. Am harten Kurs der chinesischen Staats- und Parteiführung wird sich aber nichts ändern, im Gegenteil. Diese wird eher eine noch härtere Gangart einschlagen. Deswegen – und das ist das Dilemma – werden Chaos, Hass und Gewalt in Hongkong auf beiden Seiten weitergehen und sogar noch zunehmen in den nächsten Wochen und Monaten.
Seit 1997 ist Hongkong eine chinesische Sonderverwaltungszone (dpa / Imaginechina)
Mit schwerwiegenden Folgen für die Stadt: für den ohnehin schon völlig aufgeweichten Autonomiestatus, für die Wirtschaft vor allem aber für die Menschen in der früheren britischen Kolonie. Diese leiden weiterhin unter dem Dilemma, dass die liberale, zivilgesellschaftlich organisierte und überwiegend freie Gesellschaft Hongkongs Teil der unfreien, illiberalen und autoritären Diktatur China ist. Beides passt nicht zusammen. Das ist der Grundkonflikt – und der lässt sich bis auf Weiteres nicht lösen.