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Proteste nach Puigdemont-Festnahme
Banger Blick nach Deutschland

Aufgeheizte Stimmung in Barcelona: Bei Protesten nach der Festnahme des Separatistenführers Puigdemont lieferten sich Polizisten und Demonstranten teils heftige Rangeleien, etwa 100 Menschen wurden verletzt. Separatisten, aber auch Spanientreue hoffen jetzt auf die deutsche Justiz.

Von Marc Dugge | 26.03.2018
    Demonstranten mit katalanischer Fahne stehen bewaffneten Polizisten mit Helmen gegenüber
    Bei den Protesten nach der Festnahme Puigdemonts in Deutschland fordern manche Katalanen einen Generalstreik, andere sogar die Revolution (AFP)
    "Befreit unseren Präsidenten" steht auf den Zetteln, die Demonstranten an die Fassade des Konsulats geklebt haben. Und auf die Straße hat jemand "Demokratie ist kein Verbrechen" gesprayt. Auf Deutsch versteht sich. Denn die Blicke und Hoffnungen vieler Separatisten richten sich jetzt gen Norden.
    Hoffnung auf ein Einlenken Deutschlands
    Mehrere Hundert Menschen haben sich vor dem Konsulat versammelt. Unter ihnen auch Rosa, 60 Jahre alt:
    "Auf Spanien können wir nicht vertrauen, also vertrauen wir jetzt auf Deutschland."
    Den spanischen Staat hält sie für "faschistisch", die Vorwürfe gegen Puigdemont für unbegründet. Auch dieser junge Mann hofft, dass Deutschland einlenken wird - ist aber wenig optimistisch:
    "Deutschland wird Puigdemont sicher nach Madrid ausliefern. Spanien hat doch großen Rückhalt in der EU und auch in Deutschland. Die wollen nicht, dass Katalonien geht, weil es 20 Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Ohne Katalonien kann Spanien seine Schulden nicht zahlen. So sieht es doch aus."
    Aufgeheizte Stimmung
    Die Stimmung unter den Demonstranten ist aufgeheizter als bei früheren Demonstrationen. "Die Zeit des Lächelns ist vorbei", rufen einige. Manche fordern lautstark einen Generalstreik, andere sogar die Revolution. Soweit will Elsa Artadi nicht gehen, die Fraktionschefin der Puigdemont-Partei "Junts Pel Catalunya". Aber auch sie nutzt die Gelegenheit, ihre Botschaft loszuwerden:
    "Wir müssen weitermachen, trotz aller Drohungen und aller Ungerechtigkeit, die wir erleiden müssen, die gegen die Demokratie geht, gegen die Bürgerrechte und gegen alle Vernunft. Heute sind wir alle vereint - und wir bewahren Ruhe."
    Doch vereint ist die Unabhängigkeitsbewegung nicht, sondern tief gespalten. Und von "Ruhe bewahren" ist in Barcelona nicht viel zu spüren. Vor der Vertretung der spanischen Regierung liefern sich Polizisten und Demonstranten teils heftige Rangeleien. Die Polizisten schießen in die Luft - und gehen auch mit Schlagstöcken gegen Demonstranten vor. Auch in anderen Orten Kataloniens gibt es Protestaktionen. So sperren Demonstranten mehrere Landstraßen und Autobahnen ab und sorgen so für lange Staus.
    Spanientreue Katalanen hoffen auf Auslieferung
    Die Bilder der Entrüstung dürften aber nicht täuschen, so Inés Arrimadas, Katalonien-Chefin der liberal-konservativen Ciudadanos:
    "Heute gehen viele auf die Straße, um ihre Empörung zu zeigen. Aber es gibt auch sehr viele, die zu Hause bleiben werden, die ebenfalls empört und sehr traurig und sehr besorgt darüber sind, was die Unabhängigkeitsbewegung, was die letzte katalanische Regierung auf verantwortungslose Weise angerichtet hat."
    Für ihren Parteigenossen Albert Rivera ist damit die Flucht des "Putschisten Puigdemont" zu Ende - ein Mann, der die spanische Demokratie habe "zerstören" wollen.
    Mit der Festnahme von Puigdemont ist wieder deutlich geworden, wie tief der Riss ist, der durch Katalonien geht. Separatisten und Spanientreue hoffen jetzt auf die deutsche Justiz - wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen.