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Prozess auf großer Bühne
Paris-Attentäter in Brüssel vor Gericht

Ab heute steht der einzige noch lebende Terrorist der Attentate von Paris und Brüssel vor Gericht. Am 13. November 2015 ermordeten islamistische Attentäter 130 Menschen in Pariser Restaurants, Bars und dem Konzertsaal Bataclan. Salah Abdeslam soll die Terroristen gefahren und ihnen Verstecke besorgt haben.

Von Thomas Otto | 05.02.2018
    Blick in den Gerichtssaal des Palais de Justice in Brüssel vor Beginn des Prozesses am 5. Februar 2018. Der Hauptverdächtige Salah Abdeslam (2. von rechts), ist umgeben von Polizisten einer Spezialeinheit
    Salah Abdeslam (2. von rechts) gilt als einziger überlebender Attentäter der Anschläge von Paris und soll für seine Komplizen zwei Mietwagen und zwei Zimmer organisiert haben. (AFP / Eammanuel Dunand)
    Vier Monate lang war er der meistgesuchte Mann Europas - von den Anschlägen in Paris am 13. November 2015 bis zu seiner Verhaftung am 18. März 2016. Von heute an steht der mittlerweile 28-jährige Franzose Salah Abdeslam in Brüssel vor Gericht. Mit großer Spannung wird dessen erster öffentlicher Auftritt erwartet, hat Abdeslam sich doch bisher kaum zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert.
    Er gilt als einziger überlebender Attentäter der Anschläge von Paris und soll für seine Komplizen zwei Mietwagen und zwei Zimmer organisiert haben. Laut einem Brief, der Abdeslam zugeschrieben wird, soll er wie sein Bruder vorgehabt haben, sich im Stade de France in die Luft zu sprengen. Sein Sprengstoffgürtel zündete allerdings nicht.
    Salah Abdeslam wollte sich auch in die Luft sprengen
    In dem nun beginnenden Prozess in Brüssel geht es allerdings nur indirekt um die Anschläge in Paris. Als belgische und französische Beamte am 15. März 2016 eine Wohnung im Brüsseler Stadtteil Forest durchsuchen wollten, wurden die Beamten beschossen, wie damals Eric van der Sijpt, Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte:
    "Ab dem Moment der Türöffnung wurde sofort das Feuer von mindestens zwei Personen, bewaffnet mit Kalaschnikows, eröffnet. Bei dem kurzen, aber heftigen Schusswechsel, wurden drei Polizisten leicht verletzt, darunter auch eine französische Polizistin."
    Einer der Schützen soll Abdeslam gewesen sein. Bei dem Einsatz wurde außerdem ein weiterer Beamter verletzt und ein mutmaßlicher Komplize Abdeslams getötet.
    "Zwei Verdächtige, die sich vermutlich in der Wohnung aufgehalten haben, konnten fliehen. Ihre Identität und ihr Aufenthaltsort sind nicht bekannt."
    Was den belgischen Behörden damals viel Kritik einbrachte. Kurz darauf war klar: Einer der beiden Entkommenen war Abdeslam. Drei Tage später, am 18. März , wurde er im Brüsseler Stadtteil Molenbeek, 300 Meter von seinem Elternhaus entfernt, festgenommen.
    Belgische Behörden wegen Ermittlungspannen in der Kritik
    Abdeslam wurde dabei von Polizeikugeln am Bein verletzt. Auf der anschließenden Pressekonferenz zeigte sich Vizepremier Didier Reynders erleichtert:
    "Wir sind sehr stolz auf den Einsatz der Spezialkräfte. Wir konnten diesen Kerl lebendig fassen. Das ist wichtig für die Angehören der Opfer von Paris. Denn so können wir mit ihm in naher Zukunft einen Prozess abhalten. Das ist sehr wichtig."
    Laut Reynders habe Abdeslam zugegeben, dass er sich am Stade de France in die Luft sprengen wollte. Es dazu aber nicht gekommen sei - warum wisse man nicht.
    "Dann haben wir erfahren, dass er von Brüssel aus eine weitere Tat geplant habe. Das könnte stimmen, denn wir haben viele schwere Waffen gefunden. Und wir haben ein neues Netzwerk um ihn in Brüssel ausfindig gemacht."
    Das war am zwanzigsten März 2016. Zwei Tage später kamen bei den Bombenanschlägen am Brüsseler Flughafen und in der Metrostation Maelbeek 32 Menschen ums Leben, außerdem drei der Attentäter. Die Ermittler gehen davon aus, dass Abdeslams Festnahme die Anschläge von Brüssel ausgelöst habe. Möglicherweise wollten die Attentäter so ihren Plan umsetzen, bevor sie von der Polizei entdeckt werden.
    Für den heute beginnenden Prozess wurden enorme Sicherheitsvorkehrungen getroffen: Etwa einhundert Beamte sichern allein den Brüsseler Justizpalast ab, wo die Verhandlungen stattfinden werden. Abdeslam wird für den Prozess jeden Tag aus einem nordfranzösischen Hochsicherheitsgefängnis nach Brüssel gebracht.
    Sein belgischer Anwalt hatte ihm die, Zitat: "Intelligenz eines leeren Aschenbechers" bescheinigt. Das allerdings, um zu untermauern, dass Abdeslam keine tragende Rolle in den Pariser Anschlägen gespielt haben kann.
    Allein für seine Schüsse auf die Polizisten drohen Salah Abdeslam bis zu 40 Jahre Haft. Unabhängig davon steht außerdem ein Verfahren in Frankreich an wegen seiner Beteiligung an den Anschlägen von Paris.