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Prozess um Drogenboss
Zwölf Geschworene für El Chapo gesucht

Drogenschmuggel, Geldwäsche, Entführung und 3.000 Morde gehen laut Anklage auf das Konto von El Chapo. Dem mexikanischen Drogenboss droht lebenslange Haft. Während die Auswahl der Geschworenen für die Jury beginnt, quält sich El Chapo in seiner Einzelzelle in Manhattan.

Von Antje Passenheim | 14.08.2018
    22. Februar 2014: Drogenboss Joaquin "El Chapo"
    Nicht nur Joaquin "El Chapo" Guzmans Anwalt Jose Louis Gonzales Mesa protestiert gegen die "unmenschlichen" Haftbedingungen. Pflichtverteidigerin Michelle Gelernt mahnt Menschenrechte für jeden Angeklagten an. (dpa / AP / Eduardo Verdugo)
    Es geht ihm schlecht, "dem Kurzen", El Chapo. Oder mit bürgerlichem Namen: Joaquin Guzman. Der Drogenboss vereinsamt, mitten in Manhattan, in seiner Zelle im Hochsicherheitstrakt des Metropolitan Correctional Center, das Insassen als "das schlimmere Guantanamo" bezeichnen. Da wartet er jetzt seit eineinhalb Jahren auf seinen Prozess. El Chapos Anwalt ist außer sich - Jose Louis Gonzales Mesa:
    Unmenschliche Haftbedingungen
    "Bei seiner Auslieferung war die Rede davon, dass er nach Kalifornien oder Texas kommt. Doch jetzt sitzt er hier in New York", schimpft der Anwalt. Auf 18 Quadratmetern. Ohne Fenster. Dafür brennt rund um die Uhr das Licht. Und Videokameras sehen den Ausbrecherkönig aus jedem Winkel zu. Der baut nach Auskunft seines Anwalts richtig ab: Hat Depressionen, hört Stimmen. Läuft herum wie ein wildes Tier. Um sich zwischendurch aufs Bett zu werfen und die Decke anzustarren. Eine Stunde am Tag darf er aufs Fitnessrad. Danach ist er wieder allein.
    Drogenboss Guzmán, "El Chapo"
    Drogenboss Guzmán, "El Chapo" ( EPA/JOSE MENDEZ )
    Mesa weiß: El Chapo sehnt sich nach seiner Frau Emma. Doch statt Trost bei der 27jährigen Schönheitskönigin, bleibt dem 61-jährigen nur der Fernseher. Und da gibt's nur Dokumentationen über Rhinozerosse. Anwältin Michelle Gelernt mahnt die Menschenrechte an.
    "Es ist allgemein anerkannt, dass eine solche Einzelhaft Langzeitfolgen hat. Psychisch und physisch. Egal, wer der Angeklagte ist. Wir werden jedenfalls weiterhin dagegen kämpfen."
    Selbst Gelernt und ihre Kollegen dürfen El Chapo nur durch eine dicke Plexiglasscheibe sprechen. Da kann der Kurze sie sehen - dank eines erhöhten Sitzkissens. Das hat die Verteidigung erwirkt, gegen eine knallharte Anklage. Versessen darauf, den Chef des Sinaloa-Kartells zu überführen, der die Opioid-Krise in den USA mit auf die Spitze getrieben - und seit Jahren immer billigeres Heroin in den Markt gedrückt hat.
    El Chapo hat auf "Unschuldig" plädiert
    Robert Capers ist der zuständige Staatsanwalt auch für das Bundesgericht in Brooklyn:
    "Guzmans zerstörerischer, mörderischer Aufstieg als internationaler Drogenhändler entspricht dem vom einem kleinen Tumor - hin zu einem Flächenbrand."
    300.000 Seiten Beweismittel muss der Richter durchforsten. 17 Anklagepunkte gibt es - darunter Drogenschmuggel, Geldwäsche, Entführung, illegaler Waffengebrauch. El Chapo soll für 3.000 Morde verantwortlich sein. Wird er schuldig gesprochen, droht er für immer hinter Gittern zu verschwinden, sagt Staatsanwalt Capers.
    El Chapo hat auf "Unschuldig" plädiert. Ob die Jury das auch so sehen wird, ist fraglich. Ab heute fängt das Gericht damit an, die zwölf Geschworenen auszuwählen. Schon jetzt hat der Richter ihnen zugesichert, dass sie zu ihrem eigenen Schutz anonym bleiben sollen. Mindestens 16 Wochen setzt das Gericht für den Prozess an, der erst im November richtig beginnt. So lange muss El Chapo noch Rhinozeros-Dokus gucken.