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Putin bei Macron
Kein Treffen der Freundschaft

Kurz vor dem G7-Gipfel empfängt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Russlands Präsident Wladimir Putin. Bei dem Treffen der großen Industriestaaten sitzt Russland zwar nicht mit am Tisch, aber seine Meinung dürfte trotzdem bei vielen Diskussionen eine Rolle spielen.

Von Marcel Wagner | 19.08.2019
Putin weist Macron mit einer Geste vor dem Konstantinpalast auf etwas hin.
Im vergangenen Jahr war Emmanuel Macron in St. Petersburg zu Gast bei Wladamir Putin (AFP / Grigory Dukor )
Nein, eine Männerfreundschaft wird das in diesem Leben wohl nicht mehr werden zwischen Emmanuel Macron und Vladimir Putin. Was das Verständnis davon angeht, auf welche Art und zu welchem Zweck internationale Politik gemacht werden sollte, so leben die beiden Staatsmänner gefühlt auf zwei unterschiedlichen Planeten. Im Kreml, so oft der Eindruck, wird die Welt vor allem nach eigenen Machtinteressen eingeteilt. Im Pariser Élysée-Palast dagegen werden gerne hohe Werte zitiert: Demokratie, Gleichheit, Verständnis. Bei ihren bisherigen Aufeinandertreffen machten die beiden weder einen Hehl aus diesen Unterschieden – noch aus einer gewissen Abneigung füreinander.
"Russia Today und Sputnik haben sich nicht wie Presseorgane und Journalisten, sondern wie Organe der Beeinflussung und Lügen-Propaganda verhalten."
Hatte Macron Putin einst bei einem Staatsbesuch öffentlich vorgehalten, und damit den vermeintlichen Versuch der Einflussnahme im französischen Präsidentschaftswahlkampf durch Russland gegeißelt. Putin wiederum hatte Gastgeber Macron und Dutzende andere Staatschefs vergangenen Herbst, bei den Feierlichkeiten zum hundertjährigen Ende des Ersten Weltkriegs im strömenden Regen auf seine Ankunft warten lassen. Ein kalkulierter Affront, mit der er seine Macht zeigen wollte.
Respekt auf beiden Seiten vorhanden
Und trotzdem wissen beide Staatschefs nur zu gut, dass es ohne einander auch nicht geht: "Wir müssen mit Russland reden, arbeiten, weitermachen. Russland gehört zu Europa. Das sage ich mit Nachdruck. Ich bin davon überzeugt!"
So umschrieb Präsident Macron seine Haltung noch kurz vor der Sommerpause bei einem Interview im Schweizer TV. Tatsächlich telefonieren die beiden Staatschefs relativ regelmäßig – und sei es auch nur, um sich ihrer unterschiedlichen Positionen zu versichern, etwa was den Friedensprozess in der Ukraine angeht. Beim G20 Gipfel Ende Juni in Osaka trafen sie sich außerdem zu einem längeren Vier-Augen-Gespräch. Und verabredeten bereits dort, sich auch vor dem anstehenden G7-Gipfel noch einmal zu treffen, was nun heute Abend geschieht. Bei aller Abneigung, gibt es dann doch genug Respekt auf beiden Seiten. Und politischen Realismus:
"Ich bin überzeugt, dass das Europa, an das ich glaube, und die multilaterale Ordnung, die ich verteidige, eine neue Grammatik des Vertrauens und der Sicherheit mit Russland notwendig machen." So formulierte es Macron.
Russland vorerst weiter nicht bei G7 dabei
Ein kurzfristiger Durchbruch bei einem der vielen schwelenden, internationalen Konflikte sei sicherlich nicht in Sicht, heißt es zwar aus dem Umfeld des Präsidenten. Aber es sei eben nur realistisch sich einzugestehen, dass es ohne Russland weder in der Ukraine, noch in Syrien, im Atomstreit mit dem Iran, bei Handelskonflikten, Klimaschutz oder sonst einer bedeutenden Frage überhaupt international Fortschritte geben könnte. Folgerichtig sollen all diese Themen beim heutigen Treffen zur Sprache kommen. Wie immer werde der Dialog offen sein, Probleme auch angesprochen werden, heißt es im Élysée-Palast. Nur so könne Emmanuel Macron als Gastgeber und Präsident beim G7-Gipfel am kommenden Wochenende die russische Position zumindest einfließen lassen. Dass Russland selbst, wie bis 2013 der Fall, dort wieder mit am Tisch sitzen könnte, scheint laut Emmanuel Macron vorerst allerdings ausgeschlossen:
"Wenn es beim Abkommen von Minsk keine klaren, belastbaren und messbaren Fortschritte gibt, kann es keine Neuauflage der G8 geben."
Mit anderen Worten: So lange Russland im Ukraine-Konflikt nicht dauerhaft für Frieden sorgt, darf Putin zwar in Brégançon speisen, nicht aber in Biarritz mitverhandeln.