Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Putin in Fragerunde
"Keine russischen Soldaten in der Ukraine"

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Präsenz russischer Soldaten in der Ukraine bestritten. In einer Fragerunde im russischen Fernsehen kritisierte er zudem die Regierung der Ukraine für ihre Wirtschaftspolitik. Russische Bürger hatten 1,5 Millionen Fragen für die Sendung eingesandt.

16.04.2015
    Russlands Präsident Wladimir Putin während der Fragerunde
    Russlands Präsident Wladimir Putin während der Fragerunde (imago stock&people)
    Russlands Wladimir Putin wies bei der Fernsehsprechstunde "Direkter Draht" in Moskau die Vorwürfe zurück, dass russische Soldaten in der Ostukraine eingesetzt würden. Weder kämpfe seine Armee dort, noch unterstütze Moskau die Separatisten mit Waffen. "Es gibt keine russischen Truppen in der Ukraine", sagte er. "Wir haben keine Ziele einer Wiedergeburt des Imperiums, bei uns gibt es keine imperialen Ambitionen."
    Vom Westen forderte Putin mehr Respekt für die Interessen seines Landes. "Ohne gegenseitige Achtung ist ein gutes Verhältnis unmöglich", sagte er. Die USA wollten aber keine Verbündeten. "Als Supergroßmacht brauchen sie Vasallen." Washington versuche, der ganzen Welt sein politisches und wirtschaftliches Modell aufzuzwingen. Dies könne aber keinen Erfolg haben. Auch die Sowjetunion habe dies nach dem Zweiten Weltkrieg in Osteuropa versucht. Das sei jedoch ein Fehler gewesen.
    Kritik an ukrainischer Regierung
    Putin kritisierte Kiew für eine wirtschaftliche Blockade der Krisenregion. Die Regierung der Ukraine schneide den "Donbass mit der eigenen Hand ab". Die Regierung zahle weiter keine Sozialleistungen an die Bewohner im Donbass. "Ob Finanzen oder Bankensystem - Kiew hat viel versprochen, aber nichts gehalten", sagte der Kremlchef. Der Konflikt könne jedoch nur politisch gelöst werden. "Das Minsker Abkommen und eine Verfassungsreform sind die einzige Lösung."
    Ukraines Präsident Petro Poroschenko habe gleich mehrere Chancen für eine friedliche Lösung der blutigen Krise verstreichen lassen, sagte Putin. "Die ukrainische Führung macht viel falsch, aber wir können uns unsere Partner ja nicht aussuchen", sagte er. Moskau erwarte jedoch von Kiew, "in allen Fragen" als gleichberechtigter Partner betrachtet zu werden.
    Russlands Wirtschaft erholt sich laut Putin
    Die russische Wirtschaft hat laut Putins Ausführungen ihre Talsohle durchschritten. "Der Rubel hat sich stabilisiert und ist stärker geworden", sagte er. "Experten glauben, dass wir den Höhepunkt der Krise überwunden haben". Der Rubel hatte binnen eines Jahres die Hälfte seines Wertes verloren. Am Mittwoch stieg der Rubel auf den höchsten Wert seit November, ein Dollar kostete am Mittwoch weniger als 50 Rubel. Für das laufende Jahr rechnet die Regierung mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um drei Prozent.
    Die Erholung könne schneller eintreten als erwartet, die Wirtschaft von den westlichen Sanktionen sogar profitieren. So schlage die Landwirtschaft vom Importstopp für Lebensmittel aus der EU und den USA Kapital, den Moskau als Reaktion auf die Wirtschaftssanktionen verhängt hatte.
    Die Lieferung von Luftabwehrraketen an den Iran verteidigte Putin. Das System sei defensiv ausgerichtet und stelle somit keine Bedrohung für Israel dar. Es ist Putins insgesamt 13. Fernsehsprechstunde dieser Art. In früheren Jahren dauerte sie meist mehrere Stunden. Zahlreiche Menschen reichten vorab per Internet, Telefon und SMS insgesamt mehr als 1,5 Millionen Fragen ein.
    Durchsuchung von Chodorkowskis Menschenrechtsgruppe
    Überschattet wurde die Fragerunde von einer Durchsuchung im Büro der vom Kremlkritiker Michail Chodorkowski angeführten Menschenrechtsgruppe Open Russia. "Als wir uns auf die Sendung vorbereiteten, kamen maskierte Männer in unser Büro", schrieb Chodorkowskis Sprecherin Olga Pispanen auf ihrer Facebook-Seite. Hintergrund des Polizeieinsatzes war demnach eine für den 19. April geplante Oppositionskundgebung. "Wir wollten daran aber gar nicht teilnehmen." Die Protestaktion sei ohnehin abgesagt worden.
    Der Polizeieinsatz begann nach Angaben der Aktivisten wenige Minuten vor dem Beginn der Live-Sendung mit Putin, die traditionell die Berichterstattung in den russischen Medien dominiert. Der Kreml-Kritiker Chodorkowski war im Dezember 2013 nach zehn Jahren Lagerhaft von Putin begnadigt worden und lebt mittlerweile in der Schweiz.
    (nch/tzi)