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Putschversuch
USA warnen Türkei vor "schädlichen" Unterstellungen

Nach dem Putschversuch in der Türkei hat sich US-Außenminister John Kerry gegen Behauptungen verwahrt, die Vereinigten Staaten seien darin involviert gewesen. In den USA lebt der islamische Prediger Gülen, den die türkische Regierung als Drahtzieher des Umsturzversuchs sieht.

17.07.2016
    US-Außenminister John Kerry und sein türkischer Amtskollege Mevlut Cavusoglu im Mai 2015.
    US-Außenminister John Kerry und sein türkischer Amtskollege Mevlut Cavusoglu im Mai 2015. (AFP / Ozan Kose)
    Ein Sprecher erklärte, Kerry habe dem türkischen Außenminister Mevlut Cavusoglu deutlich gemacht, dass "öffentliche Andeutungen oder Behauptungen über jedwede Beteiligung der USA an dem gescheiterten Putschversuch völlig falsch und schädlich für unsere bilateralen Beziehungen sind".
    Zugleich habe Kerry die Türkei aufgerufen, Zurückhaltung zu üben und sich bei der Untersuchung der Umsturzpläne an die Gesetze zu halten. Das amerikanische Außenministerium riet US-Bürgern von Reisen in die Türkei ab.
    Türkei fordert Auslieferung von Gülen
    Der türkische Arbeitsminister Suleyman Soylu hatte zuvor erklärt, Amerika hätte den Putschversuch unterstützt. Der türkische Präsident Erdogan verlangte zudem von den USA die Auslieferung des islamischen Predigers Fetullah Gülen. Er macht ihn und dessen Anhänger für den Umsturzversuch von Teilen des Militärs verantwortlich. Dabei waren nach offiziellen Angaben 265 Menschen ums Leben gekommen, darunter 161 Zivilisten und Polizisten.
    US-Außenminister Kerry kündigte an, das Auslieferungsgesuch der Türkei zu prüfen, wenn es gestellt werde. Das sei aber noch nicht der Fall. Gülen und Erdogan galten lange als Verbündete, sind inzwischen jedoch entzweit. Gülens Philosophie ist eine Mischung zwischen mystischem Islam und einem Bekenntnis zu Demokratie, Bildung, Wissenschaft und interreligiösem Dialog. Erdogan hat ihm schon früher vorgeworfen, einen Umsturz in der Türkei zu betreiben.
    Fethullah Gülen
    Der in den USA lebende türkische Prediger Fethullah Gülen . (dpa/picture-alliance)
    Gülen wies jegliche Verantwortung zurück. Die Anschuldigungen Erdogans seien falsch. Er habe die Türkei vor mehr als 15 Jahren verlassen und verfolge die Entwicklungen dort nicht mehr. Er wisse auch nicht, wer seine Anhänger dort seien. Selbst wenn der Umsturz Erfolg gehabt hätte, wäre er nicht in die Türkei zurückgekehrt, sagte der Geistliche.
    Amnesty kritisiert Äußerungen zur Todesstrafe
    Für Kritik sorgte die Äußerung Erdogans über eine mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe. Es sei ein demokratisches Recht, über jede Forderung zu diskutieren, sagte er vor Tausenden Anhängern in Istanbul. So etwas werde jedoch unter dem Dach des Parlaments geschehen.
    Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnte davor. Das Land habe sich vereint, um die Rechte gegen eine vermeintliche Junta zu verteidigen, sagte der Türkei-Experte der Menschenrechtsorganisation, Andrew Gardner. Eine Wiedereinführung der Todesstrafe würde dies zunichte machen.
    Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan auf dem Taksim-Platz in Istanbul.
    Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan auf dem Taksim-Platz in Istanbul. (AFP / Bulent Kilic)
    Einen Tag nach dem versuchten Putsch feierten in vielen türkischen Städten Menschen den Sieg über die Putschisten. Allein in Istanbul versammelten sich Tausende. Die Regierung in Ankara scheint derweil als Reaktion auf den Putschversuch nicht nur das Militär ins Visier zu nehmen. Laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu wurden mehr als 2.700 Richter suspendiert, auch an den höchsten Gerichten des Landes. Gegen sie werde ermittelt, hieß es.
    (hba/fi)