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Quantenphysik für Kleinkinder
Buchreihe „Baby-Universität“

Die Buchreihe "Baby-Universität" erklärt Kleinkindern abstrakte Themen wie die Quantenphysik. Atome, Protonen und Elektronen werden hier als bunte Bälle dargestellt. Das Projekt soll vor allem neugierig auf die Wissenschaft machen - um wirkliches Verständnis geht es gar nicht.

Von Stephanie Kowalewski | 03.04.2019
Eine Mutter und ihr Sohn lesen glücklich lachend gemeinsam ein Kinderbuch.
Wer als Kind gelernt hat, dass Naturwissenschaften Spaß machen, der wird später seltener Angst vor Physik und Chemie haben, meint der Verlag. (imago / Westend61)
"Hallo, bist du Justus?" "Ja!"
Justus ist ein sehr aufgeweckter Junge der gerade Bücher rund um Baustellen liebt, in denen es vor Details nur so wimmelt. Er entdeckt gerne etwas:
"Evolution für Babys. Wollen wir mal reingucken? Mach mal auf. Oh, was ist das denn? Guck mal da. Das ist ein?" "Ball." "Genau. Und das ist ein Loch. Ein Ball und ein Loch."
Laura Treske hat es sich mit ihrem Sohn bequem gemacht, um in dem neuen Buch der Reihe "Baby-Universität" zu blättern. Mit seinen knapp zwei Jahren gehört Justus zur Zielgruppe:
"Mehr" "Mehr - dann gucken wir mal weiter. Der Ball passt durch das Loch." "Alle" "Alle. Ja, jetzt ist er weg. Oh nein. Er ist verschwunden." "Alle."
Die Idee zu der Baby-Universitäts-Buchreihe hatte der Quantenphysiker und vierfache Vater Chris Ferrie, als ihn seine Kinder einmal fragten, was er denn da eigentlich bei seiner Arbeit so macht. Nach dem Motto ‚Es ist nie zu früh, ein Quantenphysiker zu werden‘, will er mit seinen Büchern schon Kinder ab zwei Jahren für die Wunder der Wissenschaft begeistern. Das geht durchaus, sagt die Professorin Michaela Hopf, die sich an der Hochschule Düsseldorf mit der frühen naturwissenschaftlichen Bildung beschäftigt:
"Naturwissenschaft so früh wie möglich. Aber so alltagsintegriert wie möglich. Und naturwissenschaftliches Lernen würde ich bei den kleinen Kindern immer dort ansetzten, wo es darum geht, Natur kennenzulernen. In einer Wasserpfütze, wie muss ich da springen, dass es möglichst weit spritzt oder ähnliches."
Modellhafte Erklärungen mit Bällen
Chris Ferrie hingegen will den Kindern Themen wie Evolution, Quantenphysik oder die Relativitätstheorie erklären. Und das macht er, indem er diese hoch komplizierten Dinge auf Bälle reduziert, alles mit Bällen erklärt. So erfährt Justus zum Beispiel, woraus der blaue Ball im Inneren besteht:
"Bälle bestehen aus Atomen." "Aha."
Justus blättert schnell weiter.
"Und Protonen und Elektronen – du bist aber schnell. Justus langsam, langsam. Was suchst du?"
Atome, Protonen und Elektronen werden auch als kleine bunte Bälle dargestellt. Es soll eben alles sehr einfach sein, sehr reduziert. Aber genau das können kleine Kinder besonders schwer verstehen, sagt Michaela Hopf:
"Spaghetti bestehen aus Spaghetti. Also da ist noch nicht die Idee, dass Dinge aus unterschiedlichen Sachen bestehen."
Justus jedenfalls verliert relativ schnell das Interesse an dem Buch. Er klettert vom Schoß seiner Mutter und läuft zu seinem Bücherregal:
"Runter, runter. Keine Lust mehr?" "Haben" "Holst du ein anderes Buch? Das mit dem Bagger? Oder sollen wir das mal zu Ende gucken, das Buch?" "Nee."
Für Kinder passiert auf den Buchseiten einfach zu wenig, meint Laura Treske. Es sind eben nur Bälle in verschiedenen Varianten zu sehen. Das ist viel zu abstrakt findet sie – auch für sie selbst, die sich als Dozentin an einer niederländischen Hochschule täglich mit mathematischen Problemen beschäftigt:
"Ich fand das sehr kompliziert muss ich gestehen. Und mir würde jetzt so das Elternbegleitbuch für Rückfragen fehlen. Mehr als das Bälle durch Löcher passen und manche eben nicht, kann ich dem Buch jetzt selber auch nicht entnehmen."
Ziel sei es, Neugier zu wecken
Laut Verlag geht es bei den Büchern der Baby-Universität auch gar nicht darum, dass Kinder wirklich verstehen, wie Evolution oder Quantenphysik funktioniert, sondern sie sollen neugierig auf die Wissenschaft werden. Denn wer als Kind gelernt hat, dass Naturwissenschaften Spaß machen, der wird später seltener Angst vor Physik und Chemie haben. Das wünscht sich auch Christian Treske für seinen Sohn:
"Die Grundidee, die Angst vor vielleicht komplexen Themen zu nehmen ist ja ne schöne Idee. Ob das jetzt der richtige Weg dafür ist, da bin ich unsicher." "Quantenphysik" "Ja, das hieß glaube ich Quantenphysik. Also ich finde es ein bisschen hochgegriffen. Also ich frage mich, ob es unbedingt sein muss, dass Kinder ab zwei Jahren unbedingt sich mit diesen Themen auseinandersetzten."
Müssen sie nicht, sagt die Kindheitspädagogin Michaela Hopf. Naturwissenschaftliche Phänomene können kleine Kinder aber sehr wohl verstehen – wenn sie denn in ihrem Alltag vorkommen:
"Themen wie Licht und Schatten, Regen – also Wetter, Jahreszeiten. Das sind Themen die Kinder grundsätzlich faszinieren, weil sie jeden Tag mit ihnen konfrontiert sind."
Und über Bücher kann man darüber fantastisch mit Kindern ins Gespräch kommen:
"Passt nicht" "Passt nicht. Ach so. Und was ist das da?" "Grüner Ball"