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Radio Bremen und Weser-Kurier
Streitparteien werden Kooperationspartner

Der Streit über öffentlich-rechtliche Angebote im Netz wurde bis vor kurzem auch zwischen Radio Bremen und dem Weser-Kurier ausgefochten - mit überraschendem Ergebnis: Das Verfahren wurde zu den Akten gelegt und eine Kooperation bekanntgegeben. Von der vor allem eine Seite zu profitieren scheint.

Von Axel Schröder | 18.01.2018
    Radio Bremen kooperiert in Zukunft mit dem Weser-Kurier
    Radio Bremen (picture alliance / dpa / Carmen Jaspersen/dpa )
    "Freitagnachmittag. Kaum ein Stuhl ist noch frei. Wer hier sofort Hilfe braucht oder noch etwas warten kann, das entscheidet Notarzt Frank Wösten in der Erstbegutachtung…"
    Eine fünfminütige Fernseh-Reportage über überfüllte Notaufnahmen, aufwändig produziert von Radio Bremen für die regionale Nachrichten-Sendung "Buten un binnen". Zu sehen ist die Reportage seit einigen Tagen auch auf den Internetseiten des Weser-Kuriers, der Bremer Lokalzeitung. Eine Kooperation, über die lange verhandelt wurde, erzählt Jan Weyrauch, der Programmdirektor von Radio Bremen:
    Idee zur Kooperation schon 2016
    "Vor anderthalb Jahren, da habe ich mich mal mit dem Chefredakteur des Weser-Kurier getroffen, auf einen Nachmittag in einem Café. Und ich habe ihm genau von dieser Idee erzählt, die ich habe: nämlich unsere Videos anders zu verbreiten und auf anderen Plattformen zu verbreiten als wir es bisher tun."
    Und damit spann Jan Weyrauch eine Idee weiter, die schon vor einigen Jahren diskutiert und später wieder verworfen wurde: danach hätte Radio Bremen Filmsequenzen dem Weser-Kurier überlassen und im Gegenzug dessen Fotoarchiv für den eigenen Onlineauftritt nutzen können. Mit der nun gestarteten Kooperation bleibt der Zugang zu diesem Fotoarchiv dem öffentlich-rechtlichen Player zwar verwehrt. Trotzdem geht Programmdirektor Jan Weyrauch davon aus, dass auch Radio Bremen von der Zusammenarbeit profitiert:
    "Wir verschenken unsere Videos ja nicht! Sondern wir verlinken sie! Das ist, glaube ich, ein vielleicht feiner, aber entscheidender Unterschied. Was der Weser-Kurier von uns bekommt, ist ein so genannter Player, den kann er bei sich auf den Seiten einbauen. Dieser Player ist gebrandet, man sieht also, wer der Absender ist, er ist orange gebrandet wie die Farbe von 'buten un binnen', unserem Regionalmagazin. Insofern ist die Quelle sehr, sehr eindeutig. Und nur dieser Player kann verwendet werden und in diesem Player laufen unsere Videos."
    Videonutzung für Weser-Kurier kostenfrei
    Und schon in den ersten Tagen, erzählt Jan Weyrauch, seien die Zugriffe auf die Videos um ein Viertel gestiegen.
    "Die Strategie von Radio Bremen ist, die Inhalte, die wir einmal hergestellt haben, soweit wie möglich zu verbreiten. Auf den Plattformen, wo wir auch neue Zielgruppen erreichen!"
    Rundum zufrieden ist auch der Chefredakteur des Weser-Kuriers Moritz Döbler. Die einstige Idee, aus filmischem Rohmaterial von Radio Bremen eigene, professionelle Videos zusammenzuschneiden, hätte man auch im multimedialen Online-Zeitalter nur mit viel Aufwand umsetzen können. Nun kann die Zeitung mit hochwertigen neuen Inhalten punkten. Dass der Weser-Kurier diese Inhalte kostenfrei nutzen darf, sei kein Problem, so Moritz Döbler:
    "Das wäre ja noch schöner, wenn man es doppelt bezahlt! Wir zahlen ja einen Rundfunkbeitrag und damit ist das Ding ja abgegolten!"
    Am Ende, so der Chef des Weser-Kurier, könne Radio Bremen froh sein über die guten Dienste, die die Zeitung dem Sender leiste:
    "Der öffentlich-rechtliche Auftrag ist, die Inhalte, die hergestellt werden, so breit wie möglich zu streuen auf allen Kanälen. Und wir sind sehr gerne bereit, für das Ausspielen von öffentlich-rechtlichen Inhalten bereit zu stehen!"
    Bald mehr öffentlich-rechtlicher Content bei Verlagen?
    Und schließlich folge die neue Bremer Kooperation nur bereits vorhandenen Beispielen. Etwa der Zusammenarbeit von Recherche-Redaktionen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung. Das Gerichtsverfahren, das der Weser-Kurier gegen Radio-Bremen vor anderthalb Jahren angestrengt hatte- es ging um presseähnliche Online-Beiträge der Rundfunk-Macher – dieses Gerichtsverfahren spielte bei den Verhandlungen über die Kooperation keine Rolle, versichert Moritz Döbler. Die Verhandlungsposition von Radio Bremen sei dadurch nicht geschwächt worden, versichert auch der Programmdirektor von Radio Bremen, Jan Weyrauch:
    "Wenn wir nicht selber in dieser Kooperation einen Vorteil für uns sehen würden, dann hätten wir es auch sicher nicht gemacht. Das hat mit Daumenschrauben eigentlich nichts zu tun. Aber natürlich hat es etwas damit zu tun, gut miteinander umzugehen und sinnvoll miteinander umzugehen. Und da, wo es beiden Seiten nützt, nach Kooperationen zu suchen."