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Radioaktive Abfälle
Bund verärgert Bayern mit Atommüll-Rückführung

Scheitert das deutsche Jahrhundertprojekt Energiewende an neun Castor-Behältern mit Atommüll? Diese Drohung steht im Raum - ausgesprochen von der bayrischen Staatskanzlei. Die Landesregierung kritisiert, dass Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ihr neues Konzept für den Rücktransport deutscher Atomabfälle nicht mit ihr abgesprochen hat.

19.06.2015
    Die Sonne geht am Montagmorgen (06.06.2011) in Niederaichbach (Niederbayern) hinter dem Kühlturm auf dem Gelände der Isar-Kernkraftwerke auf.
    Um die Zwischenlagerung der Castoren, bis voraussichtlich nach 2050 ein Endlager dafür zur Verfügung stehen soll, wird seit Jahren gerungen. (picture alliance / dpa / Armin Weigel)
    Die Bundesregierung hat sich im Streit um den Rücktransport deutscher Atomabfälle aus Frankreich und Großbritannien mit den vier großen Energiekonzernen verständigt. 26 Castor-Behälter sollen in den kommenden Jahren in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein eingelagert werden. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat die Vereinbarung mit Eon, RWE, Vattenfall und EnBW in Berlin vorgestellt. Es geht um 26 Behälter mit hoch radioaktivem Atommüll aus deutschen Kernkraftwerken, die aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich und Großbritannien zurückkommen. Bisher hatten sich nur Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Hessen zu einer Unterbringung bereit erklärt.
    Bayern stellt sich quer
    Das neue Konzept des Umweltministerium sieht vor, dass fünf Behälter mit mittelradioaktivem Abfall aus dem französischen La Hague bereits 2017 ins Zwischenlager nach Philippsburg (Baden-Württemberg) gebracht werden. 21 Behälter mit hochradioaktivem Atommüll aus dem britischen Sellafield will man dann bis 2020 relativ gleichmäßig auf die Lager bei den Atomkraftwerken Isar (Bayern), Biblis (Hessen) und Brokdorf (Schleswig-Holstein) verteilen.
    Dagegen wehrt sich allerdings die Landesregierung in Bayern, die offenbar nicht an den Gesprächen beteiligt war, und kündigt heftigen Widerstand an: "Wenn der Bund hier allein entscheiden will, stellt er eine Einigung bei der Energiewende insgesamt infrage", sagte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) in München. Einseitige Festlegungen des Bundes seien "politisch unklug und dreist". Hendricks verwies jedoch darauf, dass in Bayern "der bei weitem allermeiste Atommüll produziert worden ist". Die Genehmigung von Transport und Lagerung liege zudem beim Bundesamt für Strahlenschutz.
    Andere Bundesländer zeigen sich kooperativ
    Im Gegensatz zu Bayern hatten sich die drei anderen Länder schon zur Aufnahme eines Teils der Castor-Behälter bereit erklärt. Der Kieler Energieminister Robert Habeck (Grüne) signalisierte jetzt erneut Unterstützung. Die entscheidende Voraussetzung einer fairen Lastenverteilung sei mit dem Konzept grundsätzlich erfüllt. Geklärt werden müsse lediglich, ob im Zwischenlager Brokdorf genug Platz ist. Zustimmung kam auch aus Hessen. "Wir ducken uns nicht weg", erklärte Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) in Wiesbaden. Hessen stehe nach wie vor zu seiner Verantwortung. "Ich erwarte jetzt, dass auch alle anderen Länder ihrer Verpflichtung nachkommen."
    Die Energiekonzerne sagten in einer gemeinsamen Erklärung aber nur zu, die Standorte unter technischen und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Im Gegenzug versprachen die Unternehmen, sämtliche Klagen gegen die Schließung des Zwischenlagers Gorleben ruhen zu lassen. Dieses Zugeständnis bezeichnete Hendricks als "großen Schritt". Nach dem Endlagersuchgesetz dürfen keine Castor-Behälter mehr nach Niedersachsen gebracht werden, obwohl Gorleben genehmigt ist und von der Industrie bezahlt wurde. Deswegen waren die Konzerne vor Gericht gezogen.
    (tj/tön/bor/cc)