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Radiolexikon Gesundheit: Ischias

" Ischias ist ein Nerv, nicht, ja hab ich von gehört, der tut ab und zu weh bei einigen Leuten

Von Renate Rutta | 20.02.2007
    Ischias, jaja, vor vielen Jahren, hat weh getan.

    Ja, hatt ich schon mal, geht hier von der Wirbelsäule aus, das Bein runter, ja das schmerzt sehr, da hab ich wochenlang mit zugebracht. Dann mit Spritzen, Wärme, dann ist es irgendwann mal weggegangen."

    Ischias - ein Begriff, den man heute nur noch selten hört.

    " Das geht im Kreuz los, also im Prinzip hier, die Lendenwirbelgegend und es zieht dann quasi über den Gesäßmuskel bis ins Bein runter, in den Unterschenkel."

    Dr. Jürgen Strahl, Apotheker in Köln.

    " Ja, wie nennen die Leute das? Dieser Begriff Ischias ist eher in der älteren Generation verhaftet.
    Die jüngeren Leute kommen mit Kreuzschmerzen. Und Ischias sagt heute ein jüngerer Mensch schon nicht mehr. Ob das Ischias dann auch immer ein Ischias ist, das muss man dann sehen. Das setzt also eine Nervenentzündung voraus, da muss dann der Arzt dran.

    Also wir leisten erste Hilfe und sagen dann auch sehr deutlich, wenn das heute Abend oder morgen früh nicht wesentlich besser ist, dann suchen Sie den Arzt auf und dann gibt's eine vernünftige Diagnose und dann kann man auch gezielt behandeln."

    Aber was versteht man eigentlich genau unter Ischias?

    " Ischias ist zunächst mal eine volkstümliche Bezeichnung für einen akuten einsetzenden Rücken-/Beinschmerz, also ein Schmerz, der vom Kreuz aufs Bein ausstrahlt und kommt wahrscheinlich daher, dass der Hauptnerv am Bein Ischias heißt, der Ischiasnerv. Und wenn eine Schmerzausbreitung ähnlich dem Ischiasnervenverlauf auftritt, bezeichnet man das eben landläufig als Ischias."

    Dr. Thomas Nolte ist Arzt für Anästhesiologie und Spezielle Schmerztherapie am Schmerz- und Palliativzentrum Wiesbaden.

    " Der Fachmann würde versuchen zu differenzieren, um welches Problem es sich detailliert handelt. Denn nicht alle Schmerzen, die vom Rücken aufs Bein ausstrahlen oder nur am Bein sind, sind jetzt nervenbedingt. Und das wäre die Hauptaufgabe des Arztes, zu klären, liegt hier eine Störung der Nerven vor, im Verlauf der Nerven oder am Austritt an der Wirbelsäule oder handelt es sich um eine muskuläre Störung."

    Rosemarie Stiller ist Ischias-Patientin.

    " Als ich am 8. Dezember hier in das Schmerzzentrum gekommen bin, konnte ich kaum das Bein nach vorn setzen. Ich hatte unheimlich viel Schmerzen im rechten Bein, also praktisch vom Rücken her ins rechte Bein runter und konnte mich im Bett nicht, nur mit Schmerzen umdrehen. Das war akut und konnte mich überhaupt nicht bewegen."

    In Behandlung kam sie zu Dr. Gabriele Müller, Fachärztin für Anästhesie mit der Zusatzbezeichnung Spezielle Schmerztherapie.

    " Interessant ist auch, der Ischiasnerv, der sich sammelt aus verschiedenen Nervenanteilen, der ist so dick wie mein Daumen und der kann natürlich durch verspannte Muskulatur oder Fehlhaltung sehr leicht eingeklemmt werden."

    Um die richtige Diagnose zu stellen, ist eine ausführliche Befragung und Untersuchung entscheidend. Am Wiesbadener Schmerzzentrum müssen die Patienten zunächst einen langen Fragebogen ausfüllen, wann sie Schmerzen haben, wie es weh tut und welche Funktionen bei ihnen eingeschränkt sind.

    " Dann, sehr entscheidend, wir nennen es eine klinische Untersuchung, sprich eine Untersuchung mit meinen 10 Fingern, den Patienten bewegen, drücken, schauen, welche Muskeln sind verkürzt."

    Diese Untersuchung mit zehn Fingern ist der wichtigste Teil der Diagnose.

    " Ich beginne die körperliche Untersuchung immer im Stehen. Wenn Sie mal mit dem Rücken zu mir hinstehen, ganz locker hinstehen, das ist mit das Schwierigste. Ja und mal zur Seite bewegen und zur andern Seite, schmerzt es da? - nein - gut, dann mal nach hinten beugen, ja da merkt man schon, dass die Beine nicht mitfedern - mhm - auf solche Deteils achten wir dann auch. Wenn ich hier drück, ist das schmerzhaft? - es geht - es geht, beugen Sie sich mal nach vorn, mit durchgedrückten Knien, Hände Richtung Boden. Oh ja, da sieht man, dass die Bewegung nicht seitengleich ist. Sie können wieder hochkommen, gut. Ist der Schmerz beim Hochkommen verstärkt? - ja , ein bisschen hier - hier, ganz genau, alles klar."

    Als zusätzliche Information dienen dann die bildgebenden Verfahren.

    " Im Fall von Frau Stiller war das ein Kernspintomogramm, wo erhebliche Bandscheibenvorwölbungen beschrieben waren. Und dann ist aber die entscheidende Frage, passen diese Bildinformationen, diese Bandscheibenvorwölbungen können die wirklich diesen Schmerz verursachen.

    Es ist sehr komplex und die Nerven strahlen auf bestimmte Regionen des Beines aus, muss man sich schon sehr ausführlich mit dem Patienten beschäftigen, ihn befragen, untersuchen, um dann zu sagen, ja diese Bandscheibenvorwölbungen sind Schuld am Schmerz oder der Schmerz wird bedingt durch muskuläre Verspannungen."

    Wärmeanwendungen sind für die meisten Patienten sehr angenehm. Sie entspannen die Muskeln und verbessern die Durchblutung. Dr. Nolte:

    " In der Akutphase stehen die physiotherapeutischen, also die krankengymnastischen Maßnahmen im Vordergrund. Dann die physikalische Therapie mit Wärme und Entspannung, um eben aus diesem Teufelskreis von Schmerzen und Muskelverspannung herauszukommen. Dazu sind sicher häufig Medikamente nötig, die eben Schmerzen reduzieren und dem Patienten es leichter machen, wieder mobil zu werden.

    Die beste Prävention der Chronifizierung ist in jedem Fall eine ursachengerechte Behandlung. Das differiert, ob man vorrangig den Nerv von der Wirbelsäule her behandelt, ob man muskulär das Bein behandelt oder ob man die Facettengelenke oder das Iliosacralgelenk behandelt, das hängt eben vom Lokalbefund beim Patienten ab."