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Meningitis

Eine Meningitis, im Volksmund Gehirnhautentzündung, verläuft meistens harmlos, kann aber bei falscher Behandlung schwerwiegende Folgen haben. Ärzte empfehlen zur Vorbeugung eine Impfung bereits für Säuglinge.

Von Justin Westhoff | 22.07.2014
    Eine Spritze sticht in einen Arm
    Seit Einführung und Anwendung von Impfempfehlungen gegen Meningitis geht die Zahl der Erkrankungen in Deutschland zurück (picture-alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    "Grundsätzlich gilt, dass die Hirnhautentzündung in der Regel sehr starke Kopfschmerzen macht, damit verbunden sind zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen. Diese Beschwerden kennt man natürlich auch von anderen Kopfschmerzerkrankungen wie zum Beispiel der Migräne; charakteristisch für eine Hirnhautentzündung ist aber zusätzlich Fieber."
    "Gehirnfieber" nannte man die Meningitis daher auch um das 18. Jahrhundert herum. Ein Bakteriologe aus Österreich beschrieb Ende des 19. Jahrhunderts erstmals einen Erreger und nannte in Meningokokkus. Die Erkrankung kann jedoch nicht nur von Bakterien, sondern auch von Viren hervorgerufen werden. In letzterem Fall reicht die Beseitigung der sehr unangenehmen Symptome, sagt Professor Andreas Meisel, Neurologe an der Charité:
    "Virale Erreger als Ursache der Meningitiden machen zwar sehr heftige Kopfschmerzen, sind aber in der Regel gutartig, in dieser Situation ist ganz wichtig, dass man den Menschen auf der einen Seite ausreichend Schmerzmittel gibt, auf der anderen Seite verhindert, dass durch diese heftige meningeale Reizung, die Übelkeit, Erbrechen macht, eine Austrocknung stattfindet, also eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr macht, dass nicht weitere Komplikationen auftreten."
    Risikogebiet Süddeutschland
    Bei den Viren kann nur der Auslöser von FSME problematisch sein. Bakterien dagegen sind grundsätzlich gefährlich. Die Erreger schildert Dr. Ole Wichmann vom Robert-Koch-Institut in Berlin:
    "Zum Beispiel die Pneumokokken, zum Beispiel die Meningokokken, zum Beispiel Haemophilus Influenza B: Das sind so typische Erreger, die vor allem im Kindesalter vorkommen, gerade bei Säuglingen. Und unter den Viruserkrankungen gibt es das Frühsommer-Meningo-Enzaphalitis-Virus, FSME, das alle Altersgruppen betrifft, aber vor allem in Risikogebieten in Süddeutschland auftritt. Während die anderen Erreger durch Tröpfcheninfektionen übertragen werden, ist FSME das durch Zecken übertragene Virus."
    Insgesamt schwanken die Zahlen über die Häufigkeit der bakteriellen Meningitis, weil nicht alle Formen meldepflichtig sind. Von einigen hundert bis tausend wird gesprochen.
    Wie aber unterscheiden Ärzte, um welche Form der Hirnhautentzündung es sich handelt? Zunächst sollte der Patient - bei Kleinkindern die Eltern - genauestens nach den Beschwerden befragt werden, zum Beispiel ob Nackensteife, eine Lichtüberempfindlichkeit, ob Benommenheit oder Verwirrtheit aufgetreten sind. Anschließend, so Professor Meisel:
    "Als Neurologe würde man als Nächstes nach Entzündungszeichen suchen, im Blut zum Beispiel. Man würde aber auch direkte Untersuchungen des Hirns machen können, Computertomografie oder eine Magnetresonanztomographie. In Abhängigkeit davon, wie der Bewusstseinszustand des Patienten ist, würde man auch nach Entzündungszeichen im Nervenwasser suchen, als doch relativ charakteristisches Zeichen für eine Meningitis."
    Facharzt für richtige Diagnostik
    Wenn auch nur der Verdacht besteht, dass der Auslöser ein Bakterium ist, muss sofort mit Antibiotika gegengesteuert werden.
    "Bei diesen Erregern kann der Krankheitsverlauf extrem schnell innerhalb weniger Stunden so weit führen, dass eine massive Hirnentzündung da ist, die dann auch zu Hirndruck und zu Einklemmungssyndromen führen kann. Und deshalb gilt dort, dass man sehr, sehr rasch handeln soll. Natürlich braucht es einen Fachmann, um die richtigen Antibiotika einzusetzen, deshalb ist eine sofortige Vorstellung in einer Rettungsstelle - nicht der Hausarzt, sondern entscheidend ist hier die Rettungsstelle - um dort die richtige Diagnostik und die frühzeitige antibiotische Therapie zu machen. Bei den Pneumokokken ist auch wichtig, dass man die Entzündungsreaktion durch gleichzeitige Gabe eines Entzündungshemmers, in dem Fall Glukokortikoide nutzt, und damit eine Verbesserung des Langzeitergebnisses erreichen kann."
    Denn es dauert einfach zu lange, bis das exakte Untersuchungsergebnis dazu vorliegt, um welches Bakterium es sich genau handelt. Wird die frühzeitige Gabe von Antibiotika und Kortison versäumt, kann es zu langzeitigen Folgen kommen, warnt Professor Meisel:
    "Vor allen Dingen dann, wenn diese Entzündung das Hirn direkt erreicht und dann sprechen wir eben von einer Enzephalitis, also einer Entzündung nicht der Hirnhäute, sondern des Hirns selber. Damit sind schon die ersten Komplikationen verbunden, denn dann treten in der Regel Hirnschäden auf. Und solche Komplikationen können zum Beispiel sein, dass Lähmungen beim Menschen eintreten, Sprachstörungen eintreten, epileptische Anfälle auftreten. Entscheidend wird also sein, dass man versucht, diesen Übertritt aufs Hirngewebe zu verhindern."
    Die meisten Entzündungen sind harmlos
    Bei Menschen mit gestörtem Immunsystem oder schlechtem Allgemeinzustand ist die Behandlung oft schwieriger. Nicht selten müssen Patienten auf der Intensivstation behandelt werden. Dort können weitere Komplikationen hinzukommen:
    "Weitere Infektionen zum Beispiel der Lunge, es können venöse Gefäße sich verstopfen, das können Thrombosen sein oder Embolien, Blutgerinnsel, die die Lunge erreichen und damit eine weitere Verschärfung der Situation machen können."
    Noch einmal: Die meisten Hirnhautentzündungen sind harmlos und werden nur symptomatisch behandelt. Die Ansteckung lässt sich kaum verhindern, weil nur ein kleiner Teil der Virusträger auch wirklich erkrankt und somit bekannt wird. Allenfalls bei einem größeren Ausbruch im Kindergarten oder in einer Familie kann man sich bemühen, Kontakte zu vermeiden. Aber gegen die schweren Formen von Meningitis mit ihren möglichen Komplikationen - in manchen Fällen sogar tödlich - ist ein weitgehender Schutz vor allem der Kinder möglich und sinnvoll. Dr. Ole Wichmann, Leiter des Fachgebiets Impfprävention am staatlichen Robert-Koch-Institut:
    "Man kann sich gegen FSME impfen lassen, das aber wird empfohlen nur in den Risikogebieten für Leute, die ein höheres Risiko haben, mit Zecken in Kontakt zu kommen. Also beruflich Exponierte wie Förster und so weiter, aber auch Leute, die viel in der freien Natur sind. Bei den anderen Erkrankungen - das sind vor allem ja bei Säuglingen vorkommende Erreger - dort ist das schon Standardimpfung. Das ist einmal die Pneumokokken-Impfung, das sind vier Impfdosen, dann die Hamophilus-Influenza-B-Impfung, das ist in einem Kombinationsimpfstoff drin, das ist der sogenannte Sechsfach-Impfstoff, und dann gibt es noch die Meningokokken-C-Impfung, die wird empfohlen im zweiten Lebensjahr."
    Keine schweren Nebenwirkungen bei Impfung
    Seit Einführung und Anwendung dieser Impfempfehlungen geht die Zahl der Erkrankungen in Deutschland zurück - ein guter Hinweis auf die Wirksamkeit. Allerdings kann man nicht gegen jeden Untertyp der Meningokokken gleich gut impfen. Vergleicht man insgesamt aber die potenziellen Risiken mit den möglichen Impfkomplikationen, so müsste Eltern die Entscheidung eigentlich leicht fallen:
    "Alle Impfungen, die ich eben beschrieben habe, sind sowohl sehr gut wirksam als auch sehr sicher. Es ist klar bei Impfstoffen, die man halt in den Arm injiziert, dass es da mal zu lokalen Reizungen kommen kann, das heißt, mal ein paar Tage wehtun kann, aber ansonsten: Es gibt keine schweren Nebenwirkungen, die da herausgehoben werden müssten."